Genau wie sich unser lieber Heiland Christus Jesus in seinen Gleichnissen der einfachsten Veranschaulichungen bediente, um die auf den Geist, auf Gott, sich beziehenden Dinge zu erklären, so können wir durch die Christliche Wissenschaft aus den einfachsten Begebenheiten des täglichen Lebens sehr nützliche Lehren ziehen.
An einem herrlichen Frühlingstage benutzte eine Schülerin der Christlichen Wissenschaft eine freie Stunde, um auszugehen und den warmen Sonnenschein am Strande in der Nähe ihres Hauses zu genießen. Sie nahm christlich-wissenschaftliche Literatur mit sich und vertiefte sich bald darein; denn das Forschen darin hatte ihre Wertschätzung alles dessen, was Gottes Schöpfung versinnbildlicht, sehr vergrößert. Doch plötzlich fühlte sie, daß es kühler wurde, und sie bemerkte, daß eine finstere und drohende Wolke die Sonne vollständig verhüllte, was sie kaum noch hoffen ließ, daß sie den Rest der Stunde werde im Freien zubringen können. Ein Gefühl der Enttäuschung schien sich einzuschleichen; doch ein Gedanke, der leugnete, daß eine sogenannte materielle Wirkung die Freude der Dankbarkeit und die Wärme der göttlichen Liebe, die sie kurz vorher so sehr genoß, abkühlen oder zerstören könne, verdrängte sofort dieses Gefühl aus dem Bewußtsein.
Auch erinnerte sie sich einer von unserer lieben Führerin Mary Baker Eddy geschriebenen Stelle auf Seite 298 unseres Lehrbuchs, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”: „Wie eine Wolke die Sonne wohl verbirgt, die sie nicht auszulöschen vermag, so kann eine falsche Annahme die Stimme der unwandelbaren Harmonie wohl eine Zeitlang zum Schweigen bringen, aber die falsche Annahme kann die Wissenschaft, die mit Glauben. Hoffnung und reifer Fülle ausgerüstet ist, nicht zerstören”. Sie konnte nun leicht einsehen, daß wahre Harmonie und wahres Glück, die ganz das Ergebnis rechten Denkens, nicht materieller Umgebung oder atmosphärischer Zustände sind, auch nicht für einen Augenblick verloren gehen können; denn „die Wissenschaft, die mit Glauben, Hoffnung und reifer Fülle ausgerüstet ist, nicht zerstören”. Sie konnte nun leicht einsehen, daß wahre Harmonie und wahres Glück, die ganz das Ergebnis rechten Denkens, nicht materieller Umgebung oder atmosphärischer Zustände sind, auch nicht für einen Augenblick verloren gehen können; denn „die Wissenschaft, die mit Glauben, Hoffnung und reifer Fülle ausgerüstet ist”, regierte das Denken. Mit dieser Vergegenwärtigung der Wahrheit blickte die Schülerin empor und sah etwas, was für sie ein weiterer Beweis der Unzuverlässigkeit der materiellen Sinne war: die große finstere Wolke war zerteilt, die Sonne drang immer mehr durch den Nebel und schien immer heller, bis ihre Strahlen dieselbe Wärme spendeten wie kurz vorher!
Die Welt lehnt das Zeugnis der materiellen Sinne ab und gibt zu, daß sich die Erde um die Sonne bewegt, und daß diese der Erde gegenüber stillsteht. Jedermann weiß genau, daß die Sonne wiedererscheint, selbst wenn sie, durch die Wolken verhüllt, eine Zeitlang unsichtbar bleibt, während niemand glaubt, daß die Wolken feststehen und unveränderlich sind. In ähnlicher Weise können wir uns immer auf die Unveränderlichkeit Gottes verlassen, der das Leben, die Wahrheit und die Liebe ist, dessen Licht der Intelligenz immer scheint, immer klar ist und nie durch eine der vermeintlichen materiellen Irrtumswolken vor den Menschen verborgen werden kann. Doch wie oft möchten uns in unserer menschlichen Erfahrung die sogenannten materiellen Sinne glauben lassen, daß wir Gott nicht sehen können, daß wir ganz in einer Atmosphäre des Zweifels, der Furcht und des Leidens wohnen und darin bleiben müssen, indem wir die Finsternis als unvermeidlich annehmen, bis uns Gottes Wille oder vielleicht etwas anderes unsern ganz ungewissen Sinn von Gesundheit und Glück auf eine Zeitlang zurückgibt!
Als Hiob scheinbar durch eine Zeit tiefer mentaler Finsternis hindurchging, gab ihm sein jüngster Freund Elihu viele hilfreiche Ratschläge, von denen einer lautet: „Merke dir das, Hiob, stehe still und erwäge Gottes Wunder!” (engl. Bibel). Auch wir müssen „stillstehen” lernen, sogar angesichts aller sogenannten Irrtumswolken. Wir müssen die Offenkundigkeit der materiellen Sinne zurückweisen und „Gottes Wunder erwägen”. Tun wir dies, so werden unsere Gedanken bald mit Freude und einem Gefühl tiefer Dankbarkeit für das immer leuchtende Licht der Liebe erfüllt sein, das in der Tat jede Wolke, jedes falsche Zeugnis des Glaubens an Leben in der Materie in nichts auflöst. Wir können immer mehr auf die Allerhabenheit Gottes, des Guten, und weniger auf die sogenannte Macht des Bösen, sei es Sünde, Krankheit oder Tod, vertrauen. Wir können immer mehr Liebe zu Gott und zu unseren Mitmenschen im Herzen haben. Wir können immer Gott für einen Segen danken, wenn unser menschliches Problem auch noch so finster zu sein scheint. „Jede Wolke hat einen Silberrand” lautet ein bekanntes Sprichwort, das von der immer scheinenden Gegenwart der Sonne zeugt. Und in dem Maße, wie wir uns der unwandelbaren Gegenwart des Sonnenscheins der Wahrheit mehr bewußt werden, wie wir ihre warmen geistigen Strahlen besser durch uns hindurchscheinen lassen, werden wir sehen, wie der „Wind”— den Mrs. Eddy im Glossarium unseres Lehrbuchs (S. 597) auslegt als „das, was die Macht der Allmacht andeutet, sowie die Bewegungen in Gottes geistiger Regierung, die alle Dinge umfaßt”,— alle Irrtumswolken auf ihr ursprüngliches Nichts zurückführt und den klaren Himmel erscheinen läßt!
Es ist immer derselbe Reinigungsvorgang, selbst wenn die Wolken des materiellen Sinnes der Annahme nach verschiedener Art zu sein scheinen. Es kann leichte Wolken geben, die wir vielleicht unbewußt als unvermeidlich und als zu unserer täglichen Erfahrung gehörig annehmen, und andere, die dichter zu sein scheinen, wenn wir mit der Finsternis von Krankheit oder Leid ringen müssen; und vielleicht haben wir deren „Silberrand” in einer freundlichen Handlung gesehen, die sich durch eine helfende Hand kundtat, die so lang geduldig und liebevoll ausgestreckt blieb, bis die Wolken sich hoben. Andere, anscheinend noch finsterere Wolken können eine dichtere Anhäufung von Sünde, Zweifel und Furcht sein, eine Verdichtung der Nebel des sterblichen Gemüts: Selbstgerechtigkeit, Stolz, Eigenliebe, Selbstbedauern, Eifersucht, Entmutigung; es kann auch Blitz und Donnerschläge geben. Doch dies alles kann nichts Gutes, nichts Wahres, nichts Liebenswertes zerstören, und die heilende Wahrheit steht immer zur Verfügung. So finster die Wolken auch sein mögen, so müssen sie schließlich doch bei der Selbstzerstörung anlangen, nach der sie nichts als helles Licht, das Licht der immer gegenwärtigen Liebe, zurücklassen.
Wie zärtlich ermutigt uns doch unsere verehrte Führerin und begründet die Hoffnung, die im Herzen aller Christlichen Wissenschafter wohnt, wenn sie auf Seite 149 und 150 von „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany” sagt: „Bedenke, daß du in keine Lage kommen kannst, sei sie auch noch so schwierig, wo die Liebe nicht schon vor dir gewesen ist, und wo ihre zärtliche Lehre dich nicht erwartet. Verzweifle daher nicht und murre nicht; denn das, was zu erretten, zu heilen und zu befreien trachtet, wird dich führen, wenn du diese Führung suchst”.
Wenn wir aufrichtig das geistige Ziel suchen, indem wir nicht die schon ausgeführten Schritte zählen, sondern unentwegt vordringen, werden wir in der Zerstörung der Irrtumswolken (des Nebels des materiellen Sinnes) das einzige Mittel erkennen, wodurch wir hier und jetzt beginnen können, die Tatsache zu beweisen, daß wir im ewigen Sonnenschein der göttlichen Liebe wohnen, im wirklichen Licht des Geistes,— in dem Licht, das ganz von der Materie getrennt und von Sonnenstrahlen unabhängig ist, dem Licht, das immer war, und das dank der Christlichen Wissenschaft sogar jetzt die Finsternis des sterblichen Sinnes vertreibt und dadurch die Kranken heilt, die Leidtragenden tröstet und die Sünder errettet.
Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie blähet sich nicht, sie stellet sich nicht ungebärdig, sie suchet nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freuet sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freuet sich aber der Wahrheit.—1. Korinther 13:4–6.
