Seit der Zeit in der menschlichen Geschichte, als die Menschen glaubten, sie seien aus dem Paradiese vertrieben — von Gott, dem Guten, getrennt — worden, suchen sie sich einen festen Wohnsitz. Beständig sehen sie sich nach einem Ort um, wo sie sich niederlassen, wo sie ein Gefühl des Dauerzustandes erlangen, wo sie von Ungewißheit — Unbeständigkeit — befreit werden könnten. Das Gefühl, Wanderer auf Erden zu sein, scheint unzählige Menschen fast unnachgiebig zu verfolgen. Tatsächlich waren oft ganze Geschlechter in dem Glauben befangen, sie wüßten nicht, wo sie zur Ruhe kommen könnten.
In dem Bestreben, sich der Lage auszusöhnen, haben sich die Menschen jedoch zuweilen dahin überzeugt, daß ein solches Wandern Freiheit bedeute. Sogar bis auf den heutigen Tag hat dieser ruhelose Sinn unzählige Menschen zu dem Denken verführt, das Glück könne nur durch das Befriedigen eines fast unaufhörlichen Wunsches, irgendwohin zu gehen, gefunden werden. Andere hoffen immer noch, daß nächsten Monat, nächstes Jahr ihnen die Umstände Gelegenheit bieten werden, einen festen Wohnsitz, ein Geschäft und eine dauernde Beschäftigung zu finden; daß die Umstände sich so gestalten werden, daß sie sich niederlassen und sich ununterbrochen des Lebens wirklich erfreuen können.
Dies alles bietet eine Welt mit Menschen dar, die mehr oder weniger unzufrieden und unglücklich sind, die entweder wegen einer ruhelosen, unbeständigen Vergangenheit trauern oder nach einer sicheren Zukunft, die nie eintritt, ausschauen; oder, wenn sie für einen Augenblick tatsächlich einzutreten scheint, so vereitelt irgend ein widerwärtiges Ereignis wieder die Lage, und die alte Klage geht weiter. Es gibt vielleicht wenig Fragen, die sich jedermann beharrlicher aufdrängen als die Platzfrage: Wo soll ich wohnen? Wo soll ich arbeiten? Wo soll ich mich endgültig und dauernd niederlassen, damit dieses ganze Unsicherheitsdieses Unbeständigkeitsgefühl, ein Ende nehme?
Sogar nachdem die Christliche Wissenschaft zu dem ruhelosen Herzen gekommen ist, will folgende Klage nicht verstummen: Wo ist mein rechter Platz? Wo kann ich meine Aufgabe richtig ausarbeiten? Wo kann ich eine Umgebung finden, die voll und ganz meinem geistigen Fortschritt günstig ist? Wo kann ich mich niederlassen, um zu arbeiten und um die Wunder tatsächlich zu vollbringen, die die Christliche Wissenschaft dem treuen Forscher verheißt? Dies ist ein Gesinnungszustand, dessen richtige Erkenntnis und Handhabung einen großen Teil der Hindernisse, die dem Wissenschafter zu begegnen scheinen, beseitigt.
Man sollte meinen, durch das Verständnis, das die Christliche Wissenschaft von der geistigen Natur aller Dinge bringt, würde man bald erkennen, daß man sich in Gott finden muß, wenn man sich wirklicher Sicherheit und wahrer Beständigkeit erfreuen will. Statt dessen hält die menschliche Neigung unverändert daran fest, in der Materie, an materiellen Orten und in materiellen Umgebungen sich nach einem festen Wohnsitz umzusehen. Jeder einzelne ist immer noch versucht, zu fragen: Warum finde ich nicht den rechten Ort, der mir Gelegenheit bieten würde, die Gaben zu gebrauchen, von denen ich weiß, daß ich sie habe? Warum regeln sich die Dinge nicht so, daß ich einen Wohnsitz finde, wo ich schneller und harmonischer wachsen kann? Wie es so oft vorkommt, fängt er am verkehrten Ende der Aufgabe an. Er sucht dort Beständigkeit, wo keine zu finden ist.
Auf Seite 93 von „Retrospection and Introspection” hat Mrs. Eddy geschrieben: „Das Vorbild Gottes wird nicht mehr von einem Heimatlosen oder Wanderer dargestellt; und die Wahrheit ist nicht bruchstückartig, zusammenhangslos, planlos sondern einheitlich und unbeweglich im Prinzip festgelegt”; und sie fügt hinzu: „Die beste geistige Art christlichen Vorgehens zur Hebung des menschlichen Denkens und der Mitteilung der göttlichen Wahrheit ist feststehende Kraft, Ruhe und Stärke; und ist dieses geistige Vorbild uns einmal zu eigen geworden, so wird es das Muster für menschliches Handeln”.
Um also einen dauernden und festen Wohnsitz zu erlangen, muß man mit der Wahrheit des Seins beginnen, mit der Wahrheit, daß sich der alleinige Ort der Beständigkeit im göttlichen Prinzip befindet. In dem Maße, wie die Christlichen Wissenschafter auf Gedanken anstatt auf Dinge achten, werden sie jede geringste Neigung, anderswohin als in das göttliche Gemüt zu blicken, berichtigen können, um zu wissen, daß sie eine bleibende Stätte haben. Wenn sie aufgehört haben, über die Materialität nachzudenken, und statt dessen den Blick auf die „feststehende Kraft, Ruhe und Stärke” hinlenken, die in der Tat das „geistige Vorbild” sind, das das „Muster für menschliches Handeln” ist, dann wird sich jeder fragen: Ist mein Denken in den Dingen des Geistes gefestigt? Entfaltet sich mein Verständnis zu einem erweiterten Begreifen der göttlichen Wahrheit und der göttlichen Liebe? Wenn er unter allen Umständen, in jeder Umgebung oder bei jedem Erfordernis unerschütterlich festhalten kann an der unwandelbaren Tatsache, daß er dauernd im göttlichen Prinzip weilt, weil er seine Einheit mit diesem anbetet, versteht und beweist, dann entdeckt er, daß das Prinzip seine Angelegenheiten auf seine eigene weise, vollkommene Art regiert.
Was für ein Glück ist es, zu wissen, daß man nur auf sein Denken zu achten braucht, indem man immer darüber Wache hält, daß jeder Gedanke in den Vollkommenheiten des göttlichen Gemüts gefestigt ist! Dann berührt es einen wenig, was die äußeren Umstände zu sein scheinen; denn man weiß, „daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach dem Vorsatz berufen sind”. Indem man nur das Gute sucht, beweist man die Wahrheit der Worte des Psalmisten: „Wohl dem, der barmherzig ist. ... Denn er wird ewiglich bleiben. ... Sein Herz hofft unverzagt auf den Herrn. Sein Herz ist getrost und fürchtet sich nicht”.
