Auf Seite 269 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” macht Mrs. Eddy eine Erklärung, die die Grundlagen wissenschaftlicher Betätigung darlegt und deren Aufgaben in das Gebiet des Denkens erhebt. Sie erklärt: „Die Metaphysik löst Dinge in Gedanken auf und tauscht die Dinge des Sinnes gegen die Ideen der Seele ein”. Die Erklärung erscheint unter der Randüberschrift: „Die göttliche Metaphysik”, eine Tatsache von großer Bedeutung. Metaphysik im gewöhnlichen Sinne gehört zu den Erscheinungen des sogenannten menschlichen Gemüts. Ehe Mrs. Eddy durch die Christliche Wissenschaft Gott als das unendliche Gemüt und das Weltall als aus geistigen Ideen bestehend offenbarte, hatte niemand das Wort „Metaphysik” auf die Begriffsklassen des göttlichen Gemüts angewandt.
Da die Zeit- und Sinnenwelt eine in gegenständliche Erscheinung getretene sterbliche Annahme ist, so ist ihr mutmaßlicher Ursprung oder innerlicher Zustand in den sinnlichen Annahmen dieses sterblichen oder fleischlichen Gemüts zu suchen. Es liegt also auf der Hand, daß sich die in Erscheinung tretende Kundwerdung entsprechend der Änderung der Annahmen ändert. Da ihr scheinbarer Ursprung ein so flüchtiger Begriff wie sterblicher Glaube ist, wie unbeständig ist doch die Welt der Sinnenwahrnehmung! Die menschliche Erfahrung an sich beweist das veränderliche und vergängliche Wesen der Begriffe des sterblichen Gemüts.
Der zweite Teil der oben angeführten Stelle bietet für alle unsere Aufgaben eine vollkommene Lösung. Das Eintauschen der Gegenstände des Sinnes gegen göttliche Ideen ist das wissenschaftliche Verfahren der Umwandlung des Bewußtseins von einer fleischlichen zu einer geistigen Grundlage, und in dem Maße, wie das Denken sich vergeistigt, ändert das, was es in gegenständliche Erscheinung treten läßt, sein Aussehen. Wie geschieht dies? Dadurch, daß man das Verständnis erlangt, daß das Weltall aus Gott und Seinen vollkommenen Ideen besteht, und die irrigen, sinnlichen Annahmen durch diese göttlichen Ideen ersetzt. Werden sinnliche Annahmen durch geistige Ideen ersetzt, so ändert sich das Denken von einer sinnlichen zu einer geistigen Grundlage.
Das Heilen durch die Christliche Wissenschaft ist eine bestimmte Folge dieses Vorgangs. Wie wichtig also das uns von unserer Führerin verordnete Verfahren des Auflösens jedes uns begegnenden Zustandes in Gedanken doch wird, d. h. des Auflösens der Dinge in ihre innerlichen Zustände, die Annahmen des sterblichen Gemüts, und dann das Ersetzen irriger Begriffe durch die geistige Wahrheit! Die an Stelle falscher Begriffe angenommene Wahrheit bringt aus scheinbarer Widerwärtigkeit Harmonie hervor. Dieser Vorgang erfordert bis zu einem gewissen Grade die Kenntnis des Irrtums, seiner Ansprüche und Vorwände. Daher wird da, wo Beweisführung beim Heilen der Kranken angewandt wird, Erfahrung im Zerstören irriger Annahmen durch das Nutzbarmachen der Christuskraft ein wichtiger Antrieb zum Erfolg. Hierüber erklärt sich Mrs. Eddy sehr bestimmt. Auf Seite 252 in Wissenschaft und Gesundheit schreibt sie: „Eine Kenntnis des Irrtums und seiner Machenschaften muß dem Verständnis der Wahrheit, welches Irrtum zerstört, vorausgehen, bis der ganze sterbliche, materielle Irrtum schließlich verschwindet”.
Kommt die Heilung durch Erkenntnis zustande, d. h. dadurch, daß das Bewußtsein mit dem Lichte der Wahrheit so vollständig erfüllt ist, daß keine Einflüsterung des Bösen eintritt, so ist zum Lösen der Aufgabe keine Kenntnis des Irrtums erforderlich. Für den Schüler aber, der die Notwendigkeit gebieterischen Leugnens der Irrtumsansprüche in ihren verschiedenen Erscheinungen fühlt, ist eine solche Kenntnis unentbehrlich. Wie weise unsere Führerin doch für den Schüler auf jeder Stufe seiner geistigen Entwicklung sorgt! Der Neuling in der metaphysischen Betätigung gewinnt durch die Anwendung seines Verständnisses, so gering es auch sei, Erfahrung, und für einen solchen trifft unsere Führerin ausreichende Vorsorge.
Beharrliches Forschen nach der Scheinursache von Krankheit in ihren verschiedenen Erscheinungen hat zuweilen zur Folge, daß der Forscher zu der Überzeugung kommt, daß sowohl die mutmaßliche Ursache als auch ihre mutmaßliche Wirkung wirklich sei. Hierin liegt eine Gefahr, die die strengste Wachsamkeit des Praktikers erfordert. Das Forschen muß in der vollen Erkenntnis geschehen, daß sowohl die mutmaßliche Ursache als auch ihre Wirkung ein Teil der sterblichen Erscheinung ist und mit der Wirklichkeit nicht die geringste Ähnlichkeit hat. Die in Gedanken aufgelösten Dinge sind nur Erzeugnisse einer falschen Auffassung des Gemüts und seines Ausdrucks und stehen daher in keinerlei Beziehung zur Wirklichkeit, den Ideen des göttlichen Gemüts. Mrs. Eddy erklärt bestimmt, daß, da das Gemüt, Gott, die Quelle aller Wirklichkeit ist, die Materie ohne das göttliche Gemüt, selbst als Möglichkeit, nicht erscheinen würde. Ohne Wirklichkeit, das Echte, könnte es keine Nachahmung, nichts Unechtes, geben. Unser Beweis löst sich also immer in eine Erkenntnis des Wirklichen, der Allmacht und Allgegenwart Gottes, auf.
In „Miscellaneous Writings” (S. 60) wird uns versichert, daß „jede Schöpfung oder Idee des Geistes ihre Nachahmung in irgend einer Materieannahme hat”. Unsere Arbeit besteht also darin, daß wir die Nachahmung als solche erkennen, daß wir ihr nicht die geringste Wirklichkeit beimessen, vielmehr ihre Nichtigkeit erkennen. Die in Gedanken aufgelösten Dinge sind ganz und gar Dinge des fleischlichen Sinnes und müssen als solche erkannt werden. Ihre Auflösung in ihren innerlichen Zustand, die sinnliche Annahme, verleiht ihnen nicht die geringste Wirklichkeit. Dieser Vorgang wird ausgeführt, weil die Sterblichen beanspruchen, die Vorrechte des göttlichen Gemüts nachzuahmen. Der christliche Metaphysiker gibt sich nie mit der Sinnenwelt ab, unternimmt es nie, an einem sogenannten körperlichen Leib herumzudoktern. Durch die Kraft des Geistes zerstört er die irrigen Annahmen, die einen Zustand, Krankheit genannt, oder irgend ein anderes Urbild der Widerwärtigkeit hervorzubringen scheinen, und durch dieselbe Kraft ersetzt er die Sinnesgegenstände durch die geistigen Ideen, den Sprößling der Seele. Indem er die Erklärung des Paulus an die Christen zu Korinth in ihrem wahren Werte annimmt, behandelt er die sterblichen Annahmen in der vollen Erkenntnis, daß das, „was sichtbar ist, zeitlich ist; was aber unsichtbar ist, das ist ewig”. Beim Heilen von Krankheit durch diesen metaphysischen Vorgang beweisen die Christlichen Wissenschafter die vollkommene Anwendbarkeit der Schlußfolgerung unserer Führerin, als sie die Notwendigkeit des Auflösens der Dinge in Gedanken und das Ersetzen dieser falschen Begriffe durch die vollkommenen Ideen des göttlichen Gemüts darlegte.
