Zolltiefer Schnee bedeckte eines Morgens, nachdem es die ganze Nacht hindurch geschneit hatte, das Erdreich. Einige Tage lang hatten sich die Sperlinge eines reichlichen Vorrats an Brosamen erfreut, die für sie immer von neuem auf das Geländer der Küchenveranda gestreut worden waren. Gerade an diesem Morgen war das Verandageländer vier Zoll tief mit Schnee bedeckt; aber ein vereinsamter Sperling hatte sich einen kleinen Weg durch den Schnee gebahnt, und er ließ es sich, während sich sein Gefieder in der scharfen Morgenluft sträubte, augenscheinlich gut schmecken. Einige andere gesellten sich zu ihm, und alle nahmen am Mahle reichlich teil.
Diese Sperlinge waren wohl schon einmal dort gewesen. Doch an diesem Morgen waren keine Brosamen zu sehen, da sie mit Schnee bedeckt waren. Aber die Sperlinge hatten, gehorsam gegen die göttliche Erkenntniskraft, die alle unfehlbar führt und lenkt, den äußeren Augenschein des Mangels nicht für wahr angenommen und daher das Mahl gefunden, das ihrer harrte. Während der Verfasser dieser Betrachtung die Sperlinge bei ihrem Morgenmahl beobachtete, erinnerte er sich der in der Christlichen Wissenschaft klargemachten Tatsache, daß die göttliche Liebe die ganze Schöpfung Gottes schützt und liebevoll für sie sorgt. Dieser Vorfall versorgte ihn mit Brosamen des Trostes; denn die Güte Gottes wurde ihm anschaulich bewiesen. Er erinnerte sich der Worte Christi Jesu: „Sehet die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nähret sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie?”
Wie trostreich ist doch die Zusicherung, daß die göttliche Liebe sowohl für die höchste Idee Gottes als auch für alle Seine geringeren Ideen reichlich sorgt! In manchen Fällen kann dem menschlichen Sinne nach ein augenscheinlicher Mangel an solchen Dingen herrschen, die im menschlichen Leben für unentbehrlich gelten, wie Nahrung, Kleidung, eine angemessene Summe Geldes. In anderen Fällen, wo diese Bedürfnisse reichlich gedeckt sind, fehlt es noch an geistigem Verständnis, an einer besseren Erkenntnis Gottes und Seines Christus, die nach den Worten Christi Jesu in der Tat „das ewige Leben” ist. Was auch immer das Bedürfnis sei, die göttliche Liebe befriedigt es. Verfügt einer über großen Geldreichtum, so kann ihm das Verständnis der geistigen Wirklichkeit ebenso sehr fehlen wie einem andern, dem es offensichtlich an Geld fehlt. Zu allen Zeiten ist eine klare geistige Erkenntnis notwendig. Treten wir, wenn reichliche Vorräte vorhanden sind, in Dankbarkeit vor Gott als den Geber alles Guten? Erkennen wir, daß wir mit allem, was wir sind und haben, vollständig von Gott abhängen? Durch diese klare geistige Wahrnehmung geschützt, können wir uns des Wohlergehens erfreuen, ohne davon bestrickt zu werden. Es ist des Menschen Geburtsrecht, sich des Wohlergehens zu erfreuen und sich gleichzeitig das Bewußtsein der unbedingten Abhängigkeit von Gott zu bewahren.
Die Befriedigung jedes Bedürfnisses ist stets vorhanden, wenn wir nur die Augen öffnen. Dies bewiesen Hagar, Abrahams Magd, und ihr Sohn Ismael. Infolge irriger Zustände waren Mutter und Sohn aus dem Haushalte Abrahams und der Sara ausgewiesen worden. Trotzdem wurden ihre Bedürfnisse durch die göttliche Liebe befriedigt, die sich zärtlich aller Kinder Gottes annimmt und gnädig für alle ihre Bedürfnisse sorgt. Als sie durch die Wüste bei Beer-Seba wanderten und ihr Wasservorrat aufgebraucht war, tat die göttliche Liebe der Hagar „die Augen auf, daß sie einen Wasserbrunnen sah. Da ging sie hin und füllte den Schlauch mit Wasser und tränkte den Knaben”. So wurden sie am Leben erhalten.
Das Leben der Christlichen Wissenschafter ist reich an solchen Erfahrungen, solchen Beweisen der reichlichen Fürsorge der göttlichen Liebe. Unter allen Umständen lenkt die göttliche Liebe das Denken des ernsten Suchers und befähigt ihn, das Brot und das Wasser des Lebens zu finden, geradeso wie Gott den Sperling führt, daß er die Brosamen unter dem Schnee findet, und wie Er Hagar führte, daß sie den Wasserbrunnen fand. Auch wenn offensichtlicher Mangel herrscht und die Welt kaltherzig scheint, spendet die göttliche Liebe, Hoffnung erweckend und einen völligeren Genuß des Guten verheißend, dem Herzen Trost und erleuchtet es mit Mitgefühl und Frohsinn. Vielleicht sind es einige Worte der Ermutigung von einem Freunde oder aus einem christlich-wissenschaftlichen Vortrage oder aus einer der christlich-wissenschaftlichen Zeitschriften, die den benötigten Trost spenden. Auch wenn die Anfechtungen sich zu häufen und die Schwierigkeiten sich berghoch zu türmen scheinen und man weder ein noch aus weiß, führt die göttliche Liebe das aufrichtige Herz, läßt es das lebendige Brot finden und gibt ihm vom lebendigen Wasser zu trinken, zeigt ihm die benötigte Lösung der dringendsten Aufgabe. Christus Jesus sagte: „Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden”.
Viele, die Erfahrungen gemacht haben, in denen Mangel vorzuherrschen schien, haben durch die Christliche Wissenschaft gelernt, sich ganz auf Gott zu verlassen. Diejenigen, die auf dieser Grundlage in gewissem Maße erkennen gelernt haben, daß der Mensch geistig ist, daß der Mensch im Geiste lebt und vom Geiste unzertrennlich ist, haben etwas gewonnen, was „edler denn Perlen” ist. Sie haben das Geheimnis der Fürsorge der göttlichen Liebe verstehen gelernt, ein Geheimnis, das vor jedem, der Gott recht zu erkennen trachtet, offen daliegt. Mrs. Eddy schreibt im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 234) folgende hilfreichen Worte: „Alles, was Weisheit, Wahrheit oder Liebe einflößt—sei es nun Gesang, Predigt oder Wissenschaft—segnet die menschliche Familie mit Brosamen des Trostes von dem Tische Christi, speist die Hungrigen und gibt den Durstigen lebendiges Wasser”.
