Ein allgemeines besonderes Kennzeichen der Sterblichen ist ihre Neigung zu planen, um zu erlangen, was sie zur Sicherung ihres Gedeihens und Glücks für nötig halten. Indem sie sich dieses Ziel setzen, von dessen Erreichung sie sich Erfolg und Befriedigung versprechen, beginnen sie, ihre Wünsche zu befriedigen. In dieser Weise wird der Lebenszweck in den Arten und Verfahren der menschlichen Tätigkeit offenbar.
Die Christlichen Wissenschafter lernen verstehen, daß eines der ersten Erfordernisse, in der Richtung des Geistes fortzuschreiten, ist, menschliches Planen aufzugeben, oder, wenn es nötig scheint, Anordnungen zur Regelung von Angelegenheiten im voraus zu treffen, ihre Pläne, mögen sie noch so wichtig zu sein scheinen, immer der Bedingung einer unverzüglichen Änderung unterzuordnen, wenn die Wahrheit neues Licht offenbart; denn sie wissen, daß Gottes Plan für Sein Kind nur Fortschritt und Gedeihen ist.
Hat die göttliche Liebe nicht schon für jedes Bedürfnis des Menschen gesorgt? Dennoch scheinen die Sterblichen durch den Mesmerismus der Materie so geblendet zu sein, daß sie diese wichtigste Tatsache aus den Augen verlieren und sich unberechenbaren Mühsalen unterwerfen, um ihren menschlichen Willen zu befriedigen. Sie heften ihren Blick auf die Schätze der Erde — Reichtum, Ruhm und weltliche Macht —, die sich alle, wenn erlangt, nur als leere Asche in der Hand erweisen, weil sie keine einzige Eigenschaft der Dauer haben. Die guten Schätze des Herzens, die allein von Wert und dauernd sind, sind nicht von der Materie sondern vom Geist. Bestätigte Mrs. Eddy diese Tatsache nicht gründlich durch die aus dem christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 494), oft angeführten Erklärung: „Die göttliche Liebe hat immer jede menschliche Notdurft gestillt und wird sie immer stillen”?
Die Christlichen Wissenschafter beweisen beständig, daß Gott immer erreichbar ist und die Macht hat, für alles, was man braucht, zu sorgen, wenn nur Seine Hilfe durch geistiges Verständnis gesucht wird. Dies schließt nicht notwendigerweise in sich, daß Gott sich der sogenannten materiellen Bedürfnisse der Sterblichen bewußt ist; aber unsere Führerin macht es überaus klar, daß die Menschen am meisten göttlicher Ideen bedürfen, die wiederum uns mit dem versorgen, was wir brauchen. Sollte daher unser Planen nicht einzig und allein auf das Gewinnen geistiger Ideen, eines tieferen Verständnisses von Gott und Seiner Schöpfung einschließlich des vollkommenen Menschen gerichtet sein? Die Kranken werden dadurch geheilt, daß sie die wahre Ansicht über den Menschen gewinnen. Gleicherweise werden alle unsere materiellen Bedürfnisse durch das Gewinnen des Verständnisses befriedigt, daß Substanz der Geist ist, d. h. dadurch, daß wir göttlichere Ideen gewinnen,— Ideen, die unmittelbar von Gott ausgehen. Haben wir diese Ideen erfaßt, in uns aufgenommen und uns zu eigen gemacht, so enthüllen sie uns die Schritte, die zu der materiellen Versorgung führen. Der Vorgang ist unmittelbar und die Ergebnisse sind sicher,— die Lüge, die sich als Mangel kundtut, wird zerstört.
Unter dem Druck offenkundiger Not hat es zuweilen den Anschein, daß das Denken bei den Dingen, die als menschlich notwendig gelten, verweilen dürfe. Sofort tritt der Eigenwille in Tätigkeit. Der Christus, die Wahrheit, ist dem Wesen nach vollständig geistig und hat in jeder Form weder eine Beziehung zu der Materialität noch eine Kenntnis von ihr, so daß unser Erkennen sofort auf die Stufe der Materialität herabsinkt, sobald das Herz etwas anderes wünscht, als mehr von der geistigen Wahrheit zu gewinnen. Stimmt dies nicht vollständig mit den Worten des Nazareners überein: „Alles, was ihr bittet im Gebet, so ihr glaubet, werdet ihr’s empfangen”? Um geistige Ideen bitten, glauben, daß die göttliche Liebe den Menschen schon mit allem, was er braucht, versorgt hat, enthüllt unvermeidlich die Versorgung mit guten Dingen.
Am meisten bedürfen die Menschen des vergeistigten Denkens. Sich von der Betrachtung des Lebens und des Daseins als materiell dem Verständnis zuwenden, daß beide geistig sind, kann nur das Bewußtsein festigen und stärken. Was ist Mangel anders als das Mißverstehen der ewigen Wahrheiten? Er entspringt dem aufs Irdische gerichteten Blick, der nur das sieht, was die sogenannten materiellen Sinne zeigen. Das Betätigen dieser Sinne im Trachten nach etwas anderem als nach der Wahrheit, kann nur Enttäuschung zur Folge haben. Denn die Materialität bietet keine sichere Grundlage der Beständigkeit und des Gedeihens.
Wie einfach der Vorgang doch ist, mag er dem materiellen Sinn auch noch so schwierig erscheinen! Entschiedenes Leugnen des Sinnenzeugnisses; Zurückweisung der Geltendmachung der Materialität, die die Materie darbietet; Weigerung, die Gültigkeit irgend eines Einwandes des sterblichen Gemüts anzunehmen,— dies sind die Schritte, durch die das Ziel rechten Verlangens erreicht wird. Doch dies ist nicht alles, was nötig ist. Das Leugnen ist nur ein verneinender Vorgang. Es kann dem Christus, der Wahrheit, nur den Weg bahnen. So wichtig das Leugnen dieser zahllosen Einwände auch ist, so ist es doch nur eine Vorbereitung für die Erkenntnis, daß Gott die allmächtige, allwissende und allgegenwärtige Liebe ist. Diese Erkenntnis hebt das Denken über sich selbst empor in die vollkommene und unerschöpfliche Freude. In dieser Weise wird Gottes Plan für den Menschen geoffenbart; und die Entfaltung der Vollkommenheit des Menschen als des Kindes des unendlichen Guten, des Sprößlings des Geistes, offenbart Gottes wohltätigen Plan für jede einzelne geistige Idee.
Wie könnte die göttliche Liebe mit ihrem nicht unterdrückbaren und unwiderstehlichen Verlangen zu segnen weniger als dies tun? Wie herrlich öffnet sich der Weg unter der göttlichen Führung! Alle Herrlichkeiten des unsterblichen Seins werden in dieser Weise enthüllt, und der Mensch erscheint in der Hoheit vollkommener Selbstheit. Gottes Plan für den Menschen ist Vollkommenheit. Wie leicht können es sich daher die Menschen leisten, das menschliche Verlangen der Entfaltung des großen Plans für Seinen geliebten Sohn unterzuordnen!
