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Das Tier abschütteln

Aus der Mai 1928-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Nach dem denkwürdigen Schiffbruch, den Paulus auf seiner Reise nach Rom erlitt, nahmen ihn die Bewohner der Insel Melite freundlich auf und „zündeten ein Feuer an ... um des Regens ... und um der Kälte willen. Da aber Paulus einen Haufen Reiser zusammenraffte, und legte sie aufs Feuer, kam eine Otter von der Hitze hervor und fuhr Paulus an seine Hand... Er aber schlenkerte das Tier ins Feuer” und zeigte sich um seine Geborgenheit nicht besorgt. Die Zuschauer erwarteten, daß „er schwellen würde oder tot niederfallen. Da sie aber lange warteten und sahen, daß ihm nichts Ungeheures widerfuhr, wurden sie anderes Sinnes und sprachen, er wäre ein Gott”.

Paulus verfuhr mit dem Irrtum in der Weise, daß er das Tier abschüttelte. Dies bedeutete mehr als nur eine körperliche Handlung. Erklärungen und Berichte in der Bibel haben oft eine über die buchstäbliche Tatsache hinausgehende übersinnliche Bedeutung. Es ist bedeutungslos, daß der Irrtum „Otter” genannt wurde; er hätte ebenso gut „Haß” oder „Mord” heißen können. Paulus, der praktische Christ, hatte das, was er „den Harnisch Gottes” nannte, angezogen, und er trat dem Irrtum mit der wirksamen Anwendung geistiger Waffen entgegen.

Es ist beachtenswert, daß die Otter Paulus angriff, als er gute und nützliche Arbeit verrichtete. Er war soeben aus einer furchterregenden Erfahrung durch Kälte und Obdachlosigkeit, Hunger und Schiffbruch unversehrt hervorgegangen, einer Erfahrung, die seine Gefährten mit Verzweiflung erfüllte, da sie nicht von dem Vertrauen beseelt waren, das den Apostel stützte. Als alle um ihn her in Not geraten waren, schritt dieser Mann der Tat mutig vorwärts und meisterte die Lage dadurch, daß er einer anwendbaren gesunden Vernunft gemäß handelte. In diesem Augenblick des Erfolges griff der Irrtum ihn an. Die Zeitgenossen des Paulus scheinen den Menschen unserer Zeit sehr ähnlich gewesen zu sein; denn sie erwarteten, daß er „tot niederfalle”. Da er dem Irrtum nicht erlag, sondern Macht über ihn bewies, indem er ohne schlimme Folgen das Tier abschüttelte, hielten sie ihn, nachdem „sie ... lange” gewartet hatten, „und sahen, daß ihm nichts Ungeheures widerfuhr”, für „einen Gott”.

Paulus befreite sich nicht nur von einem giftigen Feinde sondern erteilte auch eine Lehre des göttlichen Schutzes. Wir wissen aus der Wörtersammlung unseres Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 586) von Mary Baker Eddy, daß „Feuer” Zerstörung bedeutet. Im gleichen Zusammenhang ist „Feuer” aber auch durch „Betrübnis, die den Menschen läutert und hebt”, erklärt; es bringt uns also auf den Gedanken des Beweises. Wiederum ist es bedeutungslos, wie das Tier oder der Irrtum heiße. Nennen wir ihn, wie wir wollen, oder beschreiben wir ihn mit irgend einem Krankheitsanzeichen, es bleibt immer die Gelegenheit, den rechten Beweis der Nichtigkeit der Annahme zu erbringen.

Es ist beachtenswert, daß diejenigen, die sahen, wie Paulus den Irrtum behandelte, eine Kraft oder Fähigkeit wahrnahmen, die sie nicht hatten und nicht verstanden. Diese Wahrnehmung der heilenden Kraft bleibt denen nicht vorenthalten, die der Christlichen Wissenschaft mit dem edelmütigen Verlangen nähertreten, das Gute jeder Art wertzuschätzen und zu erlangen; aber kein Geheimnis liegt dem christlich-wissenschaftlichen Heilverfahren zugrunde. Jesus erklärte, daß diejenigen, die an ihn glauben, die Werke auch tun werden, die er tat. Er sandte seine Jünger mit dem bestimmten Gebot aus, die Kranken zu heilen. Damit diese Kraft nicht als eine solche angesehen werde, die nur zu seiner Zeit und für seine unmittelbaren Nachfolger anwendbar sei, erwähnte er ausdrücklich die Zeichen, die folgen sollten, und durch die die göttliche Berechtigung behauptet werden sollte.

Dieses Werk der Wiedergeburt kann in einem Augenblick vollbracht werden oder lange und ernste Anstrengung erfordern. Unsere Führerin spricht von der sofortigen Überwindung einer Schwierigkeit, „wenn Geist oder die Macht der göttlichen Liebe für die Wahrheit zeugt” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 411). Aber auf Seite 495 unseres Lehrbuchs ermahnt sie uns: „Studiere den Buchstaben gründlich, und nimm den Geist in dich auf”, wenn wir in dem guten Werk fortschreiten wollen. In jedem Fall erfordert die Heiltätigkeit die Geeignetheit zu heilen. Diese durch Verständnis und Erfahrung gewonnene Fähigkeit, die Wahrheit anzuwenden, ist das Ergebnis geistigen Wachstums und die Pflege des geistigen Sinnes.

Heilungen durch die Christliche Wissenschaft sollten nicht für übernatürlich oder außergewöhnlich gehalten werden: sie sind göttlich berechtigt und sind daher zu erwarten. Das Wunder ist, daß wir nicht mehr Heilungen vollbringen. Auf die Frage, warum denn nicht mehr von den Heilungen augenblicklich erfolgen, könnte man antworten: Um unseres Unglaubens willen, wie Jesus seinen Jüngern antwortete, nachdem sie den mondsüchtigen Knaben nicht hatten heilen können. Ohne Vorbehalt bekräftigte unser Heiland: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt”. Es ist in der Tat nicht notwendig, noch mehr Beispiele davon anzuführen, daß unser Meister darauf bestand, daß Glaube und Verständnis für die Heilarbeit erforderlich seien. Sein ganzes Wirken betonte die Notwendigkeit des Glaubens an Gott und des Sichverlassens auf Seine Güte gegen die Menschen, d.h. des Glaubens, der sich in Vertrauen verwandelt hat, das durch Verständnis wirksam gemacht wurde. Dieses Vertrauen kommt darin zum Ausdruck, was Jakobus das „wirksame, inbrünstige Gebet” (engl. Bibel) nannte, das die Kranken heilt. Glücklicherweise herrscht sogar in der öffentlichen Meinung nicht mehr viel Zweifel über die Wirksamkeit der Gemütsbehandlung, wie die Christliche Wissenschaft sie erklärt, obgleich die öffentliche Meinung das ungeteilte Gewand zum Nachteil der Kranken noch nicht angenommen hat.

Die Schüler des Christentums wissen, daß die ersten Nachfolger unseres Meisters das christliche Heilen etwa 300 Jahre lang lehrten und ausübten. Auch ist es in Erinnerung, daß die Kirche unter der Verfolgung von Unwissenheit und Aberglauben litt und dennoch gedieh. Mit Prunk und Stolz auf den Thron erhoben, von Gedeihen übersättigt und durch Volksgunst geschwächt, verlor sie dann allmählich jene ersten Tugenden, worin das köstliche Vorrecht dieses Wirkens bestand. Im Jahre 1866 entdeckte unsere Führerin von neuem diese verlorene Kunst christlichen Heilens und machte sie hier und jetzt verfügbar, indem sie Furcht austreibt und Unglauben abschüttelt. Die Christliche Wissenschaft wird mit Recht christlich genannt, und sie ist wahrhaft wissenschaftlich; denn sie ist auf das Verständnis der Wirklichkeit und Wahrheit des Seins gegründet, und sie ist beweisbar. In diesem Heilen erreichen wir „die Wesenheit der Dinge, die wir erhoffen” (engl. Bibel); aber wir erlangen sie erst, wenn wir das Tier abschütteln.


Lasset uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten ohne Aufhören. Als wir denn nun Zeit haben, so lasset uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.— Galater 6:9, 10.

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