Wohl kein anderer Apostel hatte eine arbeitsreichere Laufbahn als Paulus nach seiner Bekehrung zum Christentum. Sowohl seine Briefe als auch die Apostelgeschichte scheinen diese Tatsache zu bezeugen. Doch inmitten der Verfolgungen, die ihn bedrängten, als er seine Botschaft verkündigte, bewahrte er eine erstaunliche Gelassenheit und Ruhe, die nur seinem Verständnis des Christus zugeschrieben werden können. An die Ältesten der Kirche zu Ephesus richtete er die Worte: „Ich, im Geiste gebunden, fahre hin gen Jerusalem, weiß nicht, was mir daselbst begegnen wird, nur daß der heilige Geist in allen Städten bezeugt und spricht, Bande und Trübsale warten mein daselbst”. In diesem mutigen, ihn so kennzeichnenden Tone fuhr er fort: „Aber ich achte der keines, ich halte mein Leben auch nicht selbst teuer, auf daß ich vollende meinen Lauf mit Freuden und das Amt, das ich empfangen habe von dem Herrn Jesus, zu bezeugen das Evangelium von der Gnade Gottes”.
Diese Worte des Paulus enthalten für jeden Christlichen Wissenschafter eine Lehre. Wohl sind heute unsere Bestrebungen, die Menschen zu der Erkenntnis Gottes und Seines Christus zu führen, nicht von derselben Art von Verfolgungen begleitet; doch darf man nicht einen Augenblick vergessen, daß das sogenannte sterbliche Gemüt sich der Wahrheit immer noch so bitter widersetzt wie je zuvor. Ja, seine Verfahren pflegen anscheinend versteckter und heimtückischer zu sein. In der Vergangenheit waren seine Angriffe häufig offen materiell; denn es war bestrebt, seine Opfer ins Gefängnis und von da ans Kreuz, auf den Scheiterhaufen oder aufs Blutgerüst zu bringen — oft im Namen der Religion. Jetzt greift man im allgemeinen mehr auf die verabscheuungswerte Betätigung der Gedankenbeeinflussung zurück in dem Glauben, es sei möglich, einem andern Böses einzuflüstern, sogar in dem Maße, daß es ihn vernichte.
Handle es sich nun um die Verfolgungen vergangener Zeiten oder um diejenigen unserer Tage, das eine tritt klar hervor: man glaubt, das Böse bestehe und sei sehr mächtig. Dieser Glaube liegt jeder Verfolgung, die die Menschheit je entehrt hat, zugrunde. Es wurde zuweilen tatsächlich behauptet, eine böse Tat könne etwas Gutes zur Folge haben. Und auf solch ganz und gar irrige Ansichten gestützt, ist das Böse seinen unheilvollen und oft teuflischen Weg weitergegangen.
Aber eine große Veränderung hat stattgefunden, weil eine große Entdeckung gemacht worden ist. Die Christliche Wissenschaft hat die Wahrheit geoffenbart, daß das Gute allein wirklich ist, da Gott das unendliche Gute ist. Und weil das Gute allein wirklich ist, wird das Böse als unwirklich erkannt. Der Wert der Entdeckung der Christlichen Wissenschaft, daß alle Macht Gott, dem Guten, angehört, und daß das sogenannte Böse machtlos ist, weil es unwirklich ist, ist unschätzbar. Obgleich die Christlichen Wissenschafter ihre Bedeutung noch nicht vollständig verstehen, und wir infolgedessen bei weitem nicht die Wohltaten ernten, die aus einem klareren Verständnis von der herrlichen Wahrheit der Allheit des Guten und der Unwirklichkeit das Bösen gewiß hervorgehen müssen, so können wir dennoch unverzüglich Zeugnis ablegen über den Schutz, den selbst unser verhältnismäßig geringes Verständnis uns gebracht hat. Schon viele haben den Inhalt der Offenbarung so weit verstanden, daß sie mit Paulus sagen können: „Ich achte der keines”.
Während nun der Christliche Wissenschafter weiß, daß das Böse unwirklich ist, ist er sich dennoch seiner Ansprüche auf Macht wohl bewußt, und er verschließt die Augen gewiß nicht gegen diese Ansprüche. Was jedoch weit wichtiger ist, ist das Erfordernis, daß er die Allheit Gottes, des Guten, verstehe und anerkenne, und daß ihm die in folgenden Worten der Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 140) enthaltene Wahrheit klar werde: „Der Gott der Christlichen Wissenschaft ist die allumfassende, ewige, göttliche Liebe, die sich nicht ändert, noch Böses, Krankheit oder Tod verursacht”, weil er sich dadurch, daß er diese Wahrheit einsieht, gegen jede falsche Annahme des Bösen schützt. In dieser Weise schützt er sich gegen die offeneren Angriffe der Materialität und gegen die heimtückischeren Anstürme der sogenannten mentalen Malpraxis.
Wie segensreich erweist sich doch die Christliche Wissenschaft auch, um den falschen Annahmen der Krankheit und der Sünde entgegenzutreten! Denn sind diese nicht nur Erscheinungen des Bösen,— des Bösen, das unwirklich und machtlos ist? Die göttliche Liebe verursachte nie Krankheit und Sünde; daher haben sie kein wirkliches Dasein. Sollte in dieser Erkenntnis der Christliche Wissenschafter, wenn die Annahmen der Krankheit und der Sünde sich geltend zu machen scheinen, und sogar angesichts „des letzten Feindes, der aufgehoben wird”,— des Todes,— nicht sagen können: „Ich achte der keines”? Ihm wurde die Vision des vollkommenen Gottes und des vollkommenen Menschen zuteil, und kein Einwand des materiellen Sinnes sollte diese Vision trüben können. Wie in Buchstaben aus Gold sollten folgende Worte der Mrs. Eddy (Wissenschaft und Gesundheit, S. 304) vor ihm stehen: „Der vollkommene Mensch, der von Gott, seinem vollkommenen Prinzip, regiert wird, ist sündlos und ewig”.
