Als Christus Jesus mit seinen Jüngern von bevorstehenden Umwälzungen und von den Verfolgungen sprach, die sie als seine Nachfolger zu erdulden haben würden, beruhigte er sie zugleich mit den Worten: „Ich will euch Mund und Weisheit geben, welcher nicht sollen widersprechen können noch widerstehen alle eure Widersacher”.
Der Christliche Wissenschafter ist den listigeren unsichtbaren Verfolgungen des materiellen Sinnes ausgesetzt, die seinem Bewußtsein beharrlich Furcht, Groll oder Mißerfolg irgend welcher Art einflüstern. Diese Einflüsterungen sind die unsichtbaren mentalen Widersacher, die der Lebenskraft des geistigen Verständnisses und der Macht der Weisheit weder „widersprechen noch widerstehen” können.
In „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” ist Weisheit als eine Eigenschaft Gottes erwähnt. Wenn wir diese Eigenschaft mit jedem der sinnverwandten Ausdrücke für Gott in Verbindung bringen, wird unser Sinn der Weisheit sehr bereichert, und wir bestätigen bereitwillig Salomos Erklärung: „Weisheit ist die Hauptsache, darum erlange Weisheit” (engl. Bibel). Wer die Sicherheit und die Gelassenheit der göttlichen Weisheit bekunden lernt, findet, daß die Fesseln Ängstlichkeit, Sünde und Leiden von ihm abfallen.
Einer der verderblichsten Einflüsse im menschlichen Charakter ist der Eigenwille, der sich in unbarmherziger Unterdrückung und Übelwollen äußert. Die Weisheit entlarvt den Eigenwillen und ersetzt ihn durch den Willen Gottes. Auf Seite 597 in Wissenschaft und Gesundheit gibt Mrs. Eddy für „Willen” u. a. die Begriffsbestimmung: „Die Macht und Weisheit Gottes”. Weisheit im Verein mit Macht ist das Heilmittel für menschliche Schwäche, sittliche Feigheit und mentale Trägheit. Weisheit macht uns durch ihre Kraft und ihre Klarheit wachsam und verhindert die heimtückische Entwicklung von Mißklang. Sie wirkt als vorbeugende, beschützende Kraft.
Wenn sich der Schüler der Christlichen Wissenschaft allezeit an die göttliche Weisheit hält, findet er, daß er auf dem Wege der Freiheit und des schmerzlosen Fortschritts vorwärts kommt. Er durchschaut die Anmaßungen Zwang, Unterdrückung und Unterwerfung unter die Befehle des persönlichen Willens, die keine Spur von Weisheit enthalten. Und die Weisheit Gottes wird zugunsten der Völker angewandt werden, wenn die Menschen schließlich erkennen, daß auf einer falschen Grundlage keine rechten Ergebnisse erreicht werden können. Friede kann nicht durch unmenschliches Kriegführen, Gleichberechtigung nicht durch Unterdrükkung, Erfolg nicht durch wahnwitzigen Ehrgeiz erlangt werden. Weisheit ist eine einigende Eigenschaft; denn sie vernichtet das, was zu Uneinigkeit führt.
Weisheit im höchsten Sinne macht uns gegen die Angriffe des sterblichen Gemüts unüberwindlich. Wer Weisheit durch Gehorsam gegen das göttliche Prinzip lernt, bahnt sich seinen Weg aus Verwicklungen, aus Verwirrung und aus widerstreitenden Beweggründen heraus; denn von der Weisheit heißt es: „Ihre Wege sind liebliche Wege, und alle ihre Steige sind Friede”. Der Schüler der Christlichen Wissenschaft, dessen Gedanken und Ziele von der unfehlbaren Weisheit Gottes regiert werden, wächst im Verständnis der Liebe, der Reinheit, der Gesundheit und der Herrschaft. Unsere dringende Pflicht ist, den Zuständen der menschlichen Erfahrung mit der heiligen Ruhe geistigen Verständnisses zu begegnen.
Was hat es zu sagen, wenn man persönlich gekränkt worden ist, wenn unser guter Ruf oder unsere Rechte ungebührlich angegriffen worden sind? Vielleicht besteht der erste Schritt, den die Weisheit gebietet, darin, daß wir Personen aus dem Bild herausnehmen und sehen, daß es in dem scheinbaren Widerstreit zwischen dem Guten und dem Bösen nur ein Ergebnis — den Sieg des Rechten — geben kann. Wir müssen menschlich sanftmütig sein, wenn wir geistig mächtig sein wollen. Wir müssen der allzuleicht auflodernden Erregbarkeit und Überempfindlichkeit des persönlichen Sinnes — dem Eigendünkel — widerstehen. Wenn wir unsere göttlichen Rechte höher werten als unsere menschlichen Rechte und mental für die göttlichen Rechte des Menschen eintreten, löst Weisheit die Frage unserer menschlichen Rechte. Wer daher weise ist, wird in der Ruhe des göttlichen Prinzips Zuflucht vor aufgeregten Gefühlen suchen. Unsere Führerin schreibt in „Miscellaneous Writings” (S. 227): „Sich nicht an seinen Feinden rächen, ist das Gebot der allmächtigen Weisheit”.
Die Weisheit, die Christus Jesus kennzeichnete, brachte ihn unversehrt durch alle Erfahrungen hindurch, die er infolge seiner geistigen Erkenntnis und Bestimmung machte. Obgleich er oft im Nachteil zu sein schien und seine Widersacher ihm an Zahl überlegen waren, war er doch Herr jeder Lage, und er wußte, daß er es war und warum er es war. In „Nein und Ja” schreibt Mrs. Eddy (S. 21): „Wissenschaft und Gesundheit legt die Wissenschaft aus, die Jesus bewies, dessen Wahrheitsanschauungen Konfuzius und Plato nur schwach erkannten. Sie war kein Forschen nach Weisheit; sie war Weisheit, und sie erfaßte im geistigen Gesetz das Weltall — alle Zeit, allen Raum, alle Unsterblichkeit, alles Denken, alle Ausdehnung”.
Die Christliche Wissenschaft ist die offenbar gewordene Weisheit Gottes. Wenn wir diese Wissenschaft erfassen, sind wir mit Voraussicht, geistiger Ermächtigung und ungetrübter Freude ausgerüstet. In dem Maße, wie wir Weisheit ausdrücken, sind wir frei von Zügen des Temperaments, von Kummer, von unweise uns zugezogener Zahlungsunfähigkeit und allen bedauerlichen Regungen. Der von der Weisheit Gottes erfüllte Christliche Wissenschafter erklärt mit ganzer Aufrichtigkeit: „Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraft und Stärke sei unserm Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit!”
