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Der alte und der neue Mensch

Aus der September 1936-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Mahnung des Paulus in seinem Briefe an die Kirche in Ephesus enthält für den Schüler der Christlichen Wissenschaft, der sich von seinem wahren Selbst, d. h. vom wirklichen Menschen, einen klaren Begriff zu bilden und zu bewahren sucht, eine wertvolle Lehre. Sie lautet: „So leget nun von euch ab nach dem vorigen Wandel den alten Menschen, der durch Lüste im Irrtum sich verderbet. Erneuert euch aber im Geist eures Gemüts und ziehet den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit”. So zeigte Paulus durch drastischen Gegensatz die große Kluft zwischen dem fleischlichen Menschen, der Nachahmung, und dem wirklichen Menschen, dem Ebenbild Gottes, dem Menschen, „der geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit”.

Mrs. Eddy macht sehr klar, daß der alte Mensch — alt im Sinne der uralten Annahme, daß die materielle Nachahmung der wirkliche Mensch sei — nur eine Trugvorstellung, der Sprößling des materiellen, sündhaften Sinnes ist, der von der falschen Annahme getrennt kein Dasein hat. Wer kann bezweifeln, daß es weise oder wünschenswert ist, von diesem falschen Sinn vom Menschen frei zu werden, damit der wahre Begriff zum Vorschein kommen kann? Selbstverständlich können wir nicht gleichzeitig am Falschen und am Wahren festhalten. Wir können nicht die Wahrheit über etwas erlangen, solange wir an einer Lüge darüber festhalten.

Paulus beschreibt den wirklichen Menschen ganz richtig als „nach Gott” geschaffen. Dieser von Gott geschaffene Mensch, die vollständige Offenbarwerdung des Gemüts, Gottes Vertreter, ist das wirkliche Selbst, das der Christliche Wissenschafter in seinem Bewußtsein aufzurichten trachtet. Es ist der vollkommene Mensch, den Jesus wissenschaftlich wahrnahm. Und dieser Begriff heilt, wenn erlangt, heute wie vor alters den materiellen Sinn vom Menschen von den Annahmen Krankheit und Sünde. Das ist die Arbeit, mit der wir Christliche Wissenschafter uns befassen. Auch wir sind durch das in der Christlichen Wissenschaft enthüllte Verständnis des Wesens und der Eigenschaften Gottes und des Wesens des Menschen, des Ausdrucks Gottes, im Geiste christlichen Dienens bestrebt, jenen geistigen Begriff vom vollkommenen Menschen zu erlangen, der alle auf der fleischlichen Vorstellung vom Menschen beruhende Unwahrheit vernichtet. Dieser Vorgang führt, wie es scheint, zu einem Kampf, der sich infolge der Hartnäckigkeit der falschen Annahmen über den alten Menschen zuweilen in die Länge zieht. Die Menschheit hat so lang geglaubt, daß der Mensch materiell sei, daß die geistige Umwandlung des menschlichen Bewußtseins Geduld und Ausdauer zu erfordern scheint. Dieses oft langdauernde Suchen ist jedoch bei jedem Schritt, den der ringende Schüler in der Richtung des Geistes macht, von unschätzbarem Lohn begleitet. Der Weg wird, wenn wir weitergehen, beständig heller, so daß der Lohn genau im Verhältnis zu der Ausdauer, der Treue und der Intelligenz des Bemühens steht. Ferner verringert jeder gewonnene und angewandte Schimmer geistiger Wahrheit in gewissem Maße die Last des materiellen Daseins für die ganze Menschheit.

Ob wir nun bestrebt sind, eine entweder als Sünde oder als Krankheit kund werdende falsche Annahme für uns selber oder für jemand anders zu zerstören, der Vorgang ist derselbe. Wenn wir uns der göttlichen Gegenwart als der einzigen Wirklichkeit, der göttlichen Liebe und ihrer Offenbarwerdung als des ganzen Seins bewußt sind, tritt das Ergebnis schnell und sicher ein; denn wir nehmen den wirklichen Menschen in seiner geistigen Vollkommenheit wahr.

Unsere Führerin beschreibt auf Seite 412 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” genau das anzuwendende Verfahren. „Um durch Argumente zu heilen”, schreibt sie, „stelle die Art des Leidens fest, bringe dessen Namen in Erfahrung und stelle dann deine mentale Verteidigung dem Physischen entgegen”. So stellen wir die Tatsachen über den neuen, diesen wirklichen Menschen den falschen Behauptungen über den alten Menschen, den materiellen Sinn vom Menschen, der vermeintlich krank ist und leidet, gegenüber. Es ist gar nichts anderes als ein Eintauschen falscher Annahmen gegen geistige Wahrheit, von Unwirklichkeit gegen Wirklichkeit. Dies sollte, rein vom Standpunkte richtigen Folgerns aus betrachtet, nicht schwierig sein. Aber gewisse besondere Annahmen haben sich anscheinend im menschlichen Denken so tief eingewurzelt und festgesetzt, daß sie sich Gesetzesform und Gesetzeskraft anzumaßen scheinen. Den wachsamen Schüler täuschen oder erschrecken solche Ansprüche nicht. Es gibt nur einen Gesetzgeber, Gott, daher kein Gesetz außer Seinem Gesetz.

Es ist beachtenswert, daß „Beharrlichkeit erforderlich” die Randüberschrift des oben angeführten Abschnitts ist. Manchmal scheint es, wenn der Irrtum nicht schnell weicht und wir nicht auf der Hut sind, daß er einen Grad von Wirklichkeit annimmt, zu dem er nicht berechtigt ist. Der Beweisgrund sollte nicht so geführt werden, als ob ein Gegner, ein Widersacher, etwas dem Guten Entgegengesetztes so zu bekämpfen wäre, wie wenn es Wirklichkeit besäße. Der Beweisgrund hat höchstens den einzigen Zweck, die Tatsache festzustellen, daß das Böse, Irrtum jeder Art oder Form, völlig unwirklich, unpersönlich ist, keinen Aufenthaltsort, keine Wesenheit hat. Ist die Unwirklichkeit einer besonderen Erscheinungsform des Bösen einmal festgestellt, so verschwindet es sogar als bloßer Anspruch, und Harmonie tritt an Stelle des scheinbaren Mißklangs.

Zuweilen findet man beim Aufdecken auch, daß die der äußeren Bekundung zu Grunde liegende besondere Annahme tief in den Schlupfwinkeln des Denkens des Kranken verborgen ist. Dann wird, wenn wir Beweisführung anwenden, eine Untersuchung der Gesinnung notwendig, nicht ein Suchen nach etwas Wirklichem, sondern nach dem falschen Glauben, der eine Wirklichkeit zu sein beansprucht. Hier kann die Veranlagung oder die Eigenart des Menschen in Betracht zu ziehen sein. Auf Seite 119 in „Miscellaneous Writings” finden wir die bemerkenswerte Erklärung unserer Führerin: „Man wird finden, daß das menschliche Wesen, das widerspenstiger ist als der Umstand, immer Gründe zu seinen Gunsten — für seine Gewohnheiten, Neigungen und Liebhabereien — vorbringt”. Das sogenannte sterbliche Gemüt, das aus tiefeingewurzelten und hartnäckigen persönlichen und ererbten Annahmen besteht, widersetzt sich der herannahenden Entdeckung und Vernichtung, die stattfindet, wenn Christus, die Wahrheit, die Unwahrheit seiner Behauptungen aufdeckt. Daß sie nicht wahr sind, sieht man erst, wenn man die Wahrheit über den Menschen erlangt und beharrlich festhält. Dann muß und wird die Unwahrheit der unwiderstehlichen Wahrheit weichen, mag die Art des Menschen, d. h. seine Veranlagung auch noch so beharrlich Beweisgründe für die Wirklichkeit „ihrer Gewohnheiten, Neigungen und Liebhabereien” vorbringen.

Dieses Aufdecken und Vernichten des Irrtums entspricht dem Binden des Starken in dem Gleichnis, das der Meister so wirkungsvoll gebrauchte. Die vermeintlich ererbten und für wahr gehaltenen, tief eingewurzelten persönlichen und Rassenannahmen des menschlichen Denkens sind für den materiellen Sinn ein gewaltiges Hindernis für das Eindringen des Vernichters, des heilenden Christus. Aber der Irrtum muß, mag ihn eine falsche Gesinnung auch noch so zäh festhalten, mag er auch noch so lang darin beharren und dem äußeren Anschein nach noch so drohend sein, unbedingt dem Vertreter der Allmacht weichen. „Keine Macht kann der göttlichen Liebe widerstehen”, lesen wir auf Seite 224 unseres Lehrbuchs. Der mit dem klaren Verständnis der Gegenwart, der Allheit und der Zugänglichkeit Gottes ausgerüstete Jünger Christi, der Wahrheit, ist vollständig ausgestattet, den Feind — den Feind der Menschheit, den tierischen Magnetismus, den alten Menschen — zu besiegen, so stark er auch in dem Anspruch des Bösen verschanzt zu sein scheint.

In seinem Briefe an die Kolosser schreibt Paulus, daß der neue Mensch „erneuert wird zu der Erkenntnis nach dem Ebenbilde des, der ihn geschaffen hat”. Der Mensch im Ebenbild des hier und überall, jetzt und immerdar gegenwärtigen Gottes spiegelt beständig die Eigenschaften und Merkmale Gottes wider. Die Lehren und der Beweis der Christlichen Wissenschaft erwecken die Welt zu der praktischen Anwendung dieser Tatsache; die Lasten des alten Menschen werden etwas leichter, und der wirkliche Mensch kommt zum Vorschein.


Laßt uns weniger an Menschen und mehr an Gott denken.—

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