Pleasant View” (angenehme Aussicht)! Wie oft hat der Verfasser dieser Betrachtung im Zusammenhang mit dem zu Concord in New Hampshire von Der Mutter-Kirche errichteten neuen Heim freudig über diese Wörter nachgedacht! Was für eine göttliche Eingebung es doch war, für diesen Hafen jenen Namen zu wählen, den unsere verehrte Führerin Mrs. Eddy liebte und ihrem Heim in den Bergen New Hampshires gab! Und wie bedeutungsvoll wird, da dieses eine Zufluchtstätte für die sogenannten Alten sein soll, der Name „Pleasant View”! Wenn es etwas gibt, was die Sterblichen durch alle Jahrhunderte hindurch nicht mit dem Gedanken an vorgerückte Jahre in Verbindung gebracht haben, so ist es eine „angenehme” Aussicht. Das Wort „Alter” ist eng mit Verfall, Nutzlosigkeit und Trübsinn verknüpft. Nun kommt die neue Sprache der Christlichen Wissenschaft, die freudig die alte Ordnung umkehrt und ankündigt, daß dieses neue Heim, das für die mit den Annahmen des Alters Kämpfenden sorgt, eine Stätte schöner Aussichten, ermutigenden Ausblicks und herrlichen Überwindens sein soll.
An einigen Orten haben manche Christliche Wissenschafter, die nicht sehr tief gedacht haben, Bedenken getragen und befürchtet, daß unsere geliebte Mutter-Kirche irre, wenn sie, wie sie sich ausdrückten, „das Alter anerkenne”. Scheint es nicht vielmehr, daß Die Mutter-Kirche bestrebt ist, den Sterblichen die allgemeine Furcht vor Verfall und Altersschwäche auf nützliche Art und Weise überwinden zu helfen? Sicher verkündigt das Heim Pleasant View den Christlichen Wissenschaftern nicht: Hier ist ein Altenheim, wo Hochbetagte und Gebrechliche aufgenommen werden und bis zu ihrem Hinscheiden bleiben können! Es ist viel wahrscheinlicher, daß man eher folgende erbarmungsvolle und wissenschaftliche Einladung hören wird: Du bist schon seit vielen Jahren ein getreuer Kämpfer und ein treues Mitglied Der Mutter-Kirche. Jetzt scheint es, als ob du einer helfenden Hand, einer Zufluchtstätte bedürfest. Auf Grund deiner Würdigkeit ladet deine Mutter-Kirche dich ein, in diesen lieblichen Hafen zu kommen und darin inmitten dieser frohen Umgebung und bei dieser „angenehmen Aussicht” den Beweis über Alter und über „den letzten Feind” zu erbringen! Dieses Heim wird dann das außergewöhnlichste „Altenheim” der Welt werden und zwar aus dem einfachen Grunde, weil es kein Heim für alte Leute ist. Es ist eine glückliche Zufluchtstätte für getreue Christliche Wissenschafter, die an dem leiden, was man „Alterskrankheit” nennen könnte. Jeder Gast des Heims wird dringend aufgefordert, an jener schönen Aussicht, jener freudigen Erwartung des ewigen Lebens, festzuhalten, die nicht in Nutzlosigkeit und Altersschwäche endet sondern die herrlichen Möglichkeiten verlängerter, tatenreicher Tage, erneuter Stärke und, wie es in dem wohlbekannten Liede so schön heißt, des „Sinnes des Lebens, das keinen Tod kennt”, entfaltet.
Gerade die Tatsache, daß eine solch vorbildliche Zufluchtstätte vorhanden ist, wird viel dazu beitragen, aus dem Herzen vieler Schüler eine schlummernde Furcht vor dem Gedanken an vorgerücktes Alter, an Hilflosigkeit und Mangel zu verbannen. Wahrlich, der wachsame und hingebungsvolle Vorstand unserer geliebten Mutter-Kirche sucht mit diesem herrlichen, vorwärts gerichteten Schritte diesen Löwen—die Furcht und das Grauen vor dem Alter—gerade in seiner Höhle auf. Von diesem Augenblicke an sollten die Christlichen Wissenschafter mit erneutem Mute und erneuter Begeisterung vorwärtsdrängen, um nicht nur Sünde und Krankheit sondern auch das Alter zu überwinden. Unsere große Führerin gab uns ein ermutigendes Beispiel. Obgleich sie in den sogenannten besten Jahren anscheinend eine Sterbende war, konnte sie ihrem damaligen Lebensalter 44 Jahre herrlichster Tätigkeit, die je einem Sterblichen beschert waren, hinzufügen. Viele ihrer wichtigsten Schriften schrieb sie, nach dem sie die Siebziger Jahre erreicht hatte. Mose hat sein Lebenswerk eigentlich erst recht begonnen, als er 80 Jahre alt war, und im herrlichen reifen Alter von 120 Jahren „waren seine Augen”, wie es im 5. Buch Mose heißt, „nicht dunkel geworden, und seine Kraft war nicht verfallen”.
Mrs. Eddy erklärt die Natürlichkeit solcher Erfahrungen, wenn sie in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 248) schreibt: „Männer und Frauen reiferer Jahre und größerer Aufgaben sollten zu Gesundheit und Unsterblichkeit heranreifen, anstatt in Dunkelheit und Trübsinn zu verfallen”, und wiederum (S. 246): „Daher laßt uns unsre Daseinsanschauungen zu Lieblichkeit, Frische und Fortdauer gestalten anstatt zu Alter und Verkümmerung”. Zweifellos liegt der Grund dafür, daß viele Wissenschafter in ihrem Kampfe mit dem Anspruch des unschönen und schwachen Alters keinen wirklichen Fortschritt machen, in der Tatsache, daß sie diesem schönen Gebot nicht gehorchen,—daß sie ihre „Daseinsanschauungen” nicht „zu Lieblichkeit, Frische und Fortdauer gestalten”. Mit nicht wenig Besorgnis betrachten sie sich oft im Spiegel, um das Herannahen der gefürchteten Alterserscheinungen zu beobachten; und wenn eines dieser Anzeichen erscheint—und was tun sie, um sein Erscheinen zu verhindern?—, sagen sie kummervoll: „Genau, wie ich’s erwartet habe!”
Gerade in diesem Punkte muß sich der christliche Kämpfer standhaft behaupten. Scheint der allgemeine Glaube an Schwächung mit den vorgerückten Jahren in seinen geistigen Bildwerfer ein Bild oder eine Platte mit der Darstellung unschönen Alters einzuschieben, so ist es sein Vorrecht und seine Pflicht, über dessen törichten Einwand zu lachen—ihn zu widerlegen—und mit Danksagung zu wissen, daß der Mensch immer die Widerspiegelung des Einen ist, der „ganz lieblich” ist. Was wäre doch das Ergebnis, wenn sich die Christlichen Wissenschafter jedesmal, wenn sie sich im Spiegel betrachten, schnell nach jenem Spiegel wendeten, den Mrs. Eddy die göttliche Wissenschaft (Wissenschaft und Gesundheit, S. 515) nennt, um darin das wirkliche Selbst, das Bild des erhabenen Lebens, zu sehen, das immer schön, frei, tätig und herrlich ist! Und wäre nicht wohl jedes folgende Jahr Zeuge der Kundwerdung größerer Stärke, Tätigkeit und Weisheit?
Eines der ersten vom Verfasser dieser Betrachtung beobachteten Beispiele christlich-wissenschaftlichen Heilens war der Fall eines ehrwürdigen alten Herrn, der im Alter von über 75 Jahren von einer sogenannten unheilbaren Krankheit geheilt wurde. Durch diese Heilung schien er zu neuen Kräften zu kommen. Der Verfasser sah ihn, als er 96 Jahre alt war. Seine Haare und sein Bart, die schneeweiß gewesen waren, begannen die Farbe, die sie in seinem 21. Jahre hatten, wiederanzunehmen!
Wahrlich, wer den Saum der herrlichen, erlösenden Botschaft der Christlichen Wissenschaft berührt, erkennt, daß dies eine überaus wunderbare Stunde ist, in der wir leben. „Viele Propheten und Gerechte haben begehrt zu sehen, was ihr seht, und haben’s nicht gesehen”, sagte der Meister, und seine Worte können auch auf diesen großen Augenblick der menschlichen Geschichte bezogen werden. Siegreich ziehen die Heerscharen Israels aus der ägyptischen Knechtschaft, aus der ererbten Beschränkung—Haß, Krankheit, Furcht, Armut, und zuletzt Alter und sogar Tod—aus. Unterwegs gibt es für jene Kämpfer, die der Ruhe, Erfrischung und liebevollen Hilfe bedürfen, Ruheund Zufluchtstätten. Diese sind überall in den christlich-wissenschaftlichen Kirchen und Lesezimmern und im Herzen und Hause hingebungsvoller Christlicher Wissenschafter zu finden. Auch besteht die Heilanstalt des christlich-wissenschaftlichen Wohltätigkeitsvereins, innerhalb dessen gastfreundlicher Mauern Hunderte Trost und Heilung finden. Nun haben wir noch eine Zufluchtstätte: das christlich-wissenschaftliche Heim Pleasant View, wo wir erwarten sollten, daß das Altersgespenst vertrieben wird.
Unsere Führerin hat in ihrer Botschaft an Die Mutter-Kirche für das Jahr 1901 (S. 28, 29) geschrieben: „Für gewöhnlich ist für Reformatoren, die eine schwere und erfolgreiche Laufbahn hinter sich haben, reichlich gesorgt. Ist den Christlichen Wissenschaftern je der Gedanke gekommen: Haben wir zu diesem Zweck einen Reformator aufgenommen, gespeist, gekleidet oder besucht? Haben wir uns um seine dringenden Bedürfnisse gekümmert oder sogar davon gewußt? Geschenke braucht er nicht. Gott hat die Mittel für ihn vorgesehen, während er andere mit Mitteln und Wegen versah. Die Sterblichen in den vorgerückten Jahren ihres Lebenslaufs bedürfen aber der wachsamen und zärtlichen Fürsorge derer, die ihnen helfen wollen”.
Was für eine Kundwerdung der zärtlichen Mutterliebe Gottes diese schönen Worte unserer göttlich erleuchteten Führerin doch enthalten! Was für ein Vorrecht es ist, Herz und Tasche für ein solch würdiges, christliches Unternehmen zu öffnen! Welche Freude es bereitet, in dieser großen Zeit des Namens eines getreuen, liebreichen Christlichen Wissenschafters würdig erfunden zu werden!
