Im Frühjahr 1915 wurde mir der erste Lichtblick von der Christlichen Wissenschaft zuteil, und ich empfing ihn mit unaussprechlicher wahrer Freude. Damals litt ich sehr an Trübsinn, der von Kind auf in mir großgezogen worden war und sich täglich mit seinen traurigen Folgen von Übeln — tiefem Mißtrauen, Hoffnungslosigkeit wegen der Zukunft, Tadelsucht, Gleichgültigkeit gegen andere, Neid, Mangel an Befriedigtsein von meiner Arbeit, Kaltherzigkeit gegen meine Angehörigen, Reizbarkeit und Schwermut — zu verschlimmern schien. Während ich mich in diesem Zustande befand, gab mir eine meiner Kolleginnen, die mir ganz anders vorkam als die anderen, einige Schriften über die Christliche Wissenschaft und fing an, das Evangelium in seiner wissenschaftlichen Auslegung zu erklären. Zuletzt übersetzte sie mir einige Stellen aus dem Lehrbuch, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy, in meine Muttersprache. Es war mir eine wahre Offenbarung, und es bewirkte in mir eine tiefgehende Umwandlung. Hoffnung und Freude traten an Stelle von Niedergeschlagenheit und Reizbarkeit, und alles erschien mir in einem neuen Lichte. Als ich nach einigen Monaten zu meinen Angehörigen zurückkehrte, konnte niemand meine Umwandlung verstehen. Seit dieser Zeit ist die Christliche Wissenschaft mein einziger Arzt, meine tägliche Versorgung.
Mehrere Jahre lang brauchte ich fast beständig Hilfe durch liebevolle Praktiker, Christliche Wissenschafter, die mir körperliche und seelische Schwierigkeiten überwinden halfen. Erkältungen, die mich früher lange Zeit plagten, wurden in einigen Stunden geheilt. Ein von Fieber begleiteter Ausschlag verschwand schon nach der ersten Behandlung, und schon am vierten Tage nach einem Anfall der sogenannten spanischen Grippe konnte ich meine Arbeit wiederaufnehmen. Als ich einmal wegen eines Eisenbahnstreiks von einer kleinen Stadt nicht abreisen konnte, begann einer meiner Finger zu schwellen und schwarz zu werden. Ich versuchte mir durch das Wenige, das ich von der Wahrheit wußte, selbst zu helfen, und war sofort von Schmerzen befreit. Am nächsten Tage konnte ich eine Praktikerin benachrichtigen, und obgleich der Finger weiter anschwoll, spürte ich doch keine Schmerzen. Als ich eines Abends mit dem Zuge von der Arbeit nach Hause fuhr, sprach mich ein mir unbekannter Arzt an, als er meine halbbedeckte, geschwollene Hand bemerkt hatte, und sagte mir, es handle sich um eine schlimme Vergiftung; doch seine Worte bereiteten mir keine Furcht. Nach drei oder vier Tagen begann die Geschwulst abzunehmen, und die Hand heilte schnell.
Im selben Jahre wurde ich von Fieber befallen, das jeden Abend bei Sonnenuntergang einsetzte und bis zum Morgen dauerte. Tagsüber fühlte ich mich sehr schwach und schläfrig, und ich litt an Husten, Atemnot und starkem Schweiß. Da ich ohne ärztliches Zeugnis meine Arbeit nicht versäumen konnte, aber nicht zu einem Arzt gehen wollte, fuhr ich fort, jeden Morgen um sechs Uhr aufzustehen, mit dem Zuge nach einem Nachbarorte zu fahren und dort vier Stunden zu unterrichten, während mir die Freundin, die mich auf die Christliche Wissenschaft aufmerksam gemacht hatte, in Abwesenheit half. Die Heilung ging langsam vor sich, und oft mußte ich den Gedanken überwinden, daß ich zu schwach sei, um meine Arbeit fortzusetzen; aber mein Herz war voller Dankbarkeit für das Gefühl des ruhigen Glaubens und für die gewisse Erwartung meiner Heilung, die vor meinen Ferien eintrat.
Die größte Hilfe wurde mir zuteil, als meine Eltern starben. Als uns meine noch junge Mutter im Jahre 1916 verließ, war ich in der Familie die einzige, die durch das Betätigen des Wenigen, das ich von der Wahrheit verstand, denen, die am meisten litten, helfen konnte. Als vor anderthalb Jahren während einer Seuche mein Vater starb, und gleichzeitig zwei meiner Schwestern sehr erkrankten, hatte ich, da sich sonst niemand in der Familie für die Christliche Wissenschaft interessierte, gegen Berge der Furcht und des Schmerzes allein anzukämpfen; aber eine christlich-wissenschaftliche Praktikerin, die ich in jener Stadt fand, half mir unermüdlich, und ich kann an ihre herrliche Arbeit der Liebe und Wahrheit, durch die es mir nie an der nötigen körperlichen und seelischen Kraft mangelte, nicht zurückdenken, ohne große Dankbarkeit zu empfinden. Ich fühlte die Gegenwart der göttlichen Liebe und war von Mut und Hoffnung erfüllt.
Ich muß sagen, daß ich nach der ersten Zeit der Begeisterung nur geringe Fortschritte in der Christlichen Wissenschaft machte, teilweise weil ich damals nicht Englisch verstand. Als ich im Jahre 1917 das Lehrbuch kaufte, verstand ich nur wenige Wörter. Jetzt genieße ich das Vorrecht, Mitglied Der Mutter-Kirche in Boston und einer Zweig-Kirche zu sein, und ich habe keinen andern Wunsch, als mehr zu lernen und anderen helfen zu können, wie mir geholfen wurde. Als Lehrerin in einer öffentlichen Schule habe ich oft Gelegenheit gehabt, die wunderbaren Wirkungen rechten Denkens an denen zu beweisen, die anscheinend der Intelligenz ermangelten oder sich gegen die Disziplin aufzulehnen schienen. Wenn ich sie nur als Gottes Kinder sah, konnte ich stets eine Besserung sehen. Ich könnte noch viel über alles schreiben, was ich der Christlichen Wissenschaft verdanke; doch Worte können meine Dankbarkeit gegen Gott und unsere liebe Führerin nicht ausdrücken; denn durch dieses Forschen habe ich neues Leben, Frieden und unendliche Segnungen empfangen.
Florenz, Italien.
