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Verlangen

Aus der Mai 1928-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Auf Seite 1 des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy lesen wir die Erklärung: „Verlangen ist Gebet”. In unserer menschlichen Erfahrung entdecken wir, daß unser sehnlichstes Verlangen so beständig unerfüllt bleibt, daß wir wohl fragen möchten, was denn das Verlangen sei, das wirksames Gebet ist, das Gebet, wovon Jesus sagte: „Bittet, so wird euch gegeben”— nicht: Bittet, so wird euch vielleicht gegeben, sondern: Bittet mit vollem Vertrauen,—„Bittet, so wird euch gegeben”.

Die Wünsche der Menschen sind zahlreich und mannigfaltig. Das Verlangen, worin der Kranke vollständig aufgeht, ist gewöhnlich Verlangen nach Gesundheit und Kraft. Einem andern, der im Kampf ums menschliche Dasein mit Überlegenheiten ringt, kann Reichtum oder Erfolg das Wünschenswerteste scheinen. Wieder ein anderer sehnt sich nach Freundschaft und Liebe. Wie die Denker aller Zeiten erkannten, reichen leibliche Gesundheit, weltlicher Reichtum und Erfolg nicht an das höchste Gute heran und können weder Glück noch Frieden bringen. Wir mögen uns sogar der Liebe von Freunden und Verwandten erfreuen und dennoch durch die Wechselfälle des menschlichen Lebens gezwungen sein, getrennt von ihnen zu leben. So bildet sich in der menschlichen Erfahrung jeder einzelne seine Begriffe von dem, was wünschenswert ist, und seinem Glauben entsprechend betet er um diese Dinge und trachtet danach.

Wie sollen wir nun unter allen diesen Wünschen das entdecken, was das Wesen wahren Gebets ist, und was seine Erhörung in sich trägt, wie es aus den Worten des Propheten hervorgeht: „Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören”? In der Fortsetzung der am Anfang angeführten Worte geht Mrs. Eddy der Sache auf den Grund. Sie sagt: „Kein Verlust kann uns daraus erwachsen, daß wir Gott unsre Wünsche anheimstellen, damit sie gemodelt und geläutert werden möchten, ehe sie in Worten und Taten Gestalt annehmen”. Hierin liegt das Geheimnis; denn selbst die besten und erhabensten menschlichen Wünsche müssen „gemodelt und geläutert”, mit andern Worten, vergeistigt werden, ehe sie der Erfüllung würdig werden.

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