Wenn die Menschen inmitten ihrer Tränen, ihrer Anfechtungen und ihrer ehrlichen Bemühungen etwas mehr als alles andere brauchen, so ist es geistige Erquickung. Da etwas nötig ist, um die Traurigkeit oder die Mühseligkeit des Daseins zu erleichtern, so sucht derjenige, der sich bloß als sterblich betrachtet, diese Erquickung natürlich durch irgend eine weltliche Erholung. Doch wie oft wendet er sich unbefriedigt ab von dem, was seine Erholung sein sollte und ihn mehr ermüdet als erquickt hat! Voller Erbarmen und in dem sehnlichen Verlangen, Ephraim von der Sinnlichkeit auf die Geistigkeit hinzulenken, schrieb Jesaja vor Jahrhunderten: „‚So hat man Ruhe, so erquickt man die Müden, so wird man still‘; und sie wollen doch solche Predigt nicht”. Die Christliche Wissenschaft lenkt das Denken entmutigter Sterblicher liebreich vom Zeitlichen auf das Ewige, vom Weltlichen auf das Geistige hin, wodurch mancher erlebt, daß er durch eine ihm vorher unbekannte Auffassung — die geistige Auffassung — Erquickung gefunden hat.
Wie wesentlich es also ist, daß sich Christliche Wissenschafter um ihrer selbst und um anderer willen ein geistig erquicktes Bewußtsein bewahren! Mrs. Eddy schreibt in ihrer Botschaft an Die Mutter-Kirche für das Jahr 1901 (S. 1): „Die Taufe des Geistes und die Erquickung und Stärkung des Menschlichen durch Gemeinschaft mit dem Göttlichen haben euch hierher gebracht”. Sollte der Schüler der Christlichen Wissenschaft geistig schlaff und ohne Begeisterung sein, so mag es daran liegen, daß er sich seine Arbeit als Ausüber oder als Kirchenmitglied oder andere Pflichten über den Kopf wachsen und sich der lebensnotwendigen Pausen zu Gebet und Gemeinschaft mit Gott berauben läßt. Vielleicht sollte er beständiger und beharrlicher „durch Gemeinschaft mit dem Göttlichen” Erquikkung suchen und diesem heiligen Teil seines Wirkens mehr Zeit widmen. Wenn Christus Jesus, der doch rein und heilig war, sein Werk für die Menschheit nicht ausführen konnte, ohne sich beständig vom Augenschein der Sinne abzukehren und sich seinem himmlischen Vater, der göttlichen Liebe, zuzuwenden, „um sein Herz an lichteren, an geistigen Ausblicken zu erquicken”, wie Mrs. Eddy schreibt (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 32), sollte dann der Christliche Wissenschafter glauben, das entbehren zu können, was für den Wegweiser unentbehrlich war? Wer nicht vergißt, mit seinem Studium Gebet zu verbinden, gewinnt unermeßlich mehr, als der, der weniger andächtig liest. Unsere Führerin schrieb über den großen Wegweiser der Menschen (Miscellaneous Writings, S. 170): „An dem Brot, das er aß, das Erquickung durch göttliche Stärke war, können wir alle auch teilnehmen”. Jeder Christliche Wissenschafter hat das ernste Verlangen, in seinem täglichen Leben mehr geistige Stärke zum Ausdruck zu bringen, mehr von der Heilkraft der Liebe zu beweisen, um die grausamen Verordnungen des sogenannten fleischlichen Sinnes aufzuheben; und dies kann nur dadurch geschehen, daß man sich Zeit nimmt, sich ernstlich in die große geistige Tatsache, daß die göttliche Liebe das All in allem ist, zu versenken.
Ist ferner die Unterhaltung Christlicher Wissenschafter, wenn sie zusammenkommen, immer erhebend, oder artet sie zuweilen in müßiges Geschwätz oder zweckloses Wiederholen von Irrtum aus? Wenn dies der Fall ist, was für eine Vergeudung einer kostbaren Stunde, die dazu hätte benützt werden können, Gott zu verherrlichen und mehr vom Menschen in Seinem Gleichnis zum Ausdruck zu bringen! Der Verkehr Christlicher Wissenschafter untereinander sollte immer gegenseitig erfreuend, anspornend und ermutigend sein; denn sie sind keine Neuigkeitskrämer, sondern Überbringer der Engelsbotschaften der Wahrheit und der Auch Liebe. Auch sollte nicht als selbstverständlich angenommen werden, daß selbst erfahrene Arbeiter es nicht mehr nötig hätten, sich von ihren Mitarbeitern liebevoll unterstützen zu lassen. Denen, die andere von ihren Lasten befreien, tut es not, daß ihnen ihre Lasten erleichtert werden, was oft durch ein zu rechter Zeit gesprochenes passendes und liebreiches Wort geschehen kann.
Der stets tapfere, aber zuweilen überlastete Apostel Paulus schreibt über Onesiphorus, einen zum Christentum Bekehrten: „Er hat mich oft erquickt und hat sich meiner Kette nicht geschämt, sondern da er zu Rom war, suchte er mich aufs fleißigste und fand mich”. Wie liebreich besorgt der Christliche Wissenschafter sein sollte, nie die geringste Entmutigung jemand gegenüber zu äußern, selbst wenn der Betreffende vielleicht lang in den Banden von Sünde, Krankheit oder Mißerfolg war, damit er dadurch den Leidenden nicht noch mehr beschäme, anstatt ihn zu heilen helfe!
Der Verkehr Christlicher Wissenschafter mit solchen, denen sie helfen, sollte die Freude und den Frohsinn erhöhen. Dann wird durch diese wahre Jüngerschaft „die Zeit der Erquickung von [der Gegenwart] des Herrn” kommen. Diese Gegenwart, in Wirklichkeit diese Allgegenwart der Liebe, ist stets hier, und die Menschen können sich ihrer freuen und sie zu ihrer Heilung, ihrem Trost und ihrer Erlösung anwenden. Warum sollte dann jemand die zur Verfügung stehenden Segnungen entbehren?
Wie die Strahlen der Dämmerung sich über den nächtlichen Himmel ausbreiten, so offenbaren die Strahlen der göttlichen Liebe die wirkliche Identität des Menschen als die treue, freudige, reine, gesunde Widerspiegelung Gottes, des Guten. In dem Maße, wie sich unsere Wünsche durch diese Offenbarung des wirklichen Seins veredeln, werden sie auch befriedigt. Christus Jesus stellte das Zeitliche dem Ewigen gegenüber, als er sagte: „Wer von diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten; wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird ewiglich nicht dürsten; sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm ein Brunnen des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt”.
