Die meisten Menschen beschäftigen sich viel mit ihrer Wohnung, ihrem Heim, wie sie es nennen. Sie schmücken es mit schönen und bequemen Dingen, sie rücken Zeit und Geld daran, es nach ihrem eigenen Geschmack und Wunsch zu gestalten. Viele Leute erkennen jedoch nicht, daß eine Wohnung im Grunde mental ist: sie stellt die Gedanken dar, die wir hegen. Daher kann es vorkommen, daß uns ein Heim, wo äußerlich Behaglichkeit, Prachtliebe und Kunst herrschen, leer, kalt und unbefriedigt läßt. Die mentale Atmosphäre spricht lauter als die äußere Umgebung.
„Umgebung” ist ein interessantes Wort. Es bedeutet das, was uns umgibt. Ein Wörterbuch erklärt „umgeben” als „umfassen, vollständig einschließen” und als gleichbedeutend mit dem Wort „umschließen”. Man tut gut daran, die rechte Bedeutung von Umgebung zu gewinnen und darüber nachzudenken, wo unsere Gedanken gewohnheitsmäßig weilen. Weilen wir z.B. beständig bei dem, was Mrs. Eddy „die Haupt- und Grundregel” der Christlichen Wissenschaft nennt, nämlich, „daß Gott gut ist, das Gute daher allmächtig und allgegenwärtig ist” (Miscellaneous Writings, S. 172), in dem Verständnis „der Endtatsache” (Miscellaneous Writings, S. 63), „daß Gott allmächtig und allgegenwärtig ist; ja, ‚daß der Herr allein Gott ist und keiner mehr‘”?
Die ausfallende Ähnlichkeit dieser beiden wichtigen Erklärungen ist bedeutsam und verdient Beachtung. Wenn wir bei solchen Tatsachen verweilen, erfassen wir etwas von der großen Wahrheit, daß des Menschen Umgebung der Geist ist, den Mrs. Eddy im Glossarium in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 594) u.a. erklärt als „alles, was gut ist”. Solches Denken bringt uns die rechte menschliche Umgebung. Warum? Weil zur Besserung oder zum Beweis in jeder Richtung nur eine Änderung des menschlichen Bewußtseins nötig ist. Wenn wir durch andachtsvolle Betrachtung und treue Bejahung über die dem Sinnenzeugnis entgegengesetzte einfache Tatsache nachdenken, daß das Gute allein wirklich ist, daß das Gute die einzige Macht und die einzige Gegenwart ist, werden unsere Gedanken von dieser wahren Daseinsanschauung erfüllt, und der mesmerische Anschein des Bösen mit seinen angeblichen Tätigkeiten beginnt zu verschwinden. In diesem Maße nähern wir uns dem wahren Bewußtsein, dem Bewußtsein der Unendlichkeit des Guten, das sich auf natürliche Art in unserer Erfahrung bekundet.
In einer herrlichen Stelle auf Seite 227 in „Miscellaneous Writings” spricht unsere Führerin von „ruhigen, selbstgeachteten Gedanken”, die „in ihren eigenen Hütten bleiben und auf einem heiligen Berge wohnen”. Einen Hinweis auf eine solche Wohnstätte, einen ungemein wichtigen Ansporn, ein solches Heim für uns zu gewinnen, bei dem es sich nicht um Reichtum sondern nur um Demonstration handelt, finden wir im 1. Kapitel des Evangeliums des Johannes. Dieses Kapitel bietet ein Bild großen Gegensatzes. Johannes der Täufer, der strenge und gerechte Prediger, der Mann, der mit einem Kleid von Kamelshaaren bekleidet in der Wüste wohnte, dessen Charakter so stark und unnachgiebig war wie seine gegen die Gottlosen gerichteten Anklagen, rief aus, als er Jesus zu ihm kommen und ihn wandeln sah: „Siehe, das ist Gottes Lamm! Welche Anziehung dieser von Johannes gewahrte Anblick geboten haben muß! Denn es heißt in der Erzählung weiter, daß die beiden Jünger des Johannes, die Jesus reden hörten, diesem sofort nachfolgten. Was veranlaßte Johannes, einen solchen Ausdruck zu gebrauchen, als er den Nazarener sah? Warum beschrieb er Jesu Erscheinung in dieser Weise? Es konnte nur sein, daß von der sich ihm nähernden anmutigen Gestalt eine mächtige Unschuld ausging — eine vollständige Selbstlosigkeit, das Vertrauen kleiner Kinder und ihre Freudigkeit und schließlich noch die himmlische Unschuld des Lammesbewußtseins. Ein solcher Anblick seiner Göttlichkeit mußte als eine unwiderstehliche Anziehung, sozusagen als Gesetz geistiger Anziehung wirken, um alle sür Geistigkeit Empfänglichen anzuziehen.
Die beiden Jünger fragten den Meister: „Wo bist du zur Herberge” Kann dies für uns heute nicht heißen: Wo weilt dein himmlisches Bewußtsein? Mit was für Gedankeneigenschaften gehst du um? Jesus antwortete den Jüngern: „Kommt und sehet’s”. Sie taten dies. Sie entdeckten, wo er sich aufhielt, nämlich bei den Wirklichkeiten des Seins, bei allem Lieblichen, bei allen reinen, erhebenden Wünschen, bei allen wohltätigen und erbarmungsvollen Urteilen. Über alle Maßen erbaut und befriedigt „blieben” sie „den Tag bei ihm”.