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Von Gott regiertes Denken

Aus der Juni 1929-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Als Christus Jesus sagte: „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr! in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel”, zog er eine scharfe Scheidelinie zwischen dem bloßen Denken über geistige Dinge und dem wirklichen Widerspiegeln des göttlichen Gemüts. Man wird nicht fehlgehen, wenn man sagt, daß sehr viele Menschen in ihrem Leben täglich mehr oder weniger über Gott und geistige Dinge,— wie sie sie ansahen,— nachdachten, sich aber nie seelisch so erhoben, daß sie das göttliche Gemüt nennenswert widerspiegelten; denn sonst hätten sie die Werke Christi Jesu einigermaßen wiederholt.

Es ist tröstlich und ermutigend, zu beachten, daß der Meister nicht sagte, daß keiner von denen, die zu ihm sagten: „Herr, Herr!”, in das Himmelreich komme, sondern: „nicht alle”. In der Tat werden viele, die vielleicht anfangs nur über geistige Dinge nachdenken, durch ihr Verlangen nach rechter Gotteserkenntnis zu dem durch die Christliche Wissenschaft ermöglichten beweisbaren Gottesverständnis geführt. Wenn aber das bloße Nachdenken über Gott sich nicht zu jenem Gedankenzustande entwickelt, der endgültig von Gott regiert wird, und der daher die Unendlichkeit des göttlichen Gemüts und seiner Widerspiegelung und die Unwirklichkeit alles dessen erkennt, was dem unbefleckten Wesen dieses Gemüts unähnlich ist, bleibt es in der Hauptsache unwirksam und erfolglos, soweit es sich um die Erlösung der Menschen handelt.

Über Musik nachdenken, ohne sich darin zu üben, würde einen nie befähigen, die Gedanken der großen Tonmeister nennenswert auszudrücken, selbst wenn man den Wert ihrer Werke anerkennt. Das bloße Erkennen der erhabenen Lebensauffassung der Christlichen Wissenschaft, das Anerkennen dessen, was sie für die Wiedergeburt der Menschen getan hat, oder ein gewisses Sicherheitsgefühl, wenn man sich unter Christlichen Wissenschaftern befindet, befähigt einen also nicht, „zu heilen die zerstoßenen Herzen, zu predigen den Gefangenen, daß sie los sein sollen, und den Blinden das Gesicht und den Zerschlagenen, daß sie frei und ledig sein sollen”. Ein solcher Gedankenzustand kann vielleicht nur „Herr, Herr!” sagen und nicht in das Himmelreich, das Reich der beweisbaren Wahrheit, kommen. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man der Güte stillschweigend zustimmt oder das Gute wirklich in die Tat umsetzt, ob man Rechtschaffenheit bewundert oder rechtschaffen ist. In der Tat ist eine der tückischsten Einflüsterungen des sogenannten fleischlichen Gemüts, daß es genüge, wenn man bloß gedankenlos eines andern Rechtschaffenheit zugebe, was Paulus rügt, wenn er ermahnt: „Schaffet, daß ihr selig werdet”.

Erst vor kurzem sagte eine Frau, die noch nie ein Wort in den Schriften der Mrs. Eddy gelesen hatte, und die sich offenbar nicht um die Christliche Wissenschaft kümmerte, zu einem christlich-wissenschaftlichen Ausüber, sie lebe und arbeite nach genau demselben Verständnis Gottes wie der Christliche Wissenschafter. Als sie gefragt wurde, ob dieses Verständnis sie befähigen würde, an das Bett eines Kindes zu treten und es von Schmerzen und Leiden zu befreien, mußte sie offen zugeben, daß sie es nicht könne. Dann wurde ihr liebevoll gezeigt, daß sie die von Christus geforderten Beweise rechter Jüngerschaft nicht erbringe,— die „mitfolgenden Zeichen”, die zu allen Zeiten die Augenscheinlichkeit des Immanuel oder „Gott mit uns” gewesen sind,— und daß diese heilenden Werke nicht ausbleiben, wenn das Gemüt des Christus im menschlichen Bewußtsein vorhanden ist.

Der einzige Beweis, daß man in das Himmelreich kommt und nicht bloß „Herr, Herr!” sagt, liegt in der Fähigkeit, die Werke Christi Jesu, wenn auch nur in geringem Maße, zu wiederholen. Dabei braucht der Neuling in der Christlichen Wissenschaft aber nicht zu denken, daß er nicht begonnen habe, in das Reich zu kommen, weil er das, was er gelernt hat, erst nur in sehr beschränktem Maße anwenden kann; denn er hat begonnen. Er soll nur einmal auf die Zeit zurückblicken, ehe er etwas von der Christlichen Wissenschaft wußte, und er wird an vielem erkennen, daß sein Denken allmählich von Gott regiert wird. Vielleicht gibt er keine ungeduldige Antwort mehr, wenn er ungeduldig angeredet wird, oder er antwortet wenigstens nicht so ungeduldig, wie er es einst getan hätte. Es mag ihm geringfügig erscheinen; und doch, was für ein Sieg ist es! Wahrlich, „ein Geduldiger ist besser denn ein Starker, und der seines Mutes Herr ist, denn der Städte gewinnt”. Vielleicht hat er durch sein Verständnis der Wahrheit ein scheinbar nur geringes körperliches Gebrechen überwinden können, oder sein Ausblick auf das Leben ist vielleicht etwas glücklicher und weniger beschwerlich. Es kann sein, daß er selbstlose Liebe im Herzen aufdämmern fühlt, oder daß er durch das Eindringen in das christlich-wissenschaftliche Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy endlich gelernt hat, wie man betet. Dies alles beweist jedoch, daß das Gemüt, das in Christus Jesus war, den sogenannten fleischlichen Sinn verdrängt, und daß sein Denken das eine Gemüt, Gott, widerzuspiegeln beginnt.

Soweit es sich um die Erlösung der Menschen handelt, gibt es nur eine erlösende, wiederherstellende Kraft, eine aufbauende Macht, nämlich das von Gott regierte Denken. In dem von Gott regiertem Denken liegen die Hoffnung der Menschen und die Verheißung ihrer endgültigen Befreiung von Sünde, Krankheit und Tod. Was für ein Ansporn zu geistigem Fortschritt daher in der Erklärung der Mrs. Eddy auf Seite 495 in Wissenschaft und Gesundheit liegt: „Gott wird die Kranken durch den Menschen heilen, wenn der Mensch von Gott regiert wird”! Es könnte unmöglich anders sein; denn der widergespiegelte Gedanke Gottes muß unbedingt alles vertreiben, was ihm selber unähnlich ist. Wir sehen das Gesetz Gottes im menschlichen Erleben bewiesen, wenn wir dem göttlichen Gemüt unumschränktes Wegerecht einräumen und uns beständig der Herrschaft der Liebe ergeben.

Vielleicht haben manche von uns als Kind die im Brennpunkte eines Vergrößerungsglases gesammelten Sonnenstrahlen auf ein Stück Papier scheinen lassen und gesehen, wie dieses zu brennen anfing und verkohlte. Weder das Vergrößerungsglas allein, noch die Sonnenstrahlen ohne Hilfe des Glases hätten es bewirken können; aber beide zusammen vollbrachten es. So bewirkt das geistige Gesetz, wenn es durch vergeistigtes Denken auf etwas dem Wesen Gottes Unähnliches angewandt wird, dessen Vernichtung und Verschwinden. So werden wir „Gottes Mitarbeiter”.

Das göttliche Gemüt als unumschränkte Macht einsetzen, keine andere Macht oder Gegenwart als wirklich anerkennen, vor der All-Liebe, die Gott ist, des Herzens ganze Hingebung ausschütten, heißt den Willen des Vaters tun. Dazu muß man jedoch den Willen des Fleisches leugnen. Man muß weit mehr tun als der Rechtschaffenheit bloß zustimmen: man muß sich beständig bemühen, rechtschaffen zu sein, ein geliebter Sohn zu sein, an dem der Vater Wohlgefallen hat. So wie dies vollbracht wird, tritt der einzelne Mensch — der wirkliche, geistige Mensch — in Erscheinung, auf den sich Christus Jesus bezog, als er sagte: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden”.

Von Anfang bis Ende betont Mrs. Eddy in ihren Schriften die Tatsache, daß etwas, was das göttliche Gemüt nicht kennt, nie bestanden hat und nie bestehen wird. Hieraus folgt, daß das menschliche Denken so seinen Sinn vom Falschen — von allem, was der ewigen Liebe unähnlich ist,— verliert, wie es sich das Göttliche zum Muster nimmt, und so das Mittel wird, wodurch die Strahlen der Wahrheit auf etwas, was unwahr und daher vergänglich ist, eingestellt werden können. Weil sein Denken vollständig von Gott regiert war, wurde Christus Jesus mit Recht der Heiland der Welt genannt. Aber nie erhob er den Anspruch, daß diese erlösende Kraft ihm allein gehöre. Sie ist das Erbe der Söhne und Töchter des allmächtigen Herrn, „welche nicht von dem Geblüt noch von dem Willen des Fleisches noch von dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind”. Dieses von Gott geborene Bewußtsein tut aus eigenem Antrieb den Willen des Vaters. Es bringt den einzelnen hier und jetzt in das Himmelreich und macht es möglich, daß der Wille der göttlichen Liebe „auf Erden wie im Himmel” geschehe.

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