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Dringe weiter, dringe weiter!

Aus der Juni 1931-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Tausende von denkmüden Wanderern sitzen am Wege des Lebens und kommen keinen einzigen Schritt der Stadt Gottes, dem Bewußtsein der herrlichen Einheit des Menschen mit seinem Schöpfer, näher. Warum gehen sie nicht weiter? Manche, weil sie den Weg der Geistigkeit für zu schwierig halten, manche, weil sie nicht sicher sind, auf diesem Wege Frieden, Gesundheit und Freude zu finden. Andere gehen nicht weiter, weil sie zurückblicken, während wieder andere so weit in die Ferne schauen, daß sie den Weg zu ihren Füßen nicht sehen. Allen, die am Wege warten, ruft die Stimme der Wahrheit zu: Ziehet weiter! Man kann auf dem Wege des ewigen Lebens nirgends in Gedanken stillstehen; mit festen, entschlossenen Gedankenschritten muß man der Vollkommenheit immerdar unbeirrt zustreben. Jedes geringste Überwinden des Bösen mit Gutem, jedes Aufgeben eines nichtssagenden Zwecks, jedes Stillen eines irrigen menschlichen Sehnens im Göttlichen, jedes Besiegen der Selbstsucht durch Christlichkeit ist ein gewonnener Schritt. So macht jeder einzelne die Wanderung, und nur so kann das Ziel der Gottähnlichkeit erreicht werden.

Paulus, einer der erleuchtetsten Denker aller Zeiten, wies ernstlich auf die Notwendigkeit hin, daß der Mensch immerdar geistigem Leben zustrebe, als er schrieb: „Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht, daß ich’s ergriffen habe. Eines aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich zu dem, das da vorne ist, und jage — nach dem vorgesteckten Ziel — nach dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu”. In der Erhabenheit der Demut erkannte er, daß nichts wichtig ist, als daß man dem Kleinod seiner hohen Berufung zuschreitet. Diesem Ideal unerschütterlich treu schrieb er: „Eines aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist ... und jage nach dem vorgesteckten Ziel”.

Ehe man wirklich weitergehen kann, muß man diese beiden von Paulus aufgestellten mächtigen Regeln befolgen. Zuerst muß man vergessen, was dahinten ist. Lassen wir die Wahrheit jede Erinnerung an die Ungerechtigkeiten, Mühsale oder Schmerzen von gestern aus dem Gedächtnis auslöschen! Die Vergangenheit ist vorüber. Die Gegenwart ist voller Möglichkeiten. Machen wir uns los vom endlichen Gestern und halten wir uns an die unermeßliche Erhabenheit des Heute! Wenn die Last eines mühevollen Gestern von uns abfällt, können wir uns erheben und die zweite Regel geistigen Fortschritts befolgen: „nach dem vorgesteckten Ziel jagen”. Kein böser Anschlag oder Plan hat die Macht, den zurückzuhalten, der sich vorgenommen hat, nach dem vorgesteckten Ziel seines geistigen Wesenseinsseins mit dem Gleichnis Gottes zu jagen. Die ganze Kraft und Macht des unwiderstehlichen Guten stärkt ihn bei seinem Weitergehen. Alle falschen Vorwände bestrickender Verlockungen flüstern dem vergeblich zu, der sich im Gehorsam gegen Gott und in wirklicher Liebe zu den Menschen vorgenommen hat, der Vollkommenheit zuzustreben. Er hat die Richtung gefunden und sieht durch den geistigen Sinn sein Ziel. Nichts regt das in die Maschen nichtssagender Zwecke verfangene träge Denken geistig mehr an, als auf dem Wege des Lebens jemand zu begegnen, der zum Wohle der Menschen weitergeht. Es ist eine heilige Tatsache, daß das Ertönen seines festen Trittes diejenigen aufweckt, die durch Selbstbestrickung eingeschlafen sind, so daß sie sich erheben, die Stumpfheit abschütteln und sich auf den Weg machen. So dient das Beispiel dem heiligsten Zweck.

Durch die Jahrhunderte hindurch sind Männer und Frauen in Treue gegen Gott dem Ziele zugestrebt, selbst wenn sie ins Gefängnis, in die Löwengrube und in den glühenden Ofen geworfen wurden; und ihr Weitergehen erleuchtete die Geschichte mit unsterblichem Licht. Eine solche Streiterin Gottes war Mary Baker Eddy. Als ihrem durch ein in der Liebe aufgehendes Leben geklärten Blick die heilige Offenbarung der Christlichen Wissenschaft aufdämmerte, dachte sie an diejenigen, die in Schmerzen und Trübsal waren. Auch sie sollten ihrer teilhaftig werden. Sie wußte, was es kosten würde, einer für geistiges Licht unvorbereiteten Welt die Offenbarung mitzuteilen; aber sie wankte nicht. Über diesen Augenblick in ihrem Leben schreibt sie in ihrem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 226, 227): „Ich sah vor mir den furchtbaren Kampf, das Rote Meer und die Wüste; aber durch den Glauben an Gott drang ich vorwärts und vertraute auf die Wahrheit, die starke Befreierin, daß sie mich in das Land der Christliche Wissenschaft führe, wo die Fesseln fallen und die Rechte des Menschen völlig erkannt und anerkannt werden”. „Ich drang vorwärts”! Herzerquickende Worte, die zurechtweisen, aufrütteln, anspornen. Wer je müde zu sein scheint, der denke an sie, die durch den dichtesten Nebel der Verleumdung und der Weltlichkeit weiterdrang, damit wir das Licht sehen sollten. Man bedenke, was es für uns bedeutet, daß sie weiterdrang! Man bedenke, was er für andere bedeutet, daß wir fortfahren, die Erhabenheit der Christlichen Wissenschaft in unserem Leben zu beweisen! Wie können wir wanken oder stillstehen oder gar seufzen, wenn wir an sie, die edle Pilgerin, denken, die mit der Fackel in der Hand voranging und rief: „Geliebte Schüler, ihr habt den Weg eingeschlagen. Geht geduldig weiter; Gott ist gut, und das Gute ist der Lohn für alle, die Gott unermüdlich suchen” (Miscellaneous Writings, S. 206)! Man kann nicht seinen eigenen Weg gehen oder ihn nur für sich gehen. Die eine Hand muß die Hand Gottes, die andere die der Menschen fassen.

Eine Schülerin der Christlichen Wissenschaft war schon mehrere Wochen sehr krank. Unter der falschen Vorspiegelung der Furcht sah sie nur finstere und erschreckende Bilder auf sich einstürmen. In dieser Verfassung rief sie vom Bett aus eine befreundete Christliche Wissenschafterin an und teilte ihr mit, wie krank und verzagt sie sei und fügte hinzu: „Ich weiß nicht, was ich noch tun soll”. Die Freundin fragte: „Haben Sie schon für die Welt gebetet?” „Wie kann ich es, solange es mir nicht besser geht?” antwortete die Leidende. „Zögern Sie nicht!” erwiderte die Freundin. „Andere müssen alles überwinden, was Sie zu überwinden haben, und wissen nicht, daß Gottes Himmel der Gesundheit und des Friedens hier ist. Vergessen Sie alles andere! Helfen Sie ihnen!” An jenem Abend setzte die Patientin das eigene Ich vollständig beiseite und betete, daß Gottes sanfte Gegenwart jedes leidende Herz mit Freude erfüllen möge. Gegen Morgen schlief sie ein, und als sie erwachte, war sie gesund. So findet jeder, der weiter dringt und dem Stern selbstlosen Dienens folgt, Gesundheit in Gott. Es ist nicht immer leicht, aber immer herrlich, auf dem geraden und geschützten Wege der Liebe weiterzugehen. Wer es tut, kennt kein Verlassensein; denn in Gedanken reicht er allen, die für die Welt arbeiten, die Hand und zieht mit ihnen in siegreicher Kameradschaft weiter. Das Denken erweitert sich, Fesseln fallen ab und Hindernisse weichen angesichts des mächtigen Zwecks, der ihn zu seiner Wanderung antreibt.

Wie rasch doch der Kampf mit dem persönlichen Sinn, der in unglücklicher Veranlagung, irdischen Liebhabereien, dem Verlangen zu rauchen und zu trinken zum Ausdruck kommt, gewonnen ist, wenn man aufhört, sich gehen zu lassen, und sich erhebt, um auf dem Wege der Heiligkeit weiterzudringen, damit man das Menschengeschlecht durch seine Gabe geläuterten Menschentums bereichere! O was für eine Gabe dies ist!

Um den Weg einzuhalten, um der Richtung sicher zu sein, muß man oft seinen Kompaß, die Bibel und das christlich-wissenschaftliche Lehrbuch, zu Hilfe nehmen. Ist man versucht, Hilfe und Ermutigung im Materiellen zu suchen, so weist der Kompaß den Weg zu der Allheit des Geistes. Richtet sich das Denken einen Augenblick auf die niedrigeren Dinge des eigenen Ich, so weist der Kompaß den Weg zu den höheren Dingen der Liebe! Köstlicher Kompaß! Wer ihn hat, braucht nie den Weg verlieren. Wer sich der Führung dieses Kompasses anvertraut, geht ruhig weiter, wenn er falsch beurteilt, verdammt oder mißverstanden wird, und er anerkennt keine Macht, keine Kraft, keinen Einfluß, keine Wirklichkeit außer dem Guten. Vor seinem göttlichen Wissen weichen die Nebel der Unwirklichkeit dem himmlischen Sonnenschein.

Ein Christlicher Wissenschafter, der die bestrickende Wirkung der Entmutigung in Zeiten, wenn die Heilung nicht augenblicklich erfolgte, kannte, gab einst einigen Freunden folgendes Beispiel, das ihnen seither stets zum Segen gereichte. „So oft Sie für sich oder für jemand anders ein Problem ausarbeiten”, sagte er, „wird Ihnen folgende Regel helfen: Scheint der Zustand am zweiten Tage Ihres Bemühens schlimmer, dann seien Sie doppelt so fest von der alles überwindenden Macht der Wahrheit überzeugt und erwarten Sie doppelt so bestimmt den Sieg des Guten. Erscheint der Zustand am dritten Tage noch verwickelter, dann seien Sie dreimal so unerschütterlich mutig und gewiß in dem Vertrauen, daß der Irrtum vor der siegreichen Macht des Wortes Gottes zu Fall kommen wird. Ist der Augenschein am vierten Tage der unwiderstehlichen Macht der Wahrheit noch nicht gewichen, dann erwarten Sie viermal so bestimmt, die Majestät und Macht des Guten jetzt zu sehen!” So fuhr er bis zum fünfzehnten Tage fort und sagte schließlich: „Erscheint am fünfzehnten Tage das Problem noch immer gleich schwierig, so bleiben Sie mit fünfzehnmal so starkem Glauben an die Allmacht Gottes, des Guten, und an die Machtlosigkeit des Bösen auf Ihrem Posten. Denn die Verheißungen der Bibel sind bestimmt, feststehend und sicher, und man kann sie durch Gehorsam gegen die Regeln der Christlichen Wissenschaft beweisen”.

Paulus muß daran gedacht haben, wie nötig es ist, das Erkennen der Kraft oder Macht des unwiderstehlichen Guten immer mehr zu erwarten und darum zu beten, als er schrieb: „Meine lieben Brüder, seid fest, unbeweglich, und nehmet immer zu in dem Werk des Herrn, sintemal ihr wisset, daß eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn”. So oft der Sieg verzögert scheint, muß man den Sieg der Wahrheit zuversichtlicher anstatt weniger zuversichtlich erwarten. Wer wahrhaft weiter dringt, erhebt Anspruch auf sein beständig zunehmendes, von Gott verliehenes Erwarten eines aus dem Walten des majestätischen Gesetzes Gottes hervorgehenden unverzüglichen Sieges.

Wer die Erhabenheit, die Unaufhaltsamkeit und den Zweck des Lebens erkennt, stolpert nicht über solch geringe Nebensächlichkeiten wie Empfindlichkeit, Reizbarkeit und Selbstbedauern; auch kann ihn das Gestrüpp von Unwesentlichkeiten bei seinem Weiterdringen weder beunruhigen noch entmutigen. Schritt für Schritt erhebt er sich in Gedanken darüber und verfolgt den Pfad geistigen Fortschritts weiter.

So oft man jemand aufrichtig sagen hört: „Ich möchte alles tun, was ich kann, um meiner Familie zu helfen”, kommt einem die Frage in den Sinn: Wer ist meine Familie? Und die Liebe antwortet: Alle Kinder Gottes. Ja, alle! Für sie sollte jeder so freudig, so innig, so zweckmäßig arbeiten wie für die Lieben, die er einst für seine einzigen Verwandten hielt. Seiner großen Familie gegenüber tut er seine Pflicht erst dann vollständig, wenn er sich vornimmt, mit keinem verzagten, unerleuchteten Gedanken an die Menschen, seine Verwandten, zu denken. Daher richtet er, selbst wenn er allein ist, anstatt niedergeschlagen zu sein, den Blick zu Gottes leuchtender Herrlichkeit empor, damit er seine Verwandten mit erleuchtetem Denken segnen möge. Mit äußerster Sorgfalt versieht er jeden Tag die Lampe seines klaren Blicks mit klareren Anschauungen über Gott und den Menschen — mit dem Öl tieferer Hingebung an den Christus — damit ihr himmlisches Licht der Familie den Weg des Lebens finden helfe. Als wahres Beispiel eines Christlichen Wissenschafters leben, d.h. immerdar von seinem Gott regiert sein, heißt allen im höchsten Sinne helfen. Wird jedes Wort, jeder Beweggrund, jedes Verlangen in der ewigen Wage der Liebe gewogen, damit ihr Gewicht genau dem Prinzip entspreche, dann leuchtet ein Beispiel, ein Stern am Himmel des Bewußtseins und zieht die Familie zu ihrem liebreichen Mutter-Gott hin. Von einem solchen kann man sagen: Er dringt weiter. Auf dem sonnigen Wege des Dienens leuchtet in Reinheit und Schönheit eine Welt, die denen verborgen bleibt, die in selbstischen Bestrebungen die Zeit verschlafen. Erleuchtung ist des Himmels Lohn für diejenigen, die am ersten nach dem Guten trachten und auf dem Pfade selbstloser Liebe weiterdringen zu lichteren Höhen.

Manchmal steht ein müder Wanderer still und sagt: Die mir am nächsten standen, sind dahingeschieden; es ist mir gleichgültig, was da kommen mag. Wache auf! Des Lebens Aufgaben sind noch nicht gelöst. Du hast das Ziel noch nicht erreicht. Die Vollkommenheit ist noch nicht erlangt. Dringe weiter! Was du deine Zeit nennst, ist Gottes Zeit und muß Seinen Kindern gewidmet werden. In der Kraft eines erhabenen Zwecks vergiß in Liebe dich selber! Dann wirst du die unvergängliche Schönheit des ununterbrochenen Lebens sehen und fühlen, wie seine Wärme dich liebreich umgibt. Die Menschen brauchen deinen Glauben an das Gute, deinen sangesfrohen Mut, deine freundliche Rücksichtnahme, deinen Blick für das Wirkliche. Dringe ihretwegen weiter, dringe weiter!

„Durch dein zuversichtlich’ Mühen,
Führend, tröstend, wie die Sonne,
Wirst du Erdgebund’ne lösen;—
Ihretwegen dringe weiter!”

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