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Die gebeugten Kniee

Aus der Juli 1928-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


„Ich schwöre bei mir selbst, und ein Wort der Gerechtigkeit geht aus meinem Munde, dabei soll es bleiben: Mir sollen sich alle Kniee beugen und alle Zungen schwören”. Mit diesen Worten stellt Jesaja die Rede Gottes dar, und die ganze Bibel hebt diese Erklärung mit Nachdruck hervor.

Vom 1. Buch Mose bis zur Offenbarung des Johannes ist vielleicht keine Tatsache klarer dargelegt als die Unumgänglichkeit der Forderung, daß sich schließlich alle Menschen Gott beugen müssen, daß schließlich alle Ihn als den Unendlichen, das All, anerkennen müssen. In der Tat finden wir immer wieder darin, daß Gott auf Seiner eigenen Vollständigkeit besteht, wie z.B.— wiederum in Jesaja —: „Wendet euch zu mir, so werdet ihr selig, aller Welt Enden; denn ich bin Gott, und keiner mehr”.

Durch alle Zeiten hindurch hat die Gottesgelehrtheit gelehrt, daß Gott als die eine allerhabene, unendliche Kraft anerkannt werden muß, und daß alle Menschen werden einmal lernen müssen, Ihm jene vollkommene Willfährigkeit zu erweisen, die Ihm als dem Allmächtigen zukommt. Während Propheten und Apostel, Heilige und sogar Sünder diese Forderung anerkannt haben, hat es hinsichtlich der Art und Weise, ihr gerecht zu werden, genau so viele verschiedene Ansichten gegeben, wie es Menschen gegeben hat, die es sich angelegen sein ließen, der Forderung nachzukommen. Alle haben auf verschiedenen Mitteln und Wegen bestanden, und vielleicht am allgemeinsten pflegten sie den Brauch des Beugens der Kniee.

Für die menschliche Auffassung der Dinge liegt schon in dem Gedanken an das Beugen der Kniee das Zugeben, daß man demütig sein möchte. Im allgemeinen versteht man darunter das Bemühen, Ergebenheit und Pflichttreue, Achtung und Verehrung auszudrücken, besonders wenn es mit dem Gedanken an Gott in Verbindung gebracht wird. Wie alle anderen äußeren Formen ist es oft mißbraucht worden — oft sogar auf heuchlerische Art —, und deshalb ist es zuweilen mit Mißtrauen und Zweifel betrachtet worden. Daß die Führerin der christlich-wissenschaftlichen Bewegung es für angebracht hielt, es mit den Kommunionsgottesdiensten der christlich-wissenschaftlichen Kirche zu verbinden, beweist gewiß, daß es heutzutage zum rechten Anbeten Gottes paßt, und es ist unsere Pflicht, seinen Zweck so zu verstehen, daß sein Gebrauch allen Besuchern christlich-wissenschaftlicher Gottesdienste den von Mrs. Eddy beabsichtigten Segen bringt.

Der Christliche Wissenschafter betrachtet alles in der Hauptsache vom Standpunkte der seelischen Art der Dinge aus, und die gebeugten Kniee sind in jeder Hinsicht genau so seelisch wie alles andere. Demut ist nun kein natürlicher Zug des menschlichen Bewußtseins. Ja, schon die Anmaßung des vermeintlichen Glaubens an ein körperliches Dasein enthüllt sofort einen Sinn des Widerstandes gegen alles, was auch immer ein Zugeben der Notwendigkeit der Willfährigkeit in irgend welcher Hinsicht fordert. Das sogenannte sterbliche Gemüt stellt die Notwendigkeit, sich vor etwas oder jemand zu beugen, immer in Frage; dagegen ist es stets ganz bereit, für seine eigene Würde einzutreten, die, wie es geltend macht, nie aufgefordert werden sollte, sich zu beugen, selbst nicht vor Gott. Es geht sogar so weit, daß es sagt: Gott schuf mich, also war es nie beabsichtigt, daß ich mich durch Beugen der Kniee demütige.

Den Christlichen Wissenschaftern scheint ein solcher Einwand geradezu falsch, und es gibt wenige, wenn überhaupt welche, unter ihnen, die zugeben würden, es sei nicht ihr tiefstes Verlangen, sich jeder Forderung Gottes in tiefster Demut zu fügen. Könnte sich dennoch nicht jeder von uns mit Recht fragen, bis zu welchem Grade er schon gelernt habe, zu allen Zeiten und unter allen Umständen vor dem herrlichen Gott, dem Geber alles Guten, der allein der Ehre und des Ruhmes würdig ist, die Kniee zu beugen?

Wenn wir innehalten, um uns zu vergegenwärtigen, daß jeder vermeintliche Anspruch körperlicher Selbstheit eine selbstsüchtige, schändliche Leugnung der Allmacht und Allgegenwart Gottes ist, daß jeder Glaube an Körperlichkeit ein Glaube an eine andere Kraft und Gegenwart als die göttliche ist, fangen wir an, uns zu fragen, ob wir je auch nur für einen Augenblick die Notwendigkeit, im Bewußtsein vor unserem guten Gott die Kniee zu beugen, aus den Augen verlieren dürfen. Ja, es besteht keine Frage, daß es die Pflicht der Sterblichen ist, stets jenen wahren Sinn von Demut aufrecht zu erhalten, der nicht nur bereit sondern auch eifrig bestrebt ist, sich von der Betrachtung des Körperlichen als wirklich zu der herrlichen Wahrheit zu wenden, die den Geist als die einzige Kraft und Gegenwart, als das allein Wirkliche und Wahre, zugibt. Und schließt ein solcher Brauch wie dieser nicht heutzutage den seelischen Sinn der in demütiger Verehrung vor Gott gebeugten Kniee stillschweigend in sich?

Dieses Beugen der Kniee vor Gott ist nun ein großes und heiliges Vorrecht; denn nur durch diese Gedankentätigkeit können wir je zu jener Gedankenbeschaffenheit gelangen, die des Menschen Einheit mit dem Guten verstehen und beweisen kann. Nur so werden wir jene göttliche Demut je verstehen und ausdrücken können, die nie etwas von Gott Getrenntes beansprucht, sondern so bereitwillig alles, was nicht von Ihm ist, zurückweist und darauf verzichtet, mögen es die körperlichen Sinne auch für noch so wünschenswert oder verwerflich halten, daß gerade die Erscheinungen Gottes zum Vorschein kommen und die falschen Erscheinungen des Körperlichen verdrängen.

Unsere geliebte Führerin hat viel über Demut zu sagen und viel über die Notwendigkeit, daß sie immer gehegt werde. Auf Seite 356 in „Miscellaneous Writings” schreibt sie: „Diese Tugend gewinnt den Sieg über das Fleisch; sie ist der Genius der Christlichen Wissenschaft. Man kann nicht emporrücken, solange man sich nicht in der eigenen Achtung erniedrigt hat”. Dürfte dies nicht ein Hinweis darauf sein, daß jedem menschlichen Glauben seine eigene Falschheit gezeigt werden muß, damit er dadurch die Kniee vor der Wahrheit des Seins beuge?

Was für ein wunderbares Vorrecht durch die Lehre der Christlichen Wissenschaft allen Sterblichen ohne Unterschied doch eingeräumt ist — das Vorrecht, den großen Vorteil des Beugens der Kniee vor Gott im eigenen Denken und Leben zu beweisen! Dann werden sie sich beständig zu einer volleren, weiteren und schneller tätigen Fähigkeit erheben können, jeden anmaßenden Anspruch des Bösen zu verbannen, sobald er auftritt, um unvermeidlich zerstört zu werden. Wenn wir in dieser Haltung siegreicher Demut unseren Kommunionsgottesdiensten nähertreten, wird das äußere Sinnbild der gebeugten Kniee eine größere Bedeutung annehmen. Unter seinen vielen Schönheiten wird es für uns bedeuten, daß die Christliche Wissenschaft den Tag beschleunigt, wo sich alle Kniee vor unserem mächtigen Gott beugen werden; denn jeder Glaube an das Böse muß dadurch jeden seiner Ansprüche der Allgegenwart unseres unendlichen, zärtlichen, allmächtigen, allherrlichen guten Gottes opfern.

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