Der allgemeine Begriff von Versorgung ist ein ganz materieller. Die meisten Leute glauben, daß einer, der ein gutes Geschäft hat, oder jemand, der viele Güter sein eigen nennt, und ein Beamter, der von einer guten Stellung ein sicheres Einkommen hat, versorgt sei. Dies mag dem materiellen Sinn zutreffend erscheinen. Aber wie verhält es sich, wenn das Geschäft des einen nichts mehr einträgt, wenn der andere sein Kapital oder der Beamte seine Stellung verliert? Dann halten sie es wohl für einen harten Schlag, und manche mögen sogar Gott dafür verantwortlich machen. Oft werden jedoch die Menschen durch scheinbare Niederlagen gezwungen, ihr Denken Gott, dem Geist, zuzuwenden, um in Ihm ihren wahren und einzigen Versorger zu finden.
Neulinge in der Christlichen Wissenschaft mögen irrtümlich glauben, daß sie sich durch diese Wissenschaft alle möglichen weltlichen Dinge beweisen können, und daß alle ihre menschlichen, selbstischen Wünsche in Erfüllung gehen werden. Es sollte sofort darauf aufmerksam gemacht werden, daß dies eine falsche Auffassung der Christlichen Wissenschaft ist. Mary Baker Eddy erklärt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 10): „Es ist nicht immer gut für uns, das zu empfangen, was wir begehren und erbitten. In solchem Fall wird die unendliche Liebe die Bitte nicht gewähren”.
Jesus machte wiederholt darauf aufmerksam, daß wir uns nicht um materielle Versorgung ängstigen sollten. Von großer Bedeutung sind seine Worte: „Es steht geschrieben: ‚Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht‘”; und: „Euer himmlischer Vater weiß, daß ihr des alles bedürfet”. Wenn die Menschen um der Brote und Fische willen zur Christlichen Wissenschaft kommen, wundern sie sich oft, daß die erwünschten Erfolge ausbleiben. Doch dies ist unvermeidlich; denn alle müssen ihre Netze auf der rechten Seite, der Seite des Geistes, auswerfen, wenn sie sie voll bekommen wollen.
Das Urchristentum oder die Christliche Wissenschaft hat nichts mit Prunk und Pomp zu tun. Sie lehrt die Menschen nicht, nach weltlicher Macht und Befriedigung zu trachten, sondern immer bestrebt zu sein, zwischen dem Wahren und dem Unwahren zu unterscheiden; denn das Jagen nach vergänglichen Dingen würde erkennen lassen, daß an ihre Wirklichkeit geglaubt wird. Der Christliche Wissenschafter muß davon ausgehen, was die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany” (S. 357) erklärt: „Der Geist ist unendlich; daher ist der Geist alles. ‚Es gibt keine Materie‘ ist nicht nur der Grundsatz der wahren Christlichen Wissenschaft, sondern es ist die einzige Grundlage, auf der diese Wissenschaft bewiesen werden kann”.
Wahre Versorgung kann nur auf geistigem Wege zu uns kommen; denn die Christliche Wissenschaft lehrt, daß der Mensch nicht materiell, sondern geistig ist. Daher ist es wichtig, daß wir geistige Eigenschaften wie Pünklichkeit, Ordnung, Ehrlichkeit und Gerechtigkeit im täglichen Leben praktisch anwenden. Wie können wir, wenn wir nicht pünktlich sind, beweisen, daß Gottes Versorgung pünktlich in Erscheinung tritt? Wie können wir, wenn wir keine Ordnung halten, beweisen, daß wir die göttliche Ordnung wahrgenommen haben? Wie können wir gegen unsern Nächsten wahrhaft ehrlich sein, solange wir Unehrlichkeit noch für eine wirkliche Wesenheit halten? Es ist fraglos notwendig, unbedingt ehrlich zu sein; denn unehrlich sein, heißt in finsterer Furcht irren. Furcht vor Mangel entsteht, wenn wir auf das Materielle sehen; denn dies möchte uns an das Begrenzte und Vergängliche glauben lassen. Wenn wir an eitle Dinge glauben, ist unser Denken nicht in einer empfänglichen Verfassung für das Unbegrenzte und Unvergängliche; denn sie sind einander so entgegengesetzt wie Finsternis und Licht.
Wenn wir treu zum Guten stehen, werden wir finden, daß Gott treu zu uns steht. Der Psalmist sagte: „Du erhältst mein Erbteil”; und unsere Führerin führt diesen Gedanken auf Seite 390 des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs noch weiter aus: „Wir können nicht leugnen, daß Leben sich selbst erhält”. Demnach muß auch Substanz sich selbst erhalten; denn sie ist mit dem Leben, Gott, wesenseins.
Die Erkenntnis der Wahrheit läßt uns inmitten scheinbaren Mangels ruhig bleiben und erhebt uns über trügerische mentale Bilder. In dem Maße, wie wir unser Denken und Trachten auf unser göttliches Gut und Erbteil richten, sind wir eins mit der göttlichen Liebe, eins mit der Quelle des erhaltenden, immergegenwärtigen Lebens und stehen unter seinem Gesetz, d.h. wir sind versorgt. Schon ehe Mangel überwunden ist, können wir Gott loben und Ihm danken; denn wir können geistig die Fülle der Liebe sehen und fühlen, auch wenn wir das Ersehnte noch nicht völlig erkennen. Wahrer Reichtum ist geistig, und der Apostel Paulus sagt: „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit”. Also ist alles, was wir brauchen, reichlich vorhanden.
Unser Geschäft gestaltet sich nach dem Begriff von Geschäft, den wir im Bewußtsein haben. Gott ist allwirkend, und Seine Arbeit ist unendlich. Der Mensch ist Gottes Widerspiegelung und bringt so Seine unendliche Arbeit zum Ausdruck. Dieser Gedanke zeigt uns die Möglichkeit, Arbeit zu finden und gibt uns auch Freude und Kraft, Geduld und Fleiß, sie zu vollbringen. Alles, was uns und unserem Nächsten Gutes bringt, geht aus dem einen unendlichen, immer gegenwärtigen Gemüt hervor. Gott sieht, wie alle Seine Ideen Seine Güte und Macht widerspiegeln. Da wir diese Wahrheiten wissen, sollten wir zum Wohl der ganzen Menschheit arbeiten. Wenn wir so arbeiten, wird sich unser Geschäft im Verhältnis zu unserem erweiterten mentalen Horizonts vergrößern und verbessern.
Laßt uns herzlich frohlocken über die viele Arbeit unseres Nächsten und nicht neidisch zusehen! Laßt uns der allumfassenden Liebe, die für alle sorgt, dankbar sein! Gottes Leitung ist nie zufällig: sie ist eine weise Führung. „Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüte und deinen Nächsten als dich selbst”, ist ein an jeden Menschen gerichtetes göttliches Gebot, ein Gebot das wir erfüllen können und müssen. Möge uns Gott die Augen öffnen, daß wir Seinen Willen erkennen und tun! Wir müssen uns zu der geistigen Höhe erheben, wo der Weg der göttlichen Weisheit unserem Blick klar ist; dann können wir den von Gott bestimmten Weg ruhig und mühelos gehen. Auf diesem Wege offenbart sich uns Gott, und so dürfen wir freudig nur das Gute und die Befriedigung aller unserer Bedürfnisse erwarten.
Es gibt kein Aufhören rechter Tätigkeit. Was so aussehen mag, ist nur als ein Ansporn zu erneuter Anstrengung anzusehen. Wenn wir während unseres geistigen Wachstums scheinbar etwas opfern müssen, so heißt das nicht, daß wir einen Verlust erlitten haben; denn wir haben dafür wahren geistigen Reichtum erhalten, der uns nie verloren gehen kann. Wachstum und Zunahme müssen zuerst mental kommen. Verschanzen wir unser Bewußtsein gegen die Einflüsterung von Haß und gegen Furcht vor Mangel an Gutem, so können wir keinen Verlust mehr erleiden; denn wir haben das Verlangen nach dem Materiellen aufgegeben.
Es ist gut zu wissen, daß Substanz unendlich ist, weil der Geist unendlich ist. Das Verständnis, daß Substanz unteilbar und unverbrauchbar ist, erweitert unser Verständnis von Substanz, und das Beweisen dieses Verständnisses ist gleichbedeutend mit Versorgung.
Ein Beispiel von Versorgung aus der Bibel ist das von der Witwe, in deren Ölkrug und Mehltopf nichts mangelte; und dies ist ein erhebender Beweis, daß Substanz unverbrauchbar ist. Versorgung wird in der Christlichen Wissenschaft dadurch bewiesen, daß man Gedanken der Wahrheit und der Liebe beherbergt, die ruhig und unauffällig unsere Verbindung mit Gott herstellen und uns lehren, daß diese Verbindung nie unterbrochen werden kann. Da das göttliche Gemüt keinen Mangelgedanken in sich schließt, kann ein solcher Gedanke tatsächlich nicht in Erscheinung treten; denn er hat kein Leben. Daher hat er kein wirkliches Dasein, und der Glaube an Mangel muß dem Verständnis der Fülle der Liebe weichen.
Vergessen wir nie, Gott dankbar zu sein für alles, was Er für uns alle getan hat und beständig tut, da Dankbarkeit die zwischen Gott und dem Menschen bestehende Verbindung anerkennt. Wie wir einem Freund für eine gute Tat die Hand reichen und drücken, so strecken wir unsere mentale Hand nach der allversorgenden Hand Gottes aus, eingedenk der Bibelstelle im ersten Buch der Chronik: „Denn von dir ist alles gekommen, und von deiner Hand haben wir dir’s gegeben”. In diesem Sinne können wir uns hier und jetzt der liebevollen göttlichen Fürsorge und Versorgung bewußt werden und sie sogleich erleben.
Gott ist ewig treu, und diese Treue hat noch keinen verlassen. Gott ist die allmächtige Liebe, und diese Liebe hat stets die Macht, uns und die ganze Schöpfung zu erhalten. Haben wir jeden Tag mehr Vertrauen und mehr Liebe zu unserem himmlischen Vater-Mutter, so haben wir einen großen Schatz im Himmel, und wo unser Schatz ist, wird auch unser Herz sein.
