Auf Seite 266 unseres Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” weist unsere verehrte Führerin Mary Baker Eddy in einer Stelle, in der sie die Zeit erwähnt, wo man „einsam sein und des Mitgefühls entbehren wird”, auf die Allgegenwart der göttlichen Liebe hin und fügt hinzu: „Wenn diese Stunde der Entwicklung kommt, wird die geistige Liebe dich zwingen, selbst wenn du dich an einen Sinn persönlicher Freuden klammerst, das anzunehmen, was deinem Wachstum am förderlichsten ist”.
Als die Verfasserin dieses Aufsatzes diese Worte las, fragte sie sich: „Warum zwingt uns die Liebe”? Die Antwort kam in den weiteren Fragen: „Liegt es wohl daran, daß wir nicht den Mut haben, den Schritt zu unternehmen, der Fortschritt für uns bedeutet? Fürchten wir getadelt zu werden oder etwas zu verlieren, »worauf wir uns gestützt haben” ? Dann erleben wir, daß die geistige Liebe, die so rein, zärtlich und doch so stark ist, verwundet, um zu heilen. Die Adlermutter zwingt ihre Jungen, das Nest zu verlassen, damit sie fliegen lernen und so ihre Flügel gebrauchen.
Auch wir müssen unsere Flügel — unser Verständnis, nach dem wir gestrebt haben — gebrauchen lernen. „Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig”. Und die Liebe muß, selbst wenn wir sie nur in geringem Grade verstehen, in unserer jetzigen Erfahrung ihre Kundwerdung haben.
Hätte die Adlermutter gefürchtet, ihr Junges könnte auf die Erde stürzen und getötet werden, so wäre es wohl weiter unselbständig geblieben und hätte immer erwartet, von ihr gefüttert zu werden. Seine Flügel hätten ihm dann nichts genützt, und es würde die Ausdehnung der Felder und der Wälder unter ihm nie kennen gelernt haben.
Mrs. Eddy erklärt: „Für alle, die sich auf den erhaltenden Unendlichen verlassen, ist das Heute reich an Segnungen” (Wissenschaft und Gesundheit, Vorwort, S. vii). Ist es dann nicht denkbar, daß uns die Liebe zwingt, uns auf das zu stützen, was unser Wachstum und unsere Entfaltung fördert? Verlaß auf die Materie bringt gewiß keine Entfaltung des Denkens und Handelns, während schon ein geringes Verständnis der Christlichen Wissenschaft dem Schüler zeigt, daß unsere liebe Führerin nur durch vollständigen Verlaß auf Gott, als sie der Heilung bedurfte, den Christus, die Wahrheit, wahrnehmen konnte, was sie befähigte, die Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft und die Gründerin einer großen religiösen Bewegung zu sein.
Wer eine Rechenaufgabe zu lösen sucht, verläßt sich nicht darauf, daß die Zahlen die Aufgabe selber lösen, sondern er verläßt sich auf die in Betracht kommenden Regeln, die nicht heute anwendbar und morgen ungültig sind, sondern die auf bleibender mathematischer Tatsache beruhen.
Eine Christliche Wissenschafterin, die schon eine Zeitlang mit einem anscheinend schweren Problem gerungen hatte, befreite sich schließlich von dem Lastgefühl durch ihr Verständnis der Christlichen Wissenschaft und ihre Willigkeit, alles der göttlichen Liebe, die sie nie verlassen hatte, anzuvertrauen. Infolge ihrer Demut und eines höheren Sinnes der Liebe zu ihrem Mitmenschen wurde sie vollständig geheilt. Sie war dankbar, daß die Liebe sie gezwungen hatte, willens und bereit zu sein, sich zu jener Freude und jenem wirklichen Glück zu entfalten, die das Verständnis des ewigen Lebens begleiten.
Allzugern grübeln wir über eine bittere menschliche Erfahrung nach und suchen nach einem Grund dafür, wenn an der Tür unseres Bewußtseins die Liebe schon darauf wartet, gehört zu werden. Ein Gefühl der Trauer oder des Leides, das nur Böses oder Mesmerismus ist, hindert uns, das Gebet Christi Jesu zu beten, der des Vaters zärtliche Fürsorge so genau kannte: „Vater, ich danke dir, daß du mich erhört hast. Doch ich weiß, daß du mich allezeit hörst”.
Laßt uns also aufhören, uns auf einen lieben Angehörigen zu verlassen, der, obwohl er es vielleicht noch nicht weiß, den Zweck seiner mentalen Flügel ebenfalls erkennen lernen muß, damit auch er sehen kann, daß Freudigkeit nur im Geist zu finden ist! Dann und nur dann erheben wir uns zu geistiger Freiheit und sind willig, „ihn aufzulösen und gehen zu lassen”.
