Jahrhundertelang war die Menschheit im allgemeinen wegen ihrer wissentlichen oder unwissentlichen Fehler dem Leiden unterworfen. Trotz der erhebenden und ermutigenden Erklärung: „Gott hat seinen Sohn nicht gesandt in die Welt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn selig werde”, war die Menschheit zu allen Zeiten der Verdammung und der Selbstverdammung preisgegeben. Wenn daher das Vorgehen der Völker Gerechtigkeit und Barmherzigkeit vorzuenthalten scheint und allgemeine Uneinigkeit droht, sollte der Christliche Wissenschafter, der doch anerkanntermaßen ein wahrer Denker ist, unter allen Umständen beharrlicher für die allmächtige, erlösende Macht der Wahrheit zu gunsten aller ohne Ausnahme einstehen. Darin besteht die auf dem göttlichen Prinzip beruhende gerechte Befürwortung. Der Christliche Wissenschafter hat also das ganze Gewicht seines Denkens eher in die Waagschale der Erlösung zu legen als in diejenige schmerzhafter Vergeltung, wo der Unschuldige für den Schuldigen leidet. In Wissenschaft und Gesundheit (S. 153, 154) schreibt Mrs. Eddy: „Weder Mitgefühl noch Geselligkeit sollten uns jemals in Versuchung führen, den Irrtum in irgend einer Form zu pflegen, und ganz gewiß sollten wir nicht der Fürsprecher des Irrtums sein”.
Die Gesetze Gottes sehen weder umschweifende, mit Streit verknüpfte Verfahren noch die Notwendigkeit vor, durch Fehler zu lernen. Ebenso wie der Hauptzweck der Rechenregeln nicht die Berichtigung von Fehlern, sondern die genaue Lösung jeder Rechenaufgabe ist, so dienen die Gesetze Gottes nicht vorwiegend der Abhilfe von Übeln, obgleich sie, wenn sie verstanden werden, zugunsten der leidenden Menschheit dahin wirken.
Je beharrlicher die Christlichen Wissenschafter aller Völker für die Harmonie der einen geistigen Schöpfung und für die Weltherrschaft des göttlichen Prinzips zeugen, desto bälder wird an Stelle des Mißtrauens und der Feindschaft zwischen Menschen und Rassen, des Werks des sogenannten fleischlichen Sinnes, das vom göttlichen Gemüt verordnete und geoffenbarte Verständnis und Zusammenarbeiten treten. In diesem Gemüt ist Gerechtigkeit am Werk, die Sünde und die Feindschaft der ganzen Welt zu tilgen. „Ob jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christum, der gerecht ist”. Das ist die erlösende Befürwortung, die zu gunsten aller immer wieder betont werden muß.
Das Böse ist nur ein böser Traum, und geistiges Erwachen steht zur Verfügung, diesem Traum ein Ende zu machen. Unzähligemal war der Schüler der Christlichen Wissenschaft Zeuge, wie gewisse Sünden in einzelnen Fällen durch die Macht der Christlichen Wissenschaft ausgerottet wurden. Warum dann diesen Gedanken persönlichen Erwachens nicht so erweitern, daß er durch die allerhabene Macht des Gottes, der das All in allem ist, das Erwachen und die Befreiung der ganzen Welt von Sünde und irrigem Kämpfen in sich schließt? „Denn wo dein Recht im Lande geht, so lernen die Bewohner des Erdbodens Gerechtigkeit”. Der Christliche Wissenschafter verwirft daher jede verfinsternde Schlangeneinflüsterung, daß das Böse mitwirke, die Absichten Gottes, des Guten, auszuarbeiten. Gott arbeitet Seinen vollkommenen Zweck auf Seine eigene Art aus und kennt nichts, was Seinem eigenen Selbst entgegengesetzt wäre.
Der Schüler der Christlichen Wissenschaft ist nicht blind gegen die angreifenden Ansprüche selbstsüchtigen Ehrgeizes, der Gebietsgier, des Alleinbesitzes und der Vormachtstellung; aber er läßt sich auch nicht durch diese prinziplosen Irrtumsansprüche gegen die Macht Gottes blenden. Ist der Christliche Wissenschafter wahrhaft wach, wenn er glaubt, daß andere schlafen, mesmerisiert, irregeführt werden, und daß sie nur auf den Umwegen über Sünde und Leiden lernen können? Diese Ansicht ähnelt sehr dem alten Sinn von Glaubenslehre und stellt eine falsche Art von Befürwortung dar. Jedermann hat das geistige Recht, den Erlösungsweg der Wahrheit, durch den für die Menschenrechte göttlich Sorge getragen wird, zu empfehlen. Langsam aber sicher zerstört die Einheit des Guten den falschen Anspruch des Irrtums auf Einheit, Stärke und Zusammenwirken. Der Ort und die Zeit, die Herrschaft Gottes anzuerkennen, ist stets hier und jetzt; denn „das unsterbliche Gemüt, das alles regiert, muß”, wie Mrs. Eddy schreibt, „im sogenannten physischen Reich sowohl wie im geistigen als allerhaben anerkannt werden” (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 427).
Selbst wenn die Bemühungen von Volksvertretern zur Erreichung gerechter Zusammenarbeit wiederholt erfolglos sein sollten, wird dieses göttlich inspirierte Bemühen trotzdem immer wieder erneuert, und es geht seiner vollen Erfüllung entgegen. Der wachsame Christliche Wissenschafter, der die allumfassende, unparteiische göttliche Liebe widergespiegelt, tritt für die im menschlichen Bewußtsein mächtig wirkende Kraft des göttlichen Prinzips ein. Weniger als dies tun, hieße eher für das Falsche als für das Rechte eintreten. Es hieße der Welt mental die falschen Verfahren des Materialismus und seiner Strafen einprägen. Es hieße für Kampf und Selbstzersplitterung eintreten anstatt für die Beständigkeit gerechter Ziele und Verfahren, die für das Allgemeinwohl allmählich in Anwendung kommen.
Nicht durch mentale Finsternis und Wiedervergeltung, sondern nur durch allgemeine geistige Aufklärung kann die Menschheit den Beweis der Aufrichtung von Gerechtigkeit und Freiheit auf Erden erbringen. „Denn ihr seid nicht gekommen ... zu dem Dunkel und Finsternis und Ungewitter. ... Sondern ihr seid gekommen zu dem Berge Zion und zu der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, und zu der Menge vieler tausend Engel”. Gerade wie der Prophet Elia nachher erkannte, daß Gott nicht in dem sinnlosen Toben der Elemente, sondern in dem „stillen, sanften Sausen” der Wahrheit war, so lernt der Christliche Wissenschafter verstehen, daß trotz „Kriegen und Kriegsgeschrei” die Macht Gottes beredt in dem Frieden geistigen Verständnisses spricht. So ist er der Gesandte Christi, der unwiderstehlichen und unumstößlichen Wahrheit. Er verneint den grundlosen Anspruch von Widerstand gegen den Geist und betont die Einzigartigkeit geistiger Anziehung. Das Bewußtsein geistiger Vollkommenheit ist die einzige Grundlage, auf der diese Vollkommenheit jetzt zur Bekundung kommen kann, und dies war der Zweck des Christentums seit den Tagen, wo der Meister des Christentums erlösend unter den Menschen wandelte und sie beten lehrte: „Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel”.
Wahre Befürwortung sollte daher in den Gedanken jedes Christlichen Wissenschafters in der ganzen Welt lebendig gegenwärtig sein. „Ihr seid meine Zeugen, spricht der Herr”. Durch dieses weitverbreitete wahre Zeugen dämmert das allgemeine Erwachen zu der Harmonie und Wirklichkeit des Seins. In „Nein und Ja” (S. 10) lesen wir die erhabene Erklärung unserer Führerin: „Die Ausführbarkeit und Unbewegbarkeit der Christlichen Wissenschaft enthüllen die wahre Idee,— nämlich, daß die Mißklänge der Erde nicht die Wirklichkeit des Gemüts in der Wissenschaft des Seins haben; und diese Idee — die die Sterblichen der Sinnlichkeit entkleidet und vergeistigt — weist, wie die Magnetnadel auf den Pol, alle Hoffnung und allen Glauben auf Gott hin, da sie sich auf Seine Allmacht und Allgegenwart gründet”.
