Der Dichter des 46. Psalms scheint mit der bedeutungsvollen Ermahnung: „Seid stille und erkennet, daß ich Gott bin”, das zur Erlösung der Menschen einzig Notwendige für alle Zeiten klipp und klar dargelegt zu haben. Denn hat er in diesem kurzen Satze nicht ausgeführt, was Christus Jesus Jahrhunderte später sagte, als er das ewige Leben als das Sichbewußtsein der Allheit des Guten bezeichnete? „Das ist aber das ewige Leben”, sagte der Wegweiser, „daß sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen”.
Was heißt stille sein und Gott erkennen, und wie soll man diese Ermahnung befolgen? Heißt es nicht, daß jeder von uns nur das Gute als das Wirkliche anerkennen soll, und daß dies nur im eigenen Bewußtsein vollbracht werden kann? Die Christliche Wissenschaft, die im Evangelium und in der Offenbarung des Johannes vorausgesagte und von Mary Baker Eddy, ihrer Entdeckerin und Gründerin, geoffenbarte erneute Darlegung des Christentums Christi für unsere Zeit, macht dies völlig klar. Auf Seite 242 des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” schreibt Mrs. Eddy: „Es gibt nur einen Weg zum Himmel, zur Harmonie, und Christus zeigt uns diesen Weg in der göttlichen Wissenschaft. Das heißt, keine andere Wirklichkeit kennen — kein anderes Lebensbewußtsein haben — als das Gute, als Gott und Seine Widerspiegelung, und sich über die sogenannten Schmerzen und Freuden der Sinne erheben”.
Es ist also klar, daß wir alle ernstlich bestrebt sein sollten, nur das Gute — die Wahrheit über Gott und Seine Schöpfung — als das Wirkliche zu erkennen und anzunehmen. In dem Maße, wie man dies tut, geht man in den Himmel, in den Frieden, ein. Shakespeare, der „große Dichter der Menschheit”, wie ihn unsere Führerin nennt (in dems. Buche, S. 66), hat diese große Wahrheit wohl erschaut, als er dem Hamlet die oft angeführte Selbstverständlichkeit in den Mund legte: „An sich ist nichts weder gut noch böse; das Denken macht es erst dazu”, was mit anderen Worten heißt: Alles menschliche Erleben ist der Ausdruck des Denkens. Dadurch, daß man das Gute erkennt oder Gott über alles liebt, kann man auch alle Aufgaben der Menschen recht lösen helfen. Dies wird klar, wenn man erkennt, daß die in der Welt zu lösenden Aufgaben die gesamten falschen Annahmen der Sterblichen sind,— die Annahmen, die einen beständigen Druck auf jedes menschliche Bewußtsein ausüben wollen und die, wenn man ihnen Wirklichkeit zuerkennt, als Sünde, Krankheit und Tod in Erscheinung treten. Diese Anhäufung falscher Annahmen, die Paulus „fleischlich gesinnet sein” nennt, wird offenbar geschwächt oder gestärkt, je nachdem das menschliche Einzelbewußtsein das Gute als das Wirkliche anerkennt oder verwirft. Hieraus kann man sehen, daß man als treuer Christlicher Wissenschafter durch die gesegnete Offenbarung der Mrs. Eddy helfen kann, ja, helfen muß, die Aufgaben der Welt dadurch zu lösen, daß man Gott, das Gute, als das All in allem erkennt. „Wer liebhat, der ist von Gott geboren und kennt Gott”, sagt Johannes.
Warum? Warum, möchte man fragen, hilft einem Menschen seine Erkenntnis Gottes, des Guten, die Ansprüche des Bösen für andere und für sich selber zu zerstören? Einfach weil es das Gesetz Gottes ist, und weil es in Wirklichkeit, d.h. in Gottes Weltall, keinerlei Böses gibt. Gott, das unendlich Gute, die einzige Ursache, „sah an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut”. Das dem menschlichen Glauben als Sünde, Krankheit und Tod kundwerdende Böse ist demnach nichts als Trugvorstellung, falsche Annahme; denn Gott hat es nicht gemacht, und „ohne [ihn] ist nichts gemacht, was gemacht ist”. Diese falschen Annahmen beanspruchen, sich dem menschlichen Denken vorzustellen, um als Wirklichkeiten anerkannt zu werden. Anerkennt man sie als solche, so stattet man sie mit der einzigen Macht aus, die sie in unserer Erfahrung zu haben scheinen; und dadurch, daß man sich ihnen fügt, stärkt man ihre Scheinmacht im menschlichen Gesamtbewußtsein. Sprechen wir ihnen wissenschaftlich im eigenen Denken—übrigens dem einzigen Ort, wo sie für uns Dasein zu haben scheinen,— die Wirklichkeit ab, so vernichten wir dadurch ihre Scheinmacht über uns und verringern sie beträchtlich im menschlichen Bewußtsein für andere.
Übrigens kann man nur durch beständiges Wissen des Guten die Ermahnung des Apostels Paulus, zu „beten ohne Unterlaß”, befolgen, deren Weisheit zutage tritt, wenn man erkennt, daß das Bewußtsein des einzelnen anscheinend jeden Augenblick die Wahl hat, entweder zu glauben, daß etwas, was einen selber oder den Nächsten betrifft, was aber über das Bild und Gleichnis Gottes nicht wahr ist, wahr sei, oder die Wahrheit über Gottes Kind zu wissen und daran festzuhalten. Tun wir das letzte, so befolgen wir in dem Maße, wie wir es tun, die zwei großen Gebote, mit andern Worten, die Ermahnung: „Seid stille und erkennet, daß ich Gott bin”, und wir sind überdies „gesinnet, wie Jesus Christus auch war”, dessen Gebete nach den Worten der Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit (S. 12) „tiefe und gewissenhafte Bezeugungen der Wahrheit waren — Bezeugungen von des Menschen Gleichheit mit Gott und von des Menschen Einheit mit Wahrheit und Liebe”
Es sind noch so viele Schlachten zu liefern, noch so viele Siege zu erringen. Daher Mut, Brüder! Legt die Rüstung an, gürtet von neuem das Schwert um und ziehet in der Kraft Christi siegreich aus, um zu siegen! Der Streit ist des Herrn. Der endgültige Sieg ist unbedingt gewiß. Hierin liegt das Geheimnis unserer ganzen Begeisterung, unserer ganzen Hoffnung.— .
