„Wahrheit, Leben und Liebe sind ein Gesetz der Vernichtung gegen alles ihnen Unähnliche, weil sie nichts verkünden außer Gott”. In dem Verhältnis, wie der Schüler die Wahrheit dieser Worte auf Seite 243 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy versteht und anwendet, verbannt er alles Ungute aus seinem Leben. Immer mehr bricht sich die Erkenntnis Bahn, daß Ursache, einschließlich der sogenannten Ursache der Leiden der Welt, mental ist. Weisen wir also Gedanken ab, die Unannehmlichkeit verursachen, so müssen wir von unangenehmen Erfahrungen frei werden.
Eine hilfreiche Lehre bietet die Erfahrung des Paulus auf der Insel Melite. Nach Errettung vom Schiffbruch hängte sich eine Otter an seine Hand, als er ein Feuer anmachen half. Die Zuschauer, die den Schlangenbiß für giftig hielten, glaubten, Paulus werde in einigen Minuten sterben. Aber er dachte anders darüber; denn wir lesen: „Er schlenkerte das Tier ins Feuer, und ihm widerfuhr nichts Übles”. Die mit der giftigen Schlange verknüpfte Gefahr schien der Annahme nach zu drohen; aber das beeinflußte den Apostel nicht. Schüler der Christlichen Wissenschaft finden, daß Irrtümer leichter zu meistern sind, wenn die sterblichen Trugvorstellungen sofort ausgeschieden werden, anstatt sie zu dulden und gewaltige und erschreckende Ausmaße annehmen zu lassen. Unverzügliches Zurückweisen des Irrtums ist ein Hauptpunkt bei aller christlich-wissenschaftlichen Arbeit.
Die Kraft, zu helfen und zu heilen, hängt hauptsächlich von der Bereitwilligkeit und Fähigkeit ab, irrige Einflüsterungen abzuweisen und durch die Wahrheit über Gott und den Menschen zu ersetzen. Mit der Abweisung von Einflüsterungen schütteln wir zugleich falsche Lasten ab; denn es ist weder notwendig noch recht, Lasten zu tragen, die Gott nie schuf. Wir müssen die Lasten abschütteln, wenn wir für Segnungen bereit sein wollen. Durch rechtes Denken finden wir, daß unser augenblickliches Bedürfnis befriedigt ist. Das ist der Zweck rechten Denkens; und wie könnten wir wissen, daß wir recht denken, wenn es nicht Gutes, in erster Linie geistig Gutes, zur Folge hätte?
Die Bibel bezeugt die Notwendigkeit, mentale Hindernisse auszuscheiden. Jesus riet dem reichen Jüngling, der ihn nach dem Weg zum ewigen Leben fragte, sich von dem zu befreien, was leicht zum Verlaß auf das Materielle führt, und ihn hinderte, zu erkennen, daß Gott das einzige Leben und die einzige Substanz ist. Als der blinde Bartimäus geheißen wurde, zum Erlöser zu kommen, war er offenbar für die Heilung empfänglich; denn wir lesen, daß Jesus ihn rufen ließ. „Und er warf sein Kleid von sich, stand auf und kam zu Jesu”. Können wir sein Befolgen des Rufes und das Wegwerfen seines Kleides nicht als Veranschaulichung ansehen, daß er die Annahmen aufgab, die ihn gegen das allgegenwärtige Gute blind gemacht hatten?
Die Schlange bei unserem Problem kann Furcht, Krankheit, Mangel oder irgend eine andere Erscheinungsform der Machenschaften des Bösen, das sterbliche Selbst in irgend einer Form — der einzige Feind jedes Menschen — zu sein scheinen. Wahrer Erfolg hängt im wesentlichen vom Ausscheiden dessen ab, was unserem wahren Selbst unähnlich ist. Duldet man keinen falschen Gedanken in seinem Bewußtsein, vergegenwärtigt man sich dagegen die Wahrheit, so kann der Irrtum nicht als Erlebnis in Erscheinung treten. Der Bildhauer gestaltet sein Standbild, indem er allen Stein wegmeißelt, der nicht zu der Gestalt gehört, die ihm vorschwebt. Um einen Beweis des Guten zu erbringen, müssen wir die dem wirklichen Menschen, dem Ebenbild Gottes, unähnlichen Gedanken ausscheiden. Wir haben immer das vollkommene Gesetz Gottes, an das wir uns um Kraft und Versorgung wenden können, und es ist ein Gesetz der Vertreibung und vollständigen Vernichtung jeder falschen Annahme.
Es braucht uns nicht zu überraschen, wenn wir uns vor Schwierigkeiten, ja sogar vor böse Schwierigkeiten gestellt sehen. Wurde der reine und gerechte Nazarener nicht wie wir alle, „doch ohne Sünde”, versucht? Jesus verstand, Versuchungen gegenüber standhaft zu bleiben, wie aus seinen Worten hervorgeht: „Es kommt der Fürst dieser Welt, und hat nichts an mir”. Im Bewußtsein des Erlösers war nichts, woran das Übel sich hätte klammern können; daher konnte er dessen Ansprüche auf Wirklichkeit augenblicklich zurückweisen. Je getreuer wir Jesu Führung folgen, desto besser werden wir imstande sein, uns auf dieselbe Art zu schützen.
Wenn wir uns auf die hypnotischen Einflüsterungen des sterblichen Gemüts einlassen und sie für unsere eigenen Gedanken halten, setzen wir uns den Folgen aus, die ein solches Denken nach sich zieht. Sind wir aber wachsam, so daß wir einen falschen Gedanken als das, was er ist,— als Lüge — sehen und ihn dadurch der vorgetäuschten Wirklichkeit entkleiden, so kann er uns nicht mehr täuschen. Irrtum, den wir aufdecken und aus unserem Denken ausscheiden, kann uns kein Leiden verursachen. Unsere heutigen Erlebnisse repräsentieren die Gedanken, die wir angenommen, in unser Bewußtsein eingelassen haben. Unsere künftigen Tage werden viele Gedanken, die wir heute festhalten, ans Licht bringen. Aber wir werden von bösen Gedanken, die wir ausscheiden, keine schlimmen Folgen erleiden.
Unsere mentale Haltung ist von höchster Wichtigkeit. Die Lügen des Irrtums können uns nur so lang täuschen, wie wir sie für wahr halten. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß alle Erlebnisse nicht mehr und nicht weniger wirklich sind, als man sie macht. Wir können daher unsere Erlebnisse durch Wahl unserer Gedanken in der Gewalt haben. Bedingung dafür ist, daß man sich folgerichtig und erfolgreich bemüht, das niedrige falsche Denken abzuschütteln. Unser großer Schutz ist die göttliche Liebe, die alles Wirken in sich schließt, da die Liebe nicht untätig sein kann. Das Leben ist die Liebe, und wo die allwirkende Liebe vorhanden ist, kann kein Übel bestehen.
Wer sich von irgend einem Irrtum niedergedrückt fühlt, kann in den Worten unserer Führerin (Wissenschaft und Gesundheit, S. 243) Ermutigung finden: „Die göttliche Liebe, welche die giftige Natter unschädlich machte, welche die Männer aus dem siedenden Öl, aus dem feurigen Ofen und aus dem Rachen des Löwen befreite, kann zu allen Zeiten die Kranken heilen und über Sünde und Tod triumphieren”. Alles, was Furchtgespenste hervorrufen möchte, kann man heute so bestimmt und so wirksam abschütteln, wie Paulus sich seinerzeit von der gefürchteten Otter befreite und ihre Nichtsheit bewies.
