Die „erklärende Bemerkung”, die der erste Leser in christlich-wissenschaftlichen Kirchen jeden Sonntag vom Pulte aus vorliest, enthält die Erklärung: „Die Bibel und das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft sind unsere einzigen Prediger” (Christlich-wissenschaftliches Vierteljahrsheft, S. 3). Die Verfasserin dieser Betrachtung, deren Aufgabe es ist, sich täglich kleinen Kindern zu widmen, hat oft andächtig darüber nachgedacht, wie man die Kenntnis der in der Bibel enthaltenen und durch unser Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy erleuchteten Wahrheit den Kindern am besten übermitteln könne. Mrs. Eddy, die wohl als die größte Erzieherin unserer Zeit gilt, wies den Weg in den Bestimmungen über das Lehren in der Sonntagsschule (Kirchenhandbuch, S. 62, 63) und wiederum in dem gewichtigen Satze: „Geistiges Lehren muß immer durch Symbole [Sinnbilder] geschehen” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 575). Einen tiefen Eindruck auf uns machen die Gleichnisse und Veranschaulichungen, deren sich Christus Jesus, der größte Lehrer aller Zeiten, bediente, so oft er das Volk lehrte, das ihm nachfolgte. Die Erzählung diente ihm dazu, die Menschen zu der Erkenntnis ihrer geistigen Erbschaft zu erwecken, und die Heilungen, die diese Art der Veranschaulichung zur Folge hatte, waren ein Beweis dafür, daß dieses Verfahren richtig war.
Wir, die wir Eltern, Vormunde oder Lehrer sind, müssen, wenn unsere Kinder an Weisheit und Verständnis zunehmen sollen, jeder Ermahnung der Mrs. Eddy aufmerksamste Beachtung schenken. Die Bestimmungen im Handbuch über das Lehren der zehn Gebote, der Seligpreisungen und des Gebets des Herrn in der Sonntagsschule, die sich auf den einleitenden Satz: „Die Kinder in der Sonntagsschule sollen in der Schrift unterwiesen werden” (Handbuch, S. 62) stützen, befriedigen das Bedürfnis der Kinder vollständig. Freudig können wir daher sowohl zu Hause als auch in der Sonntagsschule beweisen, daß wir jedes Gebot in diesen Abschnitten befolgen.
Beachten wir den Reichtum der Bibel an Veranschaulichungen, die geeignet sind, den Kindern die Wahrheit in der ihrem Verständnis am besten angepaßten Form zu übermitteln! Die Bibel ist ein herrlicher Bericht über das Wachstum eines Volkes im Verständnis Gottes, und in Verbindung mit ihrer geistigen Auslegung ist sie unseren Kleinen eine vollständige Führerin auf ihrer Reise aus der Wüste des weltlichen Sinnes zum gelobten Lande des Geistes. Die Geschichten im Alten Testament werfen ein Licht auf die zehn Gebote, und nur die Kenntnis sowohl des Alten als auch des Neuen Testaments befähigt uns, die Seligpreisungen und das Gebet des Herrn zu verstehen. Laßt uns bestrebt sein, unsere Kinder mit einem vollständigen Hintergrund der biblischen Geschichten auszurüsten, damit sie das volle Blühen des Lebens Christi Jesu, des Wegweisers, wahrnehmen können!
Die Kinder lieben und begreifen leicht die Beständigkeit des in der Bibel entfalteten geistigen Zwecks. Sie ihnen so darbieten, daß wir ihnen Gewohnheiten ordentlichen, folgerichtigen Denkens einprägen, ist wahre Erziehung. Folgendes Beispiel diene zur Veranschaulichung. Ein Kind, das christlich-wissenschaftlich erzogen wurde, verbannte sofort einen Zweifel an Gottes unwandelbarer Liebe, der sich auf den Gesichtern seiner Mitschüler beim ersten Lesen des Satzes zeigte: „Gott, der da heimsucht der Väter Missetat an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied”, indem es glückstrahlend sagte: „Wisset ihr aber nicht, daß es im Neuen Testament heißt:, Fürchte dich nicht, du kleine Herde! denn es ist eures Vaters Wohlgefallen, euch das Reich zu geben‘”? So schnell überbrückte der durch die Kenntnis der ganzen Bibelbotschaft gestärkte Kindesgedanke einen scheinbaren Widerspruch in diesen beiden Sätzen.
Wir Erwachsenen, die wir die Bibel von Jugend auf kennen, sind zuweilen geneigt, zu vergessen, daß die Kinder im allgemeinen weder die biblische Unterlage haben, die die Familie von früher bereitete, noch eine solche von der Durchschnittsschule, die ihnen unsere leblosen Erklärungen erleuchten oder anziehend machen könnte. Und doch ist eine Kenntnis der Bibel eine Vorbedingung für ein verständiges Sichbefassen mit der wöchentlichen Lektionspredigt. Jeder Christliche Wissenschafter setzt eine solche Kenntnis voraus. Die Neulinge in unseren Reihen bezeugen oft nach ihrer Heilung ihre erneuerte Liebe zur Bibel und ihr planmäßiges Eindringen darein. Haben wir daher nicht das Recht zu erwarten, daß unsere Kinder an ihr eine gute Grundlage haben, wenn die Zeit gekommen ist, wo sie sich mit der Lektionspredigt beschäftigen? Die Verfasserin dieser Betrachtung erinnert sich gut der Freude einer kleinen Schar in der Sonntagsschule, als eines Sonntags beim abwechselnden Lesen Stellen gelesen wurden, die einem mit der Bibel nicht Vertrauten wenig bedeutet hätten, weil sie sagten: „Erinnern Sie sich nicht, daß Sie uns vor einigen Wochen davon erzählten?” Ihre Vertrautheit mit der Bibel ermöglichte es ihnen, zu verstehen, warum diese Stellen gerade für diese Lektion gewählt wurden.
So umfangreich wird die Heilige Schrift durch unsere Lektionspredigten behandelt, auf so viele biblische Geschichten wird Bezug genommen, um die geistige Bedeutung der Lektionen ans Licht zu bringen,— Geschichten, deren Aufklärung im Denken des Kindes Monate sorgfältigen Lehrens erfordern würde,— daß es nur recht und billig scheint, daß der Lehrer der älteren Schüler in unserer Sonntagsschule in seiner Arbeit nicht durch Mangel an sorgfältigem vorbereitendem Unterricht gehindert sein sollte. Man sollte mit einem älteren Kinde nicht die Erfahrung machen müssen, daß es nicht sicher ist, ob Jesus oder Mose zeitlich zuerst kommt, oder welcher von ihnen die zehn Gebote und welcher die Seligpreisungen gab. Die durch ein solches Zugeständnis eröffnete Aussicht ungenauen, unwissenschaftlichen Denkens macht uns aufs neue dankbar für den weisen Rat unserer Führerin, unseren Kindern die Heilige Schrift zu lehren.
Es ist wesentlich, zu erkennen, daß Auswendiglernen nie das Verstehen ersetzen kann. Man könnte die ganze Bibel und das ganze Lehrbuch Wissenschaft und Gesundheit auswendig lernen und dennoch nicht fähig sein, einen einzigen Fall zu heilen. Geistige Dinge müssen jeistig erkannt werden. Daher ist bloßes Auswendiglernenlassen der zehn Gebote durch die Kinder kein Lehren dieser Gebote, bloßes Auswendiglernenlassen der Seligpreisungen kein Lehren der Seligpreisungen. Aber ihr Denken so erleuchten, daß sie wissen, wie sie zustande kamen, warum wir und alle Völker sie brauchen und ihnen gehorchen müssen — das heißt sie lehren, damit später das Auswendiglernen der Wörter ein glückliches Vorrecht werde.
Auf die Notwendigkeit, den Beweggrund des Offenbarers zu begreifen, wenn wir seine Botschaft wirklich verstehen wollen, hat Mrs. Eddy auf Seite 560 in Wissenschaft und Gesundheit hingewiesen. Um die Gebote so zu verstehen, muß man sowohl den Lebenszweck Mose’s als auch die geistigen Bedürfnisse der Kinder Israel begreifen. Mose’s großes Verlangen, seinem Volk zu dienen und seine zunehmende geistige Einsicht und sein daraus folgendes Vertrauen auf Gott als die Quelle der Befriedigung jedes Bedürfnisses führten zu seinem größten Beweis, dem Verständnis Gottes als Gesetzgeber, das die zehn Gebote zur Kenntnis der Menschen zur Folge hatte. So finden wir, daß wir das Kind Schritt für Schritt durch jene in den fünf Büchern Mose dargestellten Wachstumszeiten im Leben der Kinder Israel hindurchführen, bis auch es erkennt, daß Gott der große Gesetzgeber des Menschen ist. Auch kann das Kind auf keine bessere als die in der Bibel gezeigte Art und Weise gelehrt werden. Wir finden, wie Jesus auf dem Wege nach Emmaus ähnlich verfuhr: „Und fing an von Mose und allen Propheten und legte ihnen alle Schriften aus, die von ihm gesagt waren”.
Während wir weiter eindringen, lernen wir die große Lehre vom Gehorsam gegen das Gesetz und die Strafen, die dem Ungehorsam folgen, verstehen. Denn unsere Kinder nehmen sehr leicht wahr, wie das Volk erfolgreich und glücklich war, wenn die Israeliten zuhörten und gehorchten, und wie es mit dem Volke abwärts ging, wenn sie nicht mehr gehorchten oder zuhörten, bis das Unheil der Gefangenschaft kam. Sie begreifen, wie dieser geistige Mangel durch die Propheten — die geistigen Seher —überwunden wurde, die hervortraten, um den Israeliten zu zeigen, daß der Erlöser kommen werde, um ihnen in ihrer Trübsal zu helfen. Und wenn sie sich in wahrer Reue an Gott wandten, wurde ihnen Seine Güte geoffenbart. Es wurde ihnen erlaubt, die Mauern Jerusalems wiederaufzubauen und das tägliche Lesen des Gesetzes wiederaufzunehmen. Dann kam mit den Propheten als Wegweisern die lange Zeit des Wachens und Wartens auf mehr Licht, bis Jesus der Christus hervorkam, als die Zeit erfüllt war.
Sich mit dem Gebet des Herrn und mit den Seligpreisungen befassen, bringt eine reiche Ernte, wenn man jene Einsicht gewinnt, die denen zuteil wird, die in der Heiligen Schrift forschen. Die Kenntnis des Lebens Christi Jesu und seiner Apostel und Jünger, der ersten Beweisführer der Christlichen Wissenschaft, sollte das unschätzbare Besitztum unserer Kinder sein. Die Versuchungen des heutigen Lebens und der heutigen Zustände, mit denen sie sich abfinden müssen, sind schon in der Bibel vorgekommen und überwunden worden. Es gibt keine bessere Ausrüstung, die wir ihnen anziehen, kein schärferes Schwert, womit wir sie bewaffnen könnten, als die Kenntnis der Bibel, wie sie unser Lehrbuch geistig auslegt. Jesus wurde in seiner Wüste befähigt, jeder Versuchung des Bösen durch sein wissenschaftliches Verständnis der Heiligen Schrift entgegenzutreten und sie zu überwinden. Mögen auch wir unsere Kinder mit „einer solchen Wolke von Zeugen” umgeben, daß sie „ablegen die Sünde, so [sie] immer anklebt und träge macht”, und daß sie „laufen durch Geduld in dem Kampf, der [ihnen] verordnet ist”.
