Auf Seite 518 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” schreibt Mrs. Eddy: „Die geistig Reichen helfen den Armen in einer großen Brüderschaft”. Viele erfreuliche Anzeichen lassen in der Tat erkennen, daß brüderliche Liebe in dem Maße klarer zum Ausdruck kommt, wie die von Mrs. Eddy geäußerten Wahrheiten das Denken durchdringen.
Überdies werden, abgesehen von der Arbeit der einzelnen Christlichen Wissenschafter und der christlich-wissenschaftlichen Bewegung im öffentlichen Leben viele edle Anstrengungen gemacht, der Menschheit materiell, sittlich und geistig zu helfen: materiell durch Schenkungen für öffentliche Museen, Büchereien und Universitäten; sittlich durch Anstalten für verlassene Kinder und Leute in vorgerücktem Alter, sowie durch beständig zunehmende Nützlichkeit in den Gerichten, den Gefängnissen und den Besserungsanstalten; und geistig durch die mancherlei Betätigungen der verschiedenen wohlbekannten Glaubensgemeinschaften.
Doch tieferes Nachdenken über das Thema Brüder in Verbindung mit ernstem Sichvertiefen in den oben erwähnten Abschnitt in Wissenschaft und Gesundheit offenbart einem beim Aufrichten der Menschenbrüderschaft eine Hilfe, die wirkungsvoller und dauernder ist als diese menschlichen Mittel, so lobenswert sie an sich auch sein mögen. Das Heilmittel besteht darin, daß sowohl die geistig Reichen als auch die geistig Armen allgemein erkennen, daß die, „die da geistlich arm sind”, hier und jetzt das gleiche Erbe wie die Reichen haben. Jesus sagte: „Selig sind, die da geistlich arm sind; denn das Himmelreich ist ihr”. Er sagte nicht: „wird sein”, sondern: „ist”. Diese geistig Armen haben dreierlei zu tun: erstens, die Wahrheit dieser Erklärung anzunehmen; zweitens, diese Wahrheit offen anzuerkennen und drittens, die Allgegenwart des Himmelreichs in ihrem Denken der Welt äußerlich kundzutun. Diese Aufgabe erfordert ernstes Nachdenken, da die ersten zwei Schritte rein Vorgänge des Denkens und geistig sind.
Wer jedoch wirklich das Himmelreich—Einmütigkeit, Frieden—im Herzen wünscht, kann es sofort haben, wenn er es ablehnt, Materielles, Irrtümliches und Widerwärtiges zu denken. Jedem ist die Kraft gegeben, durch Widerspiegeln Gottes, des einen Gemüts, recht, aufbauend, selbstlos zu denken. Dadurch können wir unser Denken in der Gewalt haben, und wenn wir dies anerkennen, können wir es beim täglichen Anwenden leichter beweisen. Mrs. Eddy sagt auch: „Liebe verleiht der geringsten geistigen Idee Macht, Unsterblichkeit und Güte, die durch alles hindurchscheinen, der Blüte gleich, die durch die Knospe hindurchscheint” (an ders. Stelle). In dem Grade, wie die Menschen dies einsehen, werden die Armen weniger Armut bekunden und die Reichen demütiger werden.
Haben die erwachenden geistig Armen einfach durch rechtes Denken—durch Änderung der Gesinnung und der geistigen Haltung—einen Schimmer von der Möglichkeit dauernden Seelenfriedens erlangt, so muß sich dieser Friede äußerlich bei ihnen zeigen. Durch welche Mittel geschieht dies? Armut jeder Art—Armut an Verstand, an Geld, an gesellschaftlicher Beziehung oder an Gesundheit—hat ihren Ursprung in furchterfülltem, beschränktem oder eigennützigem Denken, und gewöhnlich sind diese Denkweisen beisammen. Die Christlichen Wissenschafter müssen beweisen, daß das göttliche Prinzip, Gott, das eine Gemüt, unbegrenzt, allumfassend und allmächtig ist.
Wie verhält es sich nun, wenn es sich scheinbar um Armut an geistiger Befähigung handelt? Bereitwilliges Aufgeben des Vertrauens auf rein menschliches Überlegen, vertrauensvolles, kindliches Sichwenden an den liebenden Vater-Mutter-Gott in der Gewißheit, daß Gott alles Gute weiß und daß außer diesem Wissen nichts erforderlich ist,—eine solche Gesinnung öffnet rechten Ideen die Tür. Auf glänzenden Verstand stolz sein, würde das Wirken des göttlichen Gemüts für uns begrenzen. Gerade das sogenannte menschlich gute sterbliche Denken möchte die Menschen vom Wachstum abhalten, weil Selbstzufriedenheit jenes nicht bloß verstandesmäßige sondern geistige Befriedigtsein in Gottes vollkommenem Weltall in den Schatten stellen will.
Was ist zu tun, wenn es Armut an Geld zu sein scheint? Vielleicht muß man lernen, anderen in Geldangelegenheiten selbstloser zu helfen, ehe man das eigene Problem lösen kann. Aber wir sollten uns sehr bemühen, zu wissen, daß die göttliche Liebe unsere täglichen Bedürfnisse befriedigen kann. Überdies werden wir, wenn unser Vertrauen in die Fähigkeit der widergespiegelten Liebe, unsere Bedürfnisse zu befriedigen, geistig wächst, für uns selber beweisen können, daß wir tatsächlich auch mit Geld gut versorgt sein können.
Mit dem Verlangen nach persönlicher Behaglichkeit ist vielleicht die Furcht verbunden, daß man zum Arbeiten nicht tauge—daß man unfähig sei. In dem Maße, wie man sich in seinem Handwerk oder in jeder andern Beschäftigung sorgfältig ohne Unterlaß vervollkommnet, schwindet die Furcht, daß man unfähig sei. Wo man fleißig arbeitet, mit dem Ziel der Vollkommenheit vor Augen, ist kein Raum für Furcht. So lernen auch die an geistigem Reichtum Armen irriges, beschränktes Denken meistern, ihr Denken wird friedlich, und sie empfangen den Lohn.
Was nun, wenn sich die Armut in Mangel an Freunden bekundet? Für dieses Problem gilt dieselbe Antwort: Selbstbeherrschung und uneigennützige Liebe. Gemeinschaft mit Gott, die sich in selbstlosem Dienste der Menschheit widerspiegelt und Freundschaft zum Ausdruck bringt, hat in den Denkern und ernsten Arbeitern aller Zeiten stets die Liebe, Dankbarkeit und Achtung hervorgerufen. Ist jedoch das Verlangen nach Freundschaft rein selbstisch, so wird es seiner Leere wegen unerfüllt bleiben. Ärger über Klassenunterschiede muß dem reinen Verlangen weichen, den Menschen ohne Rücksicht auf gesellschaftlichen Stand zu dienen. Ein solches Verlangen wird mit der Zeit einem Menschen den Segen der Freundschaft anderer, die ebenfalls Gott dienen, bringen.
Das gesteckte Ziel—den Menschen selbstlos zu dienen—sollte das Denken aller, der geistig Armen und Reichen, in gleichem Maße beschäftigen. Dann wird es weder Anmaßung noch Herablassung geben. Das richtige Bemühen, Gott bekundet zu sehen, löst durch den Beweis jedes einzelnen Klassenund Rassenunterschiede weit besser als jede erzwungene Massenbewegung. Anmaßung fällt wegen ihrer Lieblosigkeit; aber die göttliche Eigenschaft Demut ist Macht.
Wie verhält es sich bei Mangel an Gesundheit? Mrs. Eddy schreibt (an ders. Stelle): „All die mannigfaltigen Ausdrücke Gottes spiegeln Gesundheit, Heiligkeit und Unsterblichkeit wider—unendliches Leben, unendliche Wahrheit und Liebe”. Indem die Christlichen Wissenschafter dem Prinzip treuer werden, wird bessere Gesundheit allgemeiner werden. Laßt uns Gott danken, daß treue Ausüber in der ganzen Welt schon viel beweisen! In dem Maße, wie das menschliche Denken selbstloser, vom Bösen immer mehr gereinigt wird, wird Krankheit abnehmen, bis sie ganz verschwindet. Jeder Grad von Beweis weist auf dieses endgültige Ergebnis hin.
Wie also die, „die da geistlich arm sind”, der Welt den Dienst selbstloser Liebe erweisen, finden sie, daß sie nicht mehr arm, sondern reich sind und nun ihren Brüdern behilflich sein können, zu der Allgegenwart des Himmelreichs zu erwachen.
