Um christlich-wissenschaftliche Behandlung bitten und bereit sein, ihre Wohltaten zu empfangen, ist zweierlei. Wer bei der Christlichen Wissenschaft Hilfe suchen will, sollte innehalten und sich fragen: Bin ich bereit, mir durch die Christliche Wissenschaft helfen zu lassen?, ehe er den vielleicht übereifrigen Rat eines Freundes oder Bekannten befolgt, die Christliche Wissenschaft zu „versuchen”. Oft erhalten Praktiker Briefe von bemerkenswerter Kürze. In einem einzigen Satze bringen Schreiber, denen die Christliche Wissenschaft vollständig fremd ist, zum Ausdruck, daß sie sofortige Hilfe wünschen. Ein solches Vorgehen schließt oft eine Ungerechtigkeit sowohl gegen den Patienten als auch gegen den Praktiker in sich.
Eine bestimmte Auskunft über das, was man in der Christlichen Wissenschaft unter Behandlung in Abwesenheit versteht, steht immer zur Verfügung, und die Patienten sollten sie einholen, ehe sie zu dem Schlusse kommen, sie seien für diese Behandlung bereit. Sie werden bald entdecken, daß etwas mehr von ihnen verlangt wird als eine kurze mündliche oder schriftliche Bitte, daß ihnen geholfen werde.
Es ist Tatsache, daß es auf dem Gebiete der Religion nichts gibt, das größere Anforderungen stellt als die christlich-wissenschaftliche Behandlung, da es ihre Aufgabe ist, die Werke des Teufels durch die Offenbarung des Reiches Gottes zu zerstören. Sie ist etwas zu Heiliges, als daß man sie solchen aufdrängen sollte, die nicht darauf vorbereitet sind, ihr die rechte Wertschätzung angedeihen zu lassen. Sie ist kein widerliches medizinisches Rezept, das keine sittlichen Forderungen an den Patienten stellt, sondern sie ist der Ruf an das Denken des einzelnen: „Rücke hinauf!” Mit andern Worten, die christlich-wissenschaftliche Behandlung läßt einen Sterblichen nie in demselben Gesinnungszustande zurück, in dem sie ihn findet. Sie läßt ihn nie mit denselben beunruhigenden Gedanken zurück, die die Grundlage seines Leidens bildeten. Vielmehr bewirkt sie eine Erhebung in Befolgung des biblischen Gebots: „Der Gottlose lasse von seinem Wege und der Übeltäter seine Gedanken”. Der Christliche Wissenschafter, der die Forderungen der Wahrheit kennt, ist imstande, seinem Patienten die Erfordernisse des erfolgreichen Heilens zu erklären. Der Patient kann der Christlichen Wissenschaft keine Vorschriften machen, so sehr er auch dazu neigt, es zu tun. Dem Naeman dünkte es seinerzeit leichter, seine Heilung auf seine Art zu erlangen; doch schließlich schickte er sich in den rechten Weg, den der Prophet gewiesen hatte, und er wurde von seinem Aussatze geheilt. Wäre Naeman für die Wahrheit bereit gewesen, so hätte er keine Zeit damit vergeudet, dem eigenen Willen zu dienen.
Unsere geliebte Führerin, Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft und Verfasserin ihres Lehrbuchs, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”, spricht aus Erfahrung, wenn sie auf Seite 238 dieses Buchs sagt: „Es ist gut zu warten, bis die, denen du nützen willst, für den Segen bereit sind; denn die Wissenschaft bewirkt Veränderungen im persönlichen Charakter, wie auch im materiellen Universum”.
Wenn die Praktiker das denkbar höchste Gute für ihre Patienten erreichen wollen, so müssen sie die Worte der Mrs. Eddy ernst und sorgfältig erwägen. Sie können es sich nicht leisten, jeden Hilferuf zu erwidern, ohne sich nicht genau unterrichtet zu haben über des Bewerbers Bereitschaft, den Segen, der jeden ehrlichen Sucher erwartet, zu empfangen. Sie haben das Recht, zu wissen, welcher Religion der Patient angehört, ehe sie ihn behandeln; denn die Behandlung wird gewiß die religiösen Überzeugungen des Bewerbers von Grund aus ändern. Sie haben das Recht zu wissen, ob der Patient seine Arzneien aufgegeben hat und bereit ist, sich wegen seiner Heilung unbedingt auf Gott zu verlassen. Millionen Menschen, die vorgeben, Gott zu lieben, glauben nicht, daß es irrig ist, Arzneien zu gebrauchen. Doch dies ist eine der Gewohnheiten, die abgelegt werden müssen, wenn man in der Christlichen Wissenschaft, sei es in Anwesenheit oder in Abwesenheit, behandelt werden will; denn es wird uns klar gesagt: „Niemand kann zwei Herren dienen”. Auch der Prophet Jeremia bezeugt diese Tatsache mit den Worten: „Ihr werdet mich suchen und mich finden, wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet” (engl. Bibel). Keinerlei materielle Arznei kam in Betracht bei dem Heilen, das der Meister vollbrachte. Sein vollkommenes Verständnis von der Kraft und der Gegenwart Gottes heilte. Hätte er beim Heilen materielle Mittel angewandt oder sie anderen zur Anwendung empfohlen, so wäre er nicht der Wegweiser gewesen. Jeder Versuch, den Geist und die Materie zu vereinigen, endet gewiß unheilvoll, mit andern Worten, er führt zu keinem wissenschaftlichen Heilen.
Die Praktiker sollten sich auch vergewissern, ob die Patienten bereit sind, echte christlich-wissenschaftliche Literatur zu lesen. Nichts ist für das erfolgreiche Heilen sowohl der Krankheit als auch der Sünde wesentlicher als das Forschen in den Werken der Mrs. Eddy, die alle das Denken auf unbedingt rechte Wege lenken. Sie allein ist in unserer Zeit die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, und sie hat das göttliche Prinzip des christlichen Heilens richtig und genau dargelegt. Eine menschliche Meinung über die Christliche Wissenschaft, sei sie auch noch so sehr in wissenschaftliche Ausdrücke gekleidet, entbehrt der Heilkraft; daher kann sie sich für den vorsichtigen Forscher nicht als anziehend erweisen.
Der Praktiker sollte das Denken des Patienten in dem Maße lesen können, daß er seine Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit beurteilen kann. Ist der Patient geneigt, etwas umsonst empfangen zu wollen, und glaubt er, er könne den Wissenschafter dadurch täuschen, daß er ihm Armut und Mangel vorredet, so muß er den Irrtum seines Verhaltens schleunigst einsehen. Das Vergütungsgesetz ist für den Dienst in der Christlichen Wissenschaft genau so gültig wie für jeden andern rechtmäßigen Dienst, und alle, die sich ehrlich an die Christliche Wissenschaft um Hilfe wenden, werden diesem Gesetz gewissenhaft gerecht. Der Christliche Wissenschafter arbeitet nicht um materiellen Lohn; denn Dienst ist ein Dienst „ohne Geld und umsonst”. Trotzdem fordert dieser Dienst Gerechtigkeit zwischen Mensch und Mensch. Wenn auch der Praktiker als notwendiges Zugeständnis an die menschliche Unkenntnis von Gottes Wegen eine rechte Vergütung in bestimmten materiellen Gebühren annehmen kann, so ändert dies nicht das in Betracht kommende göttliche Prinzip.
Wer andere Leute für die Christliche Wissenschaft zu gewinnen sucht, sollte die höchste Weisheit und die selbstloseste Rücksicht walten lassen, wenn er sie dem unvorbereiteten Gedanken darbietet. Ganz besonders sollte er ungebührliches Drängen dabei vermeiden, da dies oft diejenigen zu übereiltem Handeln veranlaßt, die man das Vorrecht genießen lassen sollte, für sich zu entscheiden, wann sie in der Christlichen Wissenschaft Hilfe suchen sollen. Solche Leute neigen sehr dazu, nur einoder zweimal sich behandeln zu lassen und hernach ihren Freunden und Bekannten zu erzählen, sie hätten die Christliche Wissenschaft „versucht”, und „sie tauge nichts”.
Es ist daher leicht einzusehen, daß gründliche Heilungen viel zahlreicher sein würden, wenn die Praktiker bei der Ermittlung des Gesinnungszustandes der Patienten, die die Wohltaten der christlich-wissenschaftlichen Behandlung genießen möchten, sorgfältiger wären. Ehrlichkeit ist das wichtigste in Betracht kommende Erfordernis. Ist der Patient ehrlich und durchaus aufrichtig, so kann er mit Erfolg behandelt werden. Ist er unehrlich, und hat er sich „zu den Götzen gesellt”, so sollte ihm geraten werden, zu warten, bis er bereit ist, zu empfangen, was die göttliche Liebe für ihn vorgesehen hat.