Der durch die Christliche Wissenschaft geweckte geistige Sinn sieht die wichtige Frage des Unterhalts vom rechten Standpunkt aus und wartet darauf, die Menschheit von dem falschen, unsicheren Sinn von Unterhalt, der sie zu beherrschen sucht, zu befreien. Menschliche Probleme finden ihre Lösung, wenn die Grundlage des Unterhalts verstanden wird. Gott, das göttliche Gemüt, ist für das Wohlergehen der ganzen Schöpfung verantwortlich: das Sein spiegelt sich in Wohlsein wider. Durch geistiges Verständnis werden Stolz auf Errungenschaft und Furcht vor Mißlingen als Nichts bloßgestellt und der unwissende Eigendünkel, der glaubt, daß man die einzige Stütze von Abhängigen oder ein sich selbst versorgendes menschliches Wesen sei, entlarvt. Durch geistigen Blick werden auch bitterer Neid und Gewalt ausgerottet, die in Anbetracht der unendlichen, unparteiischen Fürsorge der göttlichen Liebe in der Tat vernichtet werden sollten.
Auf Seite 511 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” erklärt Mrs. Eddy: „Das göttliche Gemüt trägt die Erhabenheit, Größe und Unendlichkeit der geistigen Schöpfung”. In dieser „Erhabenheit, Größe und Unendlichkeit” gibt es nichts Materielles oder Zeitliches, nichts Unwürdiges oder Kleinliches. Alles ist geistig, unterstützungswürdig und unterstützt. Hierauf weist Mose durch seine sinnbildliche Erklärung hin: „Unter dir sind die ewigen Arme ausgebreitet” (engl. Bibel).
Woran krankt dann die Menschheit? An dem Glauben, daß es eine zweite, durch sich selbst bestehende, von Gott getrennte materielle Schöpfung gebe, die willkürlich durch Zufall und Ungerechtigkeit regiert werde. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß nur das göttliche Gemüt durch sich selbst besteht und sich selbst erhält, und daß der Mensch sein Dasein im und vom Gemüt hat. Die Vergegenwärtigung dieser feststehenden Tatsache erhebt das menschliche Denken über die Furcht vor unbeständiger Versorgung, veränderlicher Gelegenheit und Kreisläufen der Geschäftsstockung. Das Leben, Gott, teilt Leben und alles zur Kraft und zum Unterhalt Nötige mit. Was tut den Menschen in erster Linie not, wenn Gesundheit, Geld, sogar das unentbehrlich Notwendige und sichtbare Versorgungsmittel offensichtlich dahinschwinden? Was not tut, ist aufgeklärtes Denken, geistiger Blick, heilige Inspiration, die alle Furcht überragt; und diesem ersten Bedürfnis müssen alle in erster Linie Beachtung schenken. Wie viele tun es?
Noch eine andere Erklärung unserer Führerin über diese Frage ist beachtenswert: „Diese Wissenschaft heißt nur das gut, was von dem unfehlbaren Prinzip des Seins erhalten wird” (Miscellaneous Writings, S. 93). Diese Wissenschaft billigt weder Furcht, Mutlosigkeit und Selbstbedauern, noch irgend eine der Forderungen und Qualen des sündigen Sinnes. Sie billigt auch nicht Hochmut und Eigenwillen, Neid, Übergriff, Rücksichtslosigkeit oder irgend welche anderen offen gottlosen Züge des sterblichen Gemüts. Diese Züge müssen aufgegeben werden, wenn man göttliche Versorgung beweisen will.
Furcht, Besorgnis, Wetteifer und alle Formen der Annahme von Leben in der Materie sind wie ein Nebel vor den Augen der Sterblichen, und dieser Nebel scheint in Form von einer nachgeamten materiellen Welt, von ängstlichen Sterblichen, von Kampf, Mühe, Verschwendung und Mangel in Erscheinung zu treten. Die in der Christlichen Wissenschaft geoffenbarte Wahrheit des geistigen Seins zerteilt diesen Nebel des materiellen Sinnes. Geistige Erleuchtung vertreibt menschliche Befürchtungen und beseitigt das verwaiste Gefühl, das die Menschen glauben läßt, sie seien auf ihre eigenen Hilfsquellen angewiesen.
Die Christliche Wissenschaft erklärt sowohl, was Unterhalt ist, als auch, was unterhalten wird. Sie beseitigt die Vorstellung, daß das unendliche Gemüt in übernatürlicher Weise für ein materielles Weltall und einen materiellen Menschen sorge, da diese falschen Begriffe keinen Raum in der göttlichen Allwissenheit haben. Sie enthüllt die unendlichen Hilfsquellen der göttlichen Liebe und ihre praktische Bedeutung für die Menschheit. Widerwärtige Zustände, die ganz im Gegensatz zu der Vorsorge der Liebe für den Menschen stehen, werden geheilt, wenn man sich vergegenwärtigt, daß es in Gottes Schöpfung nichts Körperliches gibt, und daß das Weltall des Geistes das einzige Weltall ist. Überall in diesem Weltall herrscht in jeder Hinsicht Fülle, vermehrte Widerspiegelung der einen Liebe, des einen Lebens, des einen Gemüts. Des Menschen geistiger Blick sieht Fülle, nicht Mangel; Gesundheit, nicht Krankheit; Heiligkeit, nicht Sünde.
Der materielle Sinn legt die Stützung materieller Körper auf materiellem Boden als eine Form von Unterstützung aus. Dies hat leicht regelwidrige, unrechtmäßige Hemmnisse zur Folge. Durch geistiges Verständnis werden diejenigen, auf denen menschliche Urteile lasten und die sich für körperlich verkrüppelt, sogar der Kraft sich zu bewegen beraubt halten, seelisch und körperlich wiederhergestellt. Was stützte Jesus, als er auf dem Wasser ging? Und warum sank Petrus auf demselben Wasser? Jesus wurde durch seinen Sinn von Substanz gestützt, und Petrus sank wegen seines Glaubens an Körperlichkeit. Jesus verließ sich ganz bestimmt nicht auf das Wasser als Stütze, sondern auf die Substanz und die Quelle seines Seins, deren Geistigkeit und Unkörperlichkeit er verstand. Körperlichkeit hat keine Stütze in der Wahrheit; denn sie ist eine Einbildung. Nirgends in der Schöpfung des Geistes ist eine Annahme der Unterjochung durch Sünde, Armut oder Krankheit zu finden. Alles, was im Gemüt besteht, bekundet die ununterbrochene und mühelose Unterstützung und Tätigkeit des Prinzips.
Was wird dann von der Wissenschaft unterstützt? „Die Wissenschaft unterstützt Harmonie, verneint Leiden und vernichtet es durch die Göttlichkeit der Wahrheit” (Miscellaneous Writings, S. 102). Wenn der Christliche Wissenschafter seinen Unterhalts- und Abhängigkeitsbegriff von der Materie auf das Gemüt, vom Endlichen auf das Unendliche, vom Persönlichen auf das Allumfassende überträgt, sehen wir diese Unterhaltsfrage in einem neuen und beruhigenden Licht, was die menschliche Gesundheit, den Charakter und die Lage günstig beeinflußt. Das wissenschaftliche Verständnis, daß die Ideen des Gemüts ihren Unterhalt im Gemüt haben, muß in vollem Maße erlangt werden. Dadurch erwachen diejenigen, die zagend durchs Leben gingen und glaubten, sie seien durch ungerechte Verantwortung, durch die Laune des Zufalls und durch unzulängliche mentale und finanzielle Ausrüstung gehemmt, aus diesem Alpdruck.
Was müssen wir dann als Christliche Wissenschafter tun? In dem Verhältnis, wie wir für das eine vollkommene Gemüt zeugen, beweisen wir, daß wir mit verkehrten, verschrobenen Einbildungen und ihren Folgen nichts gemein haben. Wir beweisen uns als mental aufrecht durch die aufrechte Haltung der Wahrheit. Wir beweisen uns als tatkräftig, gelassen, rein. Durch Widerspiegeln der Allmacht des göttlichen Prinzips und Verneinen aller Macht oder Gegenwart des Bösen beweisen wir unsere Überlegenheit über Umstände. Erziehen wir uns zu dem Vertrauen, daß das Leben uns im Dasein erhält, daß die unendliche Liebe uns in Liebe erhält, daß das Gemüt uns in Intelligenz erhält, daß die Seele uns in Reinheit und Frieden erhält, so werden wir durch unsern Gehorsam gegen das Prinzip in Freude und Herrschaft erhalten. So wird unser Weg heller und unser Schritt leichter, weil wir uns würdig erweisen zu erklären: „Mich aber erhältst du um meiner Frömmigkeit willen”.
