Wer nicht weiß, daß er ein Kind Gottes ist, glaubt, daß er sterblich und Leiden und Unannehmlichkeiten ausgesetzt sei. Aber in seinem wirklichen, geistigen Sein lebt er in der Wohnstätte des Höchsten, wo er von jeher gelebt hat und immer leben wird. Die Sterblichen setzen sich in der Tat Furcht und Leiden aus, weil sie nicht wissen, daß dieses Haus des Herrn, das Himmelreich, der einzig wahre Bewußtseinszustand ist. „Der Himmel ist keine Örtlichkeit”, schreibt Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 291), „sondern ein göttlicher Zustand des Gemüts”.
Wie können wir nun diesen Bewußtseinszustand erlangen? Jesus sagte: „Gehe in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen”. Können alle im Paradies wohnen? fragt der Leidende. Ja. Gott schuf den Menschen, und der Himmel ist Harmonie, wie die Christliche Wissenschaft lehrt. Die einzige Vorbedingung, diese Glückseligkeit jetzt zu genießen, ist also Anerkennung und Beweis der Tatsache.
Um unsere Sicherheit in dieser Gedankenwohnung zu verwirklichen, müssen wir in erster Linie dem Irrtum die Tür verschließen. Ist sie nicht verschlossen, so wird der Feind versuchen, unsere Gedanken in Besitz zu nehmen. Unsere Führerin sagt uns in der folgenden ganz klaren geistigen Auslegung, was dieses heilige Kämmerlein ist (Wissenschaft und Gesundheit, S. 15): „Das Kämmerlein versinnbildlicht das Heiligtum des Geistes, dessen Tür den sündigen Sinn ausschließt, aber Wahrheit, Leben und Liebe einläßt”. Durch unsere Gemeinschaft mit dem göttlichen Gemüt in diesem Gedankenkämmerlein schließen wir das Materielle und Unwahre aus, so daß wir mit dem Geist allein Gemeinschaft haben können. Dann klopft der Feind, das sterbliche Gemüt, vergebens an. Ob es einmal oder zehnmal oder hundertmal anklopft, bleibt sich gleich, wenn man angreifender Gedankenbeeinflussung die Tür seines Denkens fest verschließt. Wir brauchen nichts zu fürchten, „wenn Tugend und Wahrheit eine starke Schutzwehr bilden” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 235). Der Teufel, das in irrige Gedanken gekleidete sterbliche Gemüt, wird schließlich besiegt werden. In der Geschichte der Versuchung Jesu lesen wir: „Da verließ ihn der Teufel”. Durch seinen unerschütterlichen Widerstand hatte Jesus dem Irrtum jeden Zutritt zu dem Kämmerlein seines reinen Bewußtseins verwehrt, worauf die Stimme des Irrtums verstummte.
Was für ein Trost es für den Ringenden ist, zu wissen, daß, als ihn der Teufel verließ, „siehe, da traten die Engel zu ihm und dienten ihm”! Bedenken wir doch, was der Lohn des Ringens ist: die Engel der Gegenwart Gottes bringen Frieden und Freude! Welche Wohltat, vom Ringen wegzusehen und den Blick auf das klare Fenster geistigen Denkens zu richten, das dem Licht der Wahrheit, der Liebe und des Lebens Einlaß gewährt! Für gewöhnlich wäre es unerträglich, in einem Zimmer ohne Licht zu leben. Das Licht erhellt die Atmosphäre. Im Heiligtum des Geistes, des Gemüts, Gottes, ist alles Licht, Harmonie.
In diesem Kämmerlein erkennen wir Gott als die Wahrheit. Hier gibt es keinen Widersacher, keinen Irrtum, der sich in Traurigkeit, Leiden, Armut, Sünde, Krankheit oder Tod bekundet. Hier ist kein Raum für das sterbliche Gemüt, das in der Bibel der Teufel, „ein Lügner und ein Vater derselben” genannt wird. Dieser Teufel nennt eine Krankheit unheilbar und sagt: „Du kannst nicht geheilt werden, während die Wahrheit, Gott, sagt: Ich bin es, „der alle deine Gebrechen heilet”. Der Teufel behauptet, der Sünder wolle sich nicht bessern; aber die Wahrheit antwortet mit dem Gebot: „Leget von euch ab ... den alten Menschen”. Der Teufel sagt: Du wirst morgen nichts zu essen haben, denn du hast keine Arbeit mehr; aber die Antwort der Wahrheit ist: „Es ist genug, daß ein jeglicher Tag seine eigne Plage habe”, und: „Euer Vater weiß, was ihr bedürfet”.
In dem Kämmerlein des wahren Bewußtseins erkennen wir Gott als das Leben. Dieses Leben ist durch Widerspiegelung unser Leben. Unser Vater hat uns das große Recht verliehen, das Leben in alle Ewigkeit widerzuspiegeln. Und da wir das Leben widerspiegeln, spiegeln wir auf ewig alles wider, was es in sich schließt: Kraft, Rüstigkeit, Tätigkeit, Unsterblichkeit, mit einem Wort, wahre Gesundheit. In dem Leben hat der Todesschatten keinen Raum. Dort verbirgt kein Gram die Freude, und es gibt dort keine Leere; denn alles ist Substanz, Wirklichkeit.
In diesem Kämmerlein des wahren Bewußtseins erkennen wir Gott als die Liebe. Hier fühlen wir den Liebreichtum unseres Vater-Mutter-Gottes. Kann man sich eine vollkommenere Liebe als die göttliche Liebe wünschen, die die darbende menschliche Liebe reichlich speist? Ein Kind denkt in den Armen seiner Mutter nicht an Gefahr; es fühlt sich vollständig sicher und braucht sich nicht zu ängstigen. Der Mensch, das Kind Gottes, hat nichts zu fürchten; er ist in sicherer Obhut, und Gott befriedigt stets seine Bedürfnisse. Wie das in liebevoller mütterlicher Fürsorge glückliche Kind erfreut sich der Mensch vollkommenen Glücks, ohne sich im geringsten zu sorgen. Der zu Gottes Ebenbild geschaffene Mensch hat Frieden. Oft hört man von Kindern sagen: „Ja, die sind noch glücklich, sie haben keine Sorgen”. Aber warum haben denn wir Sorgen? Wissen wir nicht, daß wir alle Gottes geistige Kinder sind? Jesus, der die reinen Eigenschaften der Kinder liebte, sagte: „Solcher ist das Himmelreich”.
Welchen Frieden wir also haben sollten, da wir doch stündlich und in Fülle die Segnungen der göttlichen Liebe empfangen können, die in unserer Gedankenwohnung immer gegenwärtig und unendlich höher sind als die Liebe einer menschlichen Mutter zu ihrem Kind! Und wie es unrecht wäre, wenn ein Kind an der Liebe seiner Mutter zweifelte, so ist es unrecht, wenn wir an Gottes Liebe zweifeln, die allen Raum erfüllt. Verschließen wir also der „Voraussetzung von der Abwesenheit des Geistes” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 504) die Tür! Verschließen wir doch der Voraussetzung von der Abwesenheit des Lebens, der Wahrheit, der Liebe die Tür! Dadurch werden wir Frieden haben, bewußt im Reich Gottes, in der Harmonie, weilen.
Die Freudigkeit, die in vergeistigtem Denken zu finden ist, kommt in der Psalmstelle zum Ausdruck: „Wohl denen, die in deinem Hause wohnen”.
