Bei der Schlußfeier einer großen Universität sagte ein wohlbekannter Erzieher in seiner Ansprache an die mit ihren Freunden anwesenden Beförderten: „Wir dürfen das Leben nicht fürchten, wir müssen es lieben”. Als die Verfasserin dieser Betrachtung diese Worte hörte, quoll aus der Liebe zu dem Leben, dem Frieden und der wahren Freude, die die Christliche Wissenschaft gebracht hatte, ein Gefühl tiefer Dankbarkeit für diese Wissenschaft in ihr auf. Einen Augenblick lang erwachte in ihr die Erinnerung an vergangene Jahre mit ihren Befürchtungen, ihrem Kummer und ihrer Verzweiflung, gerade lang genug, um die große Wandlung zu erkennen, die diese Christuswissenschaft bewirkt hatte. Und dann kam ihr der Gedanke: Wie viele Menschen wissen, was das Leben wirklich ist, und warum sollten sie es nicht fürchten sondern lieben? Wiederum überkam sie ein Gefühl tiefer Dankbarkeit für die christlich-wissenschaftliche Lehre, daß das Leben Gott, das Gute, ist — allumfassend, überall immer gegenwärtig, dadurch alle Möglichkeit des Bösen oder der Furcht ausschließend.
Im 34. Psalm lesen wir: „Wer ist, der Leben begehrt und gerne gute Tage hätte? Behüte deine Zunge vor Bösem und deine Lippen, daß sie nicht Trug reden”. Und doch, wie beharrlich scheinen die Menschen gerade das Gegenteil zu tun, weil sie nicht wissen, was das Gute wirklich ist. Hier also, in der Bibel, unserem Lebensführer, werden wir gelehrt, wie wir das Gute vollbringen — die Furcht vor dem Leben vernichten und die Liebe zu dem Leben erlangen — können: „Behüte deine Zunge vor Bösem und deine Lippen, daß sie nicht Trug reden”. Um Böses zu äußern, muß man zuerst an das Böse glauben; daher bedeutet sich hüten. Böses zu reden, soviel wie sich hüten, daran zu glauben. Und da der Mensch der Ausdruck der göttlichen Intelligenz ist und immer die Tätigkeit des göttlichen Gemüts widerspiegelt, muß er die guten Gedanken, die göttlichen Gedanken, die von diesem Gemüt ausgehen, beständig widerspiegeln.
Auf Seite 210 in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany” schreibt Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft: „Geliebte Christliche Wissenschafter, haltet euer Gemüt so mit der Wahrheit und der Liebe erfüllt, daß Sünde, Krankheit und Tod nicht eindringen können. Es ist klar, daß einem Gemüt, das schon voll ist, nichts hinzugefügt werden kann. Ein mit Güte erfülltes Gemüt hat keine Tür, durch die das Böse eindringen, und keinen Raum, den es ausfüllen könnte. Gute Gedanken sind eine undurchdringliche Schutzwehr. Seid ihr damit ausgerüstet, so seid ihr gegen die Angriffe des Irrtums jeder Art vollständig geschützt”. Und auf Seite 587 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” erklärt sie „das Gute” als „Gott; Geist; Allmacht; Allwissenheit; Allgegenwart; All-Wirken”.
Sein Denken mit Gutem erfüllt halten heißt also, es mit dem Verständnis Gottes erfüllt halten. Und Johannes, der getreue und geliebte Jünger, erklärt: „Gott ist Liebe”. Da Gott die Liebe ist, und da Er beständig, auf ewig überall gegenwärtig ist, beginnt man bald zu erkennen, daß es in der Liebe nichts zu fürchten gibt, und den „Frieden Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft”, zu erlangen. Der so erlangte Friede ist dauernd und unzerstörbar, weil er auf den Felsen geistigen Verständnisses gegründet ist, der nie beseitigt, zerstört oder gestört werden kann.
Trinkt man in vollen Zügen aus den Brunnen der Christlichen Wissenschaft — aus der Bibel, aus Wissenschaft und Gesundheit und den anderen Werken von Mary Baker Eddy, aus den laufenden christlich-wissenschaftlichen Schriften, den Gottesdiensten und den Vorträgen—, so wird das von Furcht bedrängte, vom Sturme umhergeschleuderte, verzweifelnde menschliche Bewußtsein erquickt, erneuert, wiedergeboren. Widerwärtigkeit weicht der Harmonie, Krankheit der Gesundheit, Sünde der Heiligkeit — Unversehrtheit, Heilsamkeit, Reinheit—, und die Liebe zu dem Leben wird natürlicher und selbstverständlicher. Und ist es nicht ein freudiges Vorrecht, unseren Mitmenschen mit dem so erlangten Verständnis ihre Fesseln der Furcht, der Sünde und des Leidens sprengen zu helfen?
Im Lichte dieses Verständnisses nehmen die zehn Gebote eine neue Bedeutung an. Es scheint ganz natürlich, Gott, das Leben, von ganzem Herzen zu lieben; und diese Liebe zu dem Leben tritt in Erscheinung im Lieben, im Heilen und in beständigem geistigem Wirken.
Christus Jesus der Meisterchrist, der Meisterheiler und der Meisterlehrer sagte in seiner selbstlosen Heiligung und Hingebung an Gott und die Menschheit: „Das ist aber das ewige Leben, daß sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen”. Er hatte schon bewiesen, was das Verständnis Gottes und des wirklichen Menschen bewirken kann; denn er hatte alle Arten von Krankheit geheilt und sogar die Toten auferweckt — die Tochter des Jairus, den Sohn der Witwe von Nain und seinen Freund Lazarus. Und nachdem er jene wunderbare Behauptung aufgestellt hatte, bewies er ihre Anwendbarkeit an sich selber, indem er die Fesseln des Grabes sprengte und sich schließlich über alle irdischen Annahmen in das Bewußtsein des ewigen Lebens erhob, in das auch nicht eine Andeutung von Widerwärtigkeit oder Tod eindringen kann.
Auf Seite 497 in Wissenschaft und Gesundheit gibt uns unsere geliebte Führerin sechs Glaubenssätze, zu denen sich alle Christlichen Wissenschafter bekennen. Der vierte dieser Sätze lautet: „Wir bekennen Jesu Sühnopfer als die Augenscheinlichkeit der göttlichen, wirksamen Liebe, die des Menschen Einheit mit Gott durch Christus Jesus den Wegweiser entfaltet; und wir bekennen, daß der Mensch durch Christus erlöst wird, durch Wahrheit, Leben und Liebe, wie dies der galiläische Prophet im Heilen der Kranken und im Überwinden von Sünde und Tod demonstrierte”.
Da Christus Jesus unser Wegweiser und Mary Baker Eddy seine treue Nachfolgerin ist, ist es Pflicht aller Christlichen Wissenschafter, ihrer Führerin auf dem Wege, den Jesus wandelte, nachzufolgen, damit auch wir hier und jetzt in diesem 20. Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung die Allheit Gottes — des Lebens, der Wahrheit, der Liebe, des Guten — und die daraus folgende Nichtigkeit des Todes, der Sünde, der Krankheit, des Hasses, des Bösen beweisen.
