Die Christlichen Wissenschafter frohlocken stets, daß sie ein unveränderliches Prinzip haben, demgemäß sie den Anforderungen des Alltagslebens gerecht werden können. Auf den jungen Studenten stürmen jedoch während seiner Studienzeit von allen Seiten allerlei Theorien und Philosophien ein, durch die „verführt werden in den Irrtum (wo es möglich wäre) auch die Auserwählten”. Dadurch, daß er sich täglich in die Lektionspredigt im christlich-wissenschaftlichen Vierteljahrsheft vertieft, ist er gewappnet, diesen Vorwänden entgegenzutreten, und er findet, daß er mit Hilfe der in jedem christlich-wissenschaftlichen Lesezimmer zur Verfügung stehenden Konkordanzen zu der Bibel und den Schriften der Mrs. Eddy über jede Frage folgerichtig und zweckdienlich aufgeklärt wird.
Es mag ihm vielleicht der Gedanke kommen, daß er durch sein beständiges Anwenden dieser Wissenschaft seinen Mitschülern zu unähnlich werde. Paßt er sich nicht den Gebräuchen und Gewohnheiten derer, mit denen er zusammen ist, an, so wird ihm vielleicht sogar der Vorwurf gemacht, er sei „zimperlich” oder „unsophistisch”. Gehen wir dem auf den Grund! Die Wörterbucherklärung, die unsere jungen Freunde in diesem Falle für „sophistisch” wahrscheinlich wählen würden, ist „weltklug”. Die Sophisten waren im alten Griechenland eine Sorte Lehrer, die in geschicktem und blendendem, zu Prahlerei und Unaufrichtigkeit führendem Wortgefecht geübt waren. Das Wort bedeutet also eigentlich Oberflächlichkeit oder Künstlichkeit, etwas Täuschendes, Irreführendes—gerade das Gegenteil von allem, was der Christliche Wissenschafter auszudrücken wünscht. Er braucht also keinen Augenblick jemand um nachlässige Sophisterei zu beneiden oder sich ihr hinzugeben.
Was der junge Student sich zweifellos wünscht, ist jenes Gleichgewicht, das ihn unbewegt von Umständen und Meinungen an jede Lage mit Zuversicht herantreten läßt. Das höchste Beispiel dieser Kraft haben wir in der in den vier Evangelien berichteten kurzen Geschichte unseres Meisters. War er nicht weise, als er in Gegenwart von Pharisäern und anderen, die seine Sendung in Frage zu stellen und ihn umzubringen suchten, „ihre Gedanken kannte” und ihnen dementsprechend treffend und würdig antwortete? Es ist ferner berichtet, daß er „von Anfang wohl wußte, welche nicht glaubend waren und welcher ihn verraten würde”. Ist es nicht wunderbar, eine so klare innere Erkenntnis der Wahrheit zu haben, daß sie bis in alle finsteren Winkel menschlicher Heuchelei dringt! Wie kam es, daß Jesus immer diese Erkenntnis hatte? Die Antwort darauf liegt zweifellos in seinen eigenen Worten: „Der Vater läßt mich nicht allein; denn ich tue allezeit, was ihm gefällt”.
Jeder junge Christliche Wissenschafter hat heute bei seiner Anwendung der Wahrheit eine ganz bestimmte und persönliche Aufgabe, und er muß gerade so darauf bedacht sein, daß er tut „allezeit, was ihm [Gott] gefällt”. Dann wird er ebenfalls finden, daß der Vater auch ihn nicht allein gelassen hat; denn in seiner Erfahrung widerspiegelt sich das klare Urteil und die ruhige Gewißheit des allgegenwärtigen, all-liebenden göttlichen Gemüts. Es ist gut, wenn er mit seinen Kameraden ungezwungen verkehrt, damit ihnen sein Beispiel eine Hilfe sei; denn es ist die Aufgabe der Christlichen Wissenschaft, jeden Menschen mit seinem wahren Selbst bekannt zu machen. Die durch die Verlockungen der Sophisterei Irregeleiteten finden darin keinen Frieden und keine wirkliche Freude. Es kann keine größere Freude geben, als bereit zu sein, ihnen im entscheidenden Augenblick die helfende Hand zu reichen in der vollen Gewißheit, daß unsere Werke unsern Glauben rechtfertigen werden.
Paulus schreibt, daß Gott „uns dargibt reichlich, allerlei zu genießen”, und der Christliche Wissenschafter ist wahrlich berechtigt, sich über alles Gute zu freuen, weil er klar versteht, was überhaupt etwas Gutes ist. Er erkennt, daß der Mensch, der Gott, das Gute, als sein ewiges, rechtmäßiges Wesen zum Ausdruck bringt, unbedingt immer gutmütig sein muß, und daß „alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe”—die ganze Freude wahren Lebens—hier und jetzt zur Verfügung steht und beansprucht und angewandt werden kann. Wirkt sich etwas, was er vorübergehend für gut halten mag, für ihn nicht genau so aus, wie er es vielleicht erwartet hat, so ist er nicht enttäuscht; denn er verläßt sich darauf, daß die göttliche Liebe seinen Weg lenkt, und er vertraut ganz auf die Weisheit der Liebe. Er weiß auch, daß alles, was für ihn gut ist, für alle Menschen gut sein muß; und er sollte dies im Umgang mit anderen Menschen wohl bedenken.
Das erste sogenannte Wunder unseres Wegweisers Christus Jesus beseitigte die Verlegenheit seines Gastgebers bei einer Hochzeitsfeier, als es an Wein mangelte. Die geistige Bedeutung von „Wein” im Glossarium des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy (S. 598) lautet zum Teil: „Inspiration; Verständnis”. Dieser Wein wurde aus Wasser gemacht, das von jeher als Sinnbild der Reinigung angesehen wurde, und die Gäste fanden ihn besser als den zuvor genossenen.
Dieses Bild bedarf sehr der Anpassung an unsere Zeit. Sophistischen Vergnügungssüchtigen muß die wahre Freude gezeigt werden, die die Erleuchtung und das Verständnis der Christlichen Wissenschaft bringen, und sie müssen einsehen lernen, daß sie nichts Gutes aufgeben sondern alles gewinnen, wenn sie dem göttlichen Lichte folgen. Der Christliche Wissenschafter könnte unmöglich ein falsches Reizmittel anwenden und sich einreden, er könne in erregtem oder stumpfsinnigem Sinnenzeugnis Genuß finden. Auch läßt er sich nicht durch den Vorwand täuschen, daß die Erklärungen der Mrs. Eddy über den Tabakgenuß nicht zeitgemäß seien. Das Gute ist dasselbe „gestern und heute und auch in Ewigkeit”; und wer sein Denken von dem reinen Maßstab, daß Gott und der Mensch vollkommen sind, leiten läßt, weiß, daß, da Gott den Menschen frei geschaffen hat, ein noch so volkstümliches, zur Gewohnheit gewordenes Betäubungsmittel nichts Gutes zu seiner Erfahrung beitragen kann. Die Christliche Wissenschaft ist in allen ihren Lehren folgerichtig, sonst hätte sie den Widerstand, dem sie begegnete, nie überstehen können; und wie wir jede Rechenregel genau anwenden müssen, wenn wir zu richtigen Ergebnissen gelangen wollen, so müssen wir dem göttlichen Prinzip und den wissenschaftlichen Lebensregeln gemäß handeln. Der junge Christliche Wissenschafter, der dies tut, ist oft überrascht und überglücklich, daß sein Glück seine höchsten Erwartungen weit übersteigt.
Ein junger Student, der auf der Universität seine Befähigung durch eine Prüfung nachweisen mußte, legte zuerst eine ziemlich gleichgültige Haltung an den Tag. Sein Verständnis der Christlichen Wissenschaft ließ es ihm ziemlich geringfügig erscheinen; als er dann den Ernst der anderen Studenten beobachtete, kam er sich ein wenig hochmütig vor. Er erkannte jedoch, daß dieser Gedanke so offensichtlich falsch war, daß er ihn sofort berichtigte, da er wußte, daß bei allem, was er als Student zu erfüllen hatte, es seine erste und einzige Pflicht war, das göttliche Gemüt seinem täglichen Bemühen als Christlicher Wissenschafter gemäß widerzuspiegeln, und daß er aus sich selber nichts anderes tun kann. Mit dieser rechten inneren Einstellung kam er leicht allen Forderungen nach und endete mit einem vollkommenen Erfolg. Dies ist nur einer der vielen Fälle, in denen diesem Schüler bewiesen wurde, daß Ehrlichkeit, Demut und Aufrichtigkeit unfehlbar zum Erfolg beitragen.
Wir lesen in unserem Lehrbuch Wissenschaft und Gesundheit (S. 236): „Während das Alter zwischen zwei Meinungen hin und her schwankt oder mit falschen Annahmen kämpft, macht die Jugend leichte und schnelle Schritte zur Wahrheit hin”. Rechte sittliche Richtmaße sind der Zusammenhalt der Gesittung, und auf der Jugend von heute ruht die große Verantwortung, sich daran zu halten. Die Christlichen Wissenschafter kommen überall dankbar diesen Aufforderungen nach.
