Die Christliche Wissenschaft offenbart allen denen, die auf ihre Botschaft hören wollen, die Wahrheit,— die absolute Wahrheit. Vor fast sechzig Jahren entdeckte Mary Baker Eddy diese Wissenschaft, und später übergab sie der Welt ihre Entdeckung in dem christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”, und in ihren anderen Schriften. Die Entdeckung umfaßte die Wahrheit über Gott, das göttliche Prinzip, und Seine Schöpfung, den Menschen, und die Anwendung dieser Wahrheit auf das Heilen der Leiden, die die Menschen betrüben. Durch das Heilen von Krankheit und Sünde in zahlreichen Fällen erprobte Mrs. Eddy selbst die Wahrheit, die sie entdeckte. Auch ihre Nachfolger haben dies in zahllosen Fällen getan; daher besteht für sie kein Zweifel über die Glaubwürdigkeit der Christlichen Wissenschaft.
Angesichts dessen, was die Christliche Wissenschaft ihre Schüler befähigt hat, zu vollbringen, angesichts der vollbrachten zweifelsfreien Heilungen aller Art von Krankheit und aller Art von Sünde,— Heilungen, die jetzt allgemein als wahr anerkannt werden, erhebt sich die Frage: Warum nehmen nicht alle Menschen die Christliche Wissenschaft an? Ihre Botschaft kann nicht zu schwer verständlich sein; denn ein Kind kann sie verstehen und auch beweisen. Auch kann es nicht daran liegen, daß das Wort derer, denen die Wohltaten der Christlichen Wissenschaft zuteil geworden sind, von ihren Bekannten angezweifelt wird. Was ist dann der Grund? Im allgemeinen ist es ein sehr einfacher Grund, ein solcher, der nicht besser ausgedrückt werden könnte, als es auf Seite 343 von Wissenschaft und Gesundheit geschehen ist, wo es heißt: „Manchmal möchte es so scheinen als ob die Wahrheit deshalb verworfen würde, weil Sanftmut und Geistigkeit die Bedingungen für ihre Annahme sind, während die Christenheit im allgemeinen so viel weniger verlangt”.
Zu oft ist also Mangel an Sanftmut und Geistigkeit der Grund für die Ablehnung der heilenden Wahrheit. Und daß dies so ist, wird einem klar, wenn man bedenkt, wie groß die Gewalt ist, die die materiellen Annahmen über die Menschen haben, und wie selbstsüchtig im allgemeinen die Menschen wegen dieser Annahmen sind. In außerordentlichem Maße beherrscht der falsche materielle Sinn das Denken der Sterblichen, so daß sie die geistigen Wirklichkeiten in vielen Fällen fast — wenn nicht ganz — außer acht lassen. Das Ergebnis ist ein Bewußtseinszustand, dem in beklagenswerter Weise Sanftmut und Geistigkeit fehlen, und in dem die Wahrheit weder begriffen noch aufgenommen wird.
Es wäre nun gut, wenn die Menschen die Tatsache ins Auge fassen würden, weil ihnen ein Verständnis der Wahrheit vor allen anderen Dingen not tut. Was ist also zu tun? Man sollte sich der Christlichen Wissenschaft in Sanfmut oder Demut zuwenden. Das heißt nicht, daß man irgend eine wirkliche geistige Eigenschaft aufgeben muß, ehe man mit dem Erforschen dieses erhabenen Gegenstandes beginnt; sondern es heißt, daß alle, die nach der Erkenntnis Gottes und der Wahrheit über Seine Schöpfung trachten, „wie die Kinder” werden sollten, genau so wie es Christus Jesus seinen Jüngern mit den Worten erklärte: „Es sei denn, daß ihr ... werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen”. Demut ist für den Fortschritt im geistigen Leben unerläßlich. „Demut ist” nach den Worten unserer Führerin in der Einleitung zu „Miscellaneous Writings” (S. 1) „der Schrittstein zu einer höheren Erkenntnis der Gottheit”.
Während nun die Demut einen befähigt, die Wahrheiten der göttlichen Wissenschaft zu begreifen und so das Denken zu vergeistigen, ist es eigentlich selbstverständlich, daß die so erzeugte Geistigkeit wiederum die Demut fördert; und in dieser Weise wird das erfreuliche Zusammenwirken beständig stärker. Das Leben Christi Jesu zeigt die Kraft, die dieses Zusammenwirken durch Selbstlosigkeit — das unvermeidliche Ergebnis von Sanftmut und Geistigkeit — erreichen kann. Über den Meister schrieb Mrs. Eddy folgendes (Wissenschaft und Gesundheit, S. 51): „Jesus war selbstlos. Seine Geistigkeit trennte ihn von der Sinnengebundenheit und veranlaßte den selbstsüchtigen Materialisten ihn zu hassen; aber gerade diese Geistigkeit war es, die Jesus befähigte die Kranken zu heilen, Übel auszutreiben und die Toten zu erwecken”.
Zuweilen möchte es scheinen, als ob die Demut der Angriffslust der materialistischen Selbstsucht kaum standhalten könne. Doch dies ist ein Irrtum. Die auf geistiges Verständnis gegründete Demut — und es gibt keine andere echte Demut — braucht sich vor materieller Gesinnung nie zu fürchten. Die auf das Verständnis von der Allgegenwart, der Allmacht und der Allheit des göttlichen Gemüts gegründete Demut ist weit mehr als fähig, jedem Versuch des vermeintlichen Bösen, sie zu untergraben, zu widerstehen. Wenn es den Anschein hat, daß das sterbliche Gemüt seine Anstürme macht, seien sie offen materiell oder im Denken listig verkleidet, braucht derjenige, der in der Erkenntnis der Wahrheit festgegründet ist, nur festzustehen, indem er mit seinem Denken in der Wahrheit verharrt, um zu siegen. Er braucht kein Wort zu sprechen, keinen Einspruch zu erheben; was hauptsächlich ins Gewicht fällt, ist, daß er sich unnachgiebig an die Wahrheit klammert, wodurch er alles Gott, dem Guten, Unähnliche unbedingt leugnet.
Wie sehr bedürfen doch heute die Menschen der Sanftmut oder der Demut, um sie zu befähigen, sich mit empfänglichem Denken der Christlichen Wissenschaft zu nähern! Und wie sehr bedarf auch jeder Forscher in der Christlichen Wissenschaft, der ihre Grundlagen begriffen hat, des Wachstums in der Demut und dadurch in der Geistigkeit, um im Kampf mit den sogenannten Kräften des Bösen mächtiger zu sein! Denn im Verhältnis zu seiner Geistigkeit steht seine Kraft, die Annahmen des Bösen — Sünde und Krankheit — durch Vergegenwärtigung der Allheit des Guten zu überwinden.
