Wer bestrebt ist, dem Beispiele der Mrs. Eddy, der Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, im Überwinden von Sünde, Krankheit und Tod durch geistige Mittel zu folgen, kann sich nicht zu ernstlich mit der biblischen Schilderung der Heiltätigkeit des Meisters befassen. Während Christus Jesus durch seine ganze Laufbahn hindurch unverkennbar auf den unvermeidlichen Zusammenhang zwischen Sünde und Krankheit hinwies, machte er aus der einen nicht mehr Wirklichkeit als aus der andern. Sein Verfahren ist eine Zurechtweisung für diejenigen seiner Nachfolger, die in ihrem Bestreben, einen Leidenden von Krankheit zu befreien, sich erlauben, den Irrtum im Geiste ungerechter Verurteilung aufzudecken, indem sie ihn für eine Wirklichkeit halten.
Die Wahrheit ist, daß die göttliche Liebe, wenn sie richtig verstanden wird, sowohl die Sünde als auch ihre Wirkung, Krankheit, auslöscht, und die Arbeit des Christlichen Wissenschafters besteht darin, daß er durch die Vergegenwärtigung der Vollkommenheit Gottes und Seiner Idee, des Menschen, beide als unwirklich erkennt und sie dadurch heilt. Mrs. Eddy lehrt zwar, daß der Irrtum aufgedeckt werden muß, und daß er durch den Vorgang des Aufdeckens teilweise zerstört wird. Was bewirkt aber das Zerstören und das Aufdecken? Auf Seite 542 des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” sagt Mrs. Eddy: „Laß Wahrheit den Irrtum in Gottes eigner Weise aufdecken und zerstören”. Wenn sich daher die Wahrheit des Seins richtig entfaltet, verlieren Sünde und Krankheit ihren Halt im Bewußtsein, und die Wahrheit, nicht die menschliche sogenannte Gesinnung, verrichtet die Arbeit. Ein verstandesmäßiges Suchen in den Trümmern des sterblichen Denkens nach einer sogenannten Ursache eines widerwärtigen Zustandes findet in der Belehrung, die Jesus seinen Jüngern gab, keine Stütze. Als sie ihn fragten: „Wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, daß er ist blind geboren?”, antwortete er: „Es hat weder dieser gesündigt noch seine Eltern, sondern daß die Werke Gottes offenbar würden an ihm”. Diese Antwort beweist, daß er ihnen zu verstehen geben wollte, daß der Irrtum stets unpersönlich ist, nie mit Person, Ort oder Ding in Verbindung steht.
Sollte daher ein Irrtum, wenn er im Bewußtsein eines Patienten aufgedeckt wird, nicht immer als Unwirklichkeit erkannt werden? Wir sind nicht berechtigt, ihn für wirklicher zu halten als die Krankheit, indem wir ihn fürchten oder verurteilen, als ob er ein Teil der Person sei. Soll sich also derjenige, der geheilt werden soll, nicht bemühen, den menschlichen Irrtum zu überwinden? Doch. Wer sich der Christlichen Wissenschaft zuwendet, um geheilt zu werden, muß seine Arbeit tun, um sein eigenes Bewußtsein zu reinigen; aber dieser Reinigungsvorgang geht den Praktiker nur insoweit an, als er den Patienten durch seine wissenschaftliche Arbeit unterstützt, und man darf nie vergessen, daß das Sprechzimmer des Praktikers kein Beichtstuhl ist. Nicht das sogenannte sterbliche Gemüt soll durch menschliches Bemühen vollkommen gemacht, sondern der falsche, sterbliche Sinn des Menschen soll für das Verständnis des geistigen, vollkommenen, wirklichen Menschen in dem Verhältnis aufgegeben werden, wie man die göttliche Liebe im Bewußtsein wirken läßt. Jesus wartete nicht, bis jemand, der sich an ihn um Hilfe wandte, menschlich vollkommen war, ehe er ihn von seinem Leiden befreite; er sah sowohl die Sünde als auch das Leiden als nicht zum wirklichen Menschen gehörig an.
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