„Preiset mit mir den Herrn”, ruft der Psalmist aus, und in der ganzen Bibel werden die Menschen aufgefordert, Gott zu preisen. Die Christliche Wissenschaft erklärt in einfacher und klarer Weise, warum dieser Rat von praktischem Wert und etwas Wichtigeres ist als nur eine lobenswerte Haltung eines Christen. Die Christliche Wissenschaft geht von der grundlegenden Behauptung aus, daß Gott das All ist, daß „der Herr allein Gott ist und keiner mehr”, und sie hält diese Stellungnahme durch Offenbarung, Vernunft und Beweis folgerichtig aufrecht.
Der Schüler der Christlichen Wissenschaft setzt alles daran, diese Tatsache in seinem Leben zum Ausdruck zu bringen. Er anerkennt, daß Gott gut ist, und daß Er das All ist, und beginnt mit der Anerkennung, daß das Gute die einzige Gegenwart und Macht ist. Wird sein Glaube an diese Grundwahrheit auf die Probe gestellt, so trägt das nur zu seiner Stärkung und Ermutigung bei, und sein Glaube an das Böse beginnt zu schwinden. In jeder Lage ist das Gute das Wirkliche, und selbst die geringste Vorstellung davon ist greifbar, während das Böse nicht vorhanden ist und nie etwas anderes als eine Täuschung sein kann. Wo ein menschliches Problem auszuarbeiten ist, ist es äußerst wichtig, das schon kund gewordene Gute anzuerkennen, selbst wenn es inmitten des Mißklangs und der Furcht geringfügig scheinen sollte. Damit das empfangene Gute den Irrtum im menschlichen Bewußtsein verdrängen kann, muß es anerkannt und gepriesen werden. In dem Verhältnis, wie dies geschieht, verschwinden falsche Zustände.
Eine sehr beliebte biblische Geschichte handelt von einer Witwe, die zu dem Propheten Elisa kam und ihn um Hilfe bat. Ihre mißliche Lage war so schlimm, daß ein Gläubiger statt einer Schuldsumme, die sie anscheinend nicht bezahlen konnte, ihr ihre beiden Söhne als Leibeigene nehmen wollte. Mann kann sich vorstellen, wie erbarmungsvoll der Prophet die Erzählung ihrer Notlage anhörte und auf jene Teilung in den Wolken des sterblichen Sinnes wartete, wo das Licht der Wahrheit durchdringen konnte, und sie in ihrer Antwort auf seine Frage: „Sage mir, was hast du im Hause?” fand. Auf diese Frage erwiderte sie, sie habe „nichts im Hause denn einen Ölkrug”. Elisa würdigte ihre Anerkennung dessen, was sie schon besaß, als günstigen Punkt, wo sie mit der Lösung ihres Problems beginnen konnte. Das schon erkannte Gute mußte geschätzt und gepriesen werden, und dieser Aufgabe erwies sich das Weib mit des Propheten Hilfe gewachsen. Als sie von dem Guten, das sie besaß, eine bessere Auffassung erlangte, schwand die Furcht vor der Schuld, die rechtzeitig beglichen wurde, aus ihrem Bewußtsein. Elisa konnte durch seine Kenntnis geistiger Werte die Lösung des Problems und die erforderlichen menschlichen Schritte verstehen.
In auffallendem Gegensatz hiezu steht die Veranlagung des menschlichen Gemüts, das Gute zu verkleinern. Manches würdige Ziel wird wehmütig ins Auge gefaßt; aber infolge der Neigung, das zu Gebote stehende Gute gering zu schätzen, unterbleibt vielleicht der erste Schritt dazu. Es ist beachtenswert, daß Christus Jesus, als er dem Bericht im Evangelium des Johannes gemäß die Jünger nach Brot zur Speisung der Fünftausend fragte, von einem Jünger zur Antwort bekam: „Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; aber was ist das unter so viele?” Diese Geringschätzung des zur Verfügung stehenden Vorrats steht in auffallendem Gegensatz zum Standpunkt des Meisters. Jesus nahm die Brote und Fische, die der Jünger Anerkennung des Lebensmittelvorrats darstellten,— obwohl sie zur Befriedigung des menschlichen Bedürfnisses nicht genügten. Indem er ihre Anerkennung des vorhandenen Vorrats als Ausgangspunkt seines Beweises der reichen Versorgung Gottes benützte, bewies er ihnen, daß das göttliche Gemüt Seine eigenen Ideen vermehrt und alle Bedürfnisse des Menschen befriedigt. Dies führte zur allgemein befriedigenden Speisung von über 5000 Menschen.
Unter denen, die die Menschen dringend ermahnt haben, „den Herrn zu preisen”, gebührt unserer Führerin Mrs. Eddy, die klar gemacht hat, warum es weise ist, es zu tun, die erste Stelle. Indem sie sich in Liebe geduldig an die Massen wandte, zeigte sie, wie wertvoll die Ermahnung ist. Sie hat die Christliche Wissenschaft, die Gott in menschlich verständlicher Weise beständig verherrlicht, als „der Wahrheit Prisma und Preis” (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 558) bezeichnet. Sie hat ihre Entdeckung so dargelegt, daß der Anfänger sie schon von Beginn seines Studiums an verstehen kann. Jeder kann die Wahrheit ihrer Erklärung beweisen (Wissenschaft und Gesundheit, S. 261): „Halte den Gedanken beständig auf das Dauernde, das Gute und das Wahre gerichtet, dann wirst du das Dauernde, das Gute und das Wahre in dem Verhältnis erleben, wie es deine Gedanken beschäftigt”. Unzählige Menschen in der ganzen Welt haben diese Erklärung schon bestätigt. Was ist dann der unumgängliche Schluß hinsichtlich der Gewohnheit, Böses zu denken, der Neigung, bei den Irrtümern der Sinne zu verweilen, viel darüber zu reden, immer und immer wieder, einmal bedauernd, ein andermal grollend darüber nachzudenken — kurz, hinsichtlich der Verherrlichung des Bösen und der Geringschätzung des Guten?
Es ist wahr, daß der Irrtum nicht übersehen werden darf, und daß eine quälende Annahme durch das menschliche Bemühen, sie aus dem Denken auszuschließen, nicht immer sofort zum Schweigen gebracht wird; aber dies läßt nur erkennen, daß mehr gute mentale Arbeit getan werden muß. Selbst wenn nur eine Erscheinungsform des Irrtums überwunden ist, muß die gewonnene Stellung festgehalten werden. Das Gute muß verherrlicht und die Einflüsterung, daß man in eine Stellung, der man entwachsen ist, zurückkehren könne, zurückgewiesen werden. Mit der ihre tiefgründigen Äußerungen kennzeichnenden Einfachheit schreibt unsere Führerin (Miscellaneous Writings, S. 206): „Der wirkliche Christliche Wissenschafter legt in Wort und Tat, im Denken und Reden beständig Nachdruck auf Harmonie und wiederholt unaufhörlich die himmlische Weise: ‚Das Gute ist mein Gott, und mein Gott ist das Gute. Die Liebe ist mein Gott, und mein Gott ist die Liebe‘”. In diesem Verherrlichen des Guten liegt eine Erklärung der „Schönheit der Heiligkeit”, die im Leben der Geistiggesinnten zum Ausdruck kommt.
