Im zehnten Kapitel des Lukas-Evangeliums wird berichtet, daß Jesus siebzig seiner Jünger aussandte in die Welt, um die Wissenschaft, welche er sie gelehrt hatte, praktisch zu betätigen. Dieser Erzählung nach kamen die siebzig wieder mit Freuden und sprachen: „Herr, es sind uns auch die Teufel untertan in deinem Namen”. Worauf Jesus erwiderte: „Freuet euch nicht, daß euch die Geister untertan sind. Freuet euch aber, daß eure Namen im Himmel geschrieben sind”. Damit meinte er selbstverständlich, daß sie sich nicht so sehr freuen sollten über ihre Werke als über die Tatsache, daß sie das geistige Verständnis hatten, sie zu tun. Mit diesen wenigen Worten betonte Jesus nachdrücklich, daß geistiges Verständnis — das heißt das Verstehen von Gott und des Menschen Beziehung zu Gott — eine notwendige Vorbedingung für das Überwinden materieller Zustände ist, und daß das unvermeidliche Ergebnis solchen Verstehens oder richtigen Denkens individuelle Herrschaft über die materiellen Annahmen bedeutet. Wir können daher aus seinen Darlegungen nur den Schluß ziehen, daß unseres großen Meisters Laufbahn den Hauptzweck hatte, die Menschen mit dem mentalen Rüstzeug oder der Geistigkeit auszustatten, welche sie befähigen würde, in Übereinstimmung mit seiner Weisung die Werke zu tun, die er tat, ohne Einschränkung oder Begrenzung.
Die Mission Jesu
Jesu Worte und Werke bewiesen nicht nur die Herrschaft geistigen Verständnisses über materielle Dinge, sondern sie bewiesen auch, daß, in dem Maße wie man im Verständnis von Gott und von Gottes geistigem Weltall wächst, man seine individuelle Fähigkeit, das Materielle oder Unwirkliche zu beherrschen, entsprechend erweitert und vervollkommnet. Jesus lehrte, daß geistiges Verständnis eine notwendige Grundlage ist für alles christliche Streben; daß das Geistige wirklich ist, Materie aber, oder das Materielle, unwirklich, weil es nicht von Gott stammt; und daß wir infolgedessen, in dem Maße wie das Geistige in unserer Auffassung von der Schöpfung zunimmt, unsere individuellen Erfahrungen harmonischer gestalten können.
In keiner Weise schließt dies den Gebrauch der sogenannten Willenskraft in sich, oder das Wirken des sterblichen Gemüts auf die Materie. Das sterbliche Gemüt und die Materie sind eins, wie wir sehen werden, und daher kann man nicht das eine durch das andere verbessern. Jesus zeigte uns, daß alles Materielle und alles Unharmonische im menschlichen Dasein lediglich daher kommt, daß wir falsch denken oder eine falsche Vorstellung von Gott haben. Durch das richtige Verständnis von Gott, wie die Christliche Wissenschaft es lehrt, lernen wir allmählich, wie wir in unser Denken und unser Dasein die Harmonie und Erhabenheit des Göttlichen bringen können; und unser Ausblick wie überhaupt unser Leben wird hoffnungsfroher und reiner werden durch den Einfluß des Göttlichen auf unser Denken. In dem Maße wie wir unser Denken in Gehorsam zu Gott bringen, wird unser ganzes Leben und unsere Umgebung vergeistigt und geläutert, und so bringen wir Frieden, Harmonie und Glückseligkeit zum Ausdruck durch das Walten Gottes in unserem Bewußtsein, anstatt daß wir versuchen, die Dinge des täglichen Lebens durch menschlichen Willen oder den fleischlichen Sinn zu berichtigen und zu beherrschen.
Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, erklärt in ihrem Buche „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany” auf Seite 217 und 218: „Eine veredelte Annahme ist ein Schritt aus dem Irrtum heraus; sie hilft uns zum nächsten Schritt vorwärts und zum Verständnis der Sachlage in der Christlichen Wissenschaft” und „Jesus bewies das göttliche Prinzip der Christlichen Wissenschaft, als er in seinem materiellen Körper, befreit von Tod und Grab, wiedererschien”. Jesu Demonstrationen von der Übermacht des Geistigen über das Materielle wurden zunehmend bedeutungsvoller, so daß der Höhepunkt seiner Beweisführung die individuelle vollständige Beseitigung aller materiellen Zustände war, sogar das individuelle Beseitigen einer materiellen Welt und eines materiellen Körpers. Diesen vollendeten und endgültigen Sieg über die Welt und das Fleisch nennen wir seine „Himmelfahrt”; ehe jedoch Jesus diese vollkommene Geistigkeit endgültig erreichte, stellte er die unbestreitbare Tatsache fest, daß alle Materie nichts weiter ist als sichtbar gewordenes materielles Denken, und daß daher in dem Maße wie wir dieses materielle Denken ausschalten und statt dessen geistige Gedanken einlassen, wir ein harmonischeres irdisches Lebensbild zum Ausdruck bringen können. Auf Seite 177 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”, dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, von Mary Baker Eddy, lesen wir: „Die Materie oder der Körper ist nur ein falscher Begriff des sterblichen Gemüts”; und auf Seite 591 desselben Buches sagt uns Mrs. Eddy, daß Materie „ein andrer Name für das sterbliche Gemüt” ist. Es ist daher einleuchtend, daß unser Begriff sogar des irdischen Daseins um so harmonischer wird, je weniger Sterbliches wir in unserem Denken zum Ausdruck bringen und je mehr geistige Gedanken wir hegen. So bewies Jesus, daß er durch den Christus den Zustand seines Körpers sowohl wie den seiner Umwelt beherrschen und berichtigen konnte, und zeigte dadurch der Menschheit als Beweis für seine Geistigkeit ein harmonischeres irdisches Dasein. Paulus drückt dies mit den Worten aus: „Ich ermahne euch nun, liebe Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes, daß ihr eure Leiber begebet zum Opfer, das da lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei, welches sei euer vernünftiger Gottesdienst”.
Jesu erster Beweis von der Macht des Geistigen über das Materielle wird uns gelegentlich der Hochzeit zu Kana in Galiläa berichtet, als er Wasser in Wein verwandelte. Jesu weitere Wunder oder Demonstrationen wurden von Mal zu Mal bedeutungsvoller und schlössen Heilungen aller Arten von Krankheit in sich, wie Wahnsinn, Aussatz, Knochenbrüche, verdorrte Glieder; Stillen des Sturmes; Beruhigen der Wasser auf sturmbewegtem Meer; Augenblicks-Überfahrt eines Schiffes über das Galiläische Meer; Verschwinden aus der Mitte einer aufgebrachten und drohenden Menge; Vermehren der Brote und Fische; Wahrnehmen unausgesprochener Gedanken und Absichten anderer; Schreiten durch geschlossene Türen; Überwinden materiellen Mangels; Beseitigen des Raumes; Überwinden des Todes, nicht nur für andere, sondern auch für sich selbst;— dies alles tat er, um euch und mir den Weg zu weisen und zu zeigen, wie ein jeder seine individuelle Erlösung vom Materiellen ausarbeiten muß. Jeder Schritt, den Jesus während seiner kurzen Laufbahn getan hat, muß früher oder später auch von euch und mir in irgend einer Weise getan werden, und selbst der Tot wird uns nicht diese Notwendigkeit ersparen noch die Stunde der Vollendung beschleunigen.
Mary Baker Eddy
Die bisherige Auffassung von des Meisters Mission als der Aufrichtung eines Systems menschlicher Ethik, das in der fraglichen Lehre des stellvertretenden Leidens zum Zweck der Verdammung und Zerstörung unserer Sünden gipfelte, mußte durch die Entdeckung der Christlichen Wissenschaft (von Mary Baker Eddy im Jahre 1866) einer höheren und umfassenderen Erkenntnis seiner Lebensaufgabe Raum geben. Diese Entdeckung zeigt uns, wie jeder die Herrschaft über Sünde, Krankheit und alle materiellen Zustände erlangen kann, und stattet so die Menschheit mit jenem Weitblick für das Geistige und Ewige aus, welcher die Materie hinausweist aus dem Reich des Wirklichen und dem Menschen unumschränkte Herrschaft über weltliche Dinge verleiht.
Wenn wir einen Schimmer von der vollen Bedeutung der Christlichen Wissenschaft erlangen,— von dem, was sie der Menschheit gebracht hat, von dem Licht, mit dem sie uns die Heilige Schrift erleuchtet, von der Freiheit, welche sie verheißt und einer in Leiden, Sünden und Armut verstrickten Welt bringt,— dann fangen wir an, einigermaßen zu begreifen und schätzen zu lernen, was Mrs. Eddys Leben für die Menschheit bedeutet, und von welch gewaltigen Auswirkungen es für uns geworden ist. Seit der Zeit Jesu von Nazareth ist nie ein solcher Einfluß auf die ganze christliche Welt verspürt worden wie der des Lebenswerkes der Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft. Ihr Leben und ihre Schriften erfüllen die Herzen einer kranken und müden Welt mit Hoffnung und Freude, Ihr Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” ist heute, abgesehen von der Bibel, das meist gelesene Buch der Welt. Es ist in der Tat ein Buch, welches einer hungernden Menschheit die Heilige Schrift in all ihrer ursprünglichen Reinheit wiedergegeben hat, und es ist unentbehrlich zum rechten Verstehen der Bibel beim Studium der Christlichen Wissenschaft. In Wissenschaft und Gesundheit ist der Schlüssel zu finden, der die Geheimnisse der wunderbaren Werke Jesu erschließt, wodurch auch wir das Kreuz auf uns nehmen können, wie er es tat, und die Krone geistigen Strebens erringen.
Gott
Der religiöse Irrtum der Jahrhunderte ist ein umgrenzter, örtlich beschränkter Begriff von einem Gott in Menschengestalt gewesen, und zwar ungeachtet einer Bibel mit solcher Fülle von genauen Erklärungen über Gott und Seine Natur, daß es fast menschlich unmöglich erscheinen möchte, daß jemand, der mit der Bibellehre vertraut ist, soweit in die Irre gehen konnte, wie dies die gelehrte Theologie in ihrer Auffassung und ihrem Urteil über Gott getan hat.
Im zwanzigsten Kapitel des zweiten Buches Mose finden wir das höchst erleuchtende und nicht mißzuverstehende Gebot: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen, weder des, das oben im Himmel, noch des, das unten auf Erden, oder des, das im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht”. Dies enthält nun nicht nur ein Verbot, Götzen oder Bildnisse anzubeten, es verbietet auch das Anbeten irgend eines Begriffs, dessen Abbild oder Götzenbild eine vermeintliche Verbildlichung oder Wiedergabe einen solchen Begriff darstellen könnte. Mit anderen Worten, ein Götze oder ein Bildnis kann unmöglich den Gott darstellen oder ausdrücken, den die Menschheit anbeten soll. Gott könnte nicht nur kein Bildnis sein, sondern ein Abbild oder Götze könnte Gott überhaupt nicht darstellen. Wenn wir also einen menschlich persönlichen oder begrenzten Gott als den Gegenstand unserer Verehrung in Gedanken festhalten; wenn wir einen Gott anbeten, den wir in unserer Vorstellung einem menschlichen Wesen ähnlich oder gleich machen; wenn wir überhaupt einen endlichen Gott anbeten,— einen Gott, der durch Umrisse, Grenzen oder Form dargestellt oder beschrieben werden könnte,— sind wir dann diesem heiligen, nicht mißzuverstehenden und unumstößlichen Gebot nicht ungehorsam?
Wenn Gott nicht von endlicher oder umgrenzter Natur ist; wenn Er nicht ein menschlich vorstellbarer Gott ist, was ist Er dann? Was erzählt uns die Bibel von Ihm? Es würde recht zwecklos sein, wenn die Bibel uns so bestimmt erklärte was Gott nicht ist, und uns dann blinden Mutmaßungen überließe, um zu ergründen, was Er ist, oder wem Er gleich ist. Jesus, die beste Quelle, die wir haben, stellte in nicht mißzuverstehenden Worten genau fest, was Gott ist, und wie wir Ihn anbeten sollen. Jesus sagte, daß Gott Geist ist, und: „die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten”. Nun, was bedeutet hier der Ausdruck „Geist”? Bedeutet er etwas, das menschlich ersonnen ist, menschlich umgrenzt, und das durch ein Bild oder eine Form ausgedrückt werden kann? Bedeutet er etwas, das örtlich bestimmt, beschränkt oder umrissen werden könnte? Nein, keinesfalls. Er bedeutet etwas, das unendlich ist, etwas, das allen Raum erfüllt, etwas, das überall ist, an jedem Ort, zu allen Zeiten und unter allen Umständen und Bedingungen. Er bedeutet Wesenheit oder Allgegenwart im Gegensatz zu dem, was man sich als umrissen, menschlich geformt oder gestaltet vorstellen könnte. Würdet ihr es versuchen, ein Bild oder Gleichnis von etwas zu machen, das allen Raum erfüllt? Könntet ihr euch solch ein Bild oder Gleichnis wirklich vorstellen?
Dieser allumfassende Ausdruck „Geist” als Bezeichnung für Gott schließt viele sinnverwandte Ausdrücke in sich, die andere Schreiber in der Bibel benutzten, um Gott zu erklären, wie z.B. das Wort „Leben”. Im fünften Buche Mose wird uns gesagt, daß Gott Leben ist. Wenn Gott Leben ist, und Gott ist Geist, dann muß Leben geistig sein, allen Raum erfüllen und immer gegenwärtig sein. Niemand würde daran denken, ein Götzenbild oder Gleichnis von Leben zu machen.
Johannes gibt uns ein weiteres Synonym für diesen unendlichen Gott mit dem Wort „Liebe”. Johannes sagt deutlich, daß Gott Liebe ist. Wie nun jemand daran denken könnte, sich ein Götzenbild oder Gleichnis von Liebe zu machen, ist mir unverständlich. Und doch ist es tatsächlich das, was die Menschen von jeher getan haben: sie haben versucht, Gott örtlich zu beschränken und zu begrenzen und Ihm eine materielle und menschliche Form zuzuschreiben, einem Gott, der Liebe ist. Liebe ist etwas, das wir, ihr und ich, in Gedanken ausdrücken müssen. Johannes sagte nicht, daß Gott ein liebender Gott sei. Er sagte, daß Gott die Liebe selbst sei, und es gibt keine andere Möglichkeit im menschlichen Dasein, um einen Gott, der Liebe ist, zu verstehen oder auszudrücken als im individuellen Denken.
Der Ausdruck „Gemüt”, wie er von Mary Baker Eddy gebraucht wird, um Gott zu bezeichnen, muß sich auf ein Gemüt beziehen, das unendlich ist, das allen Raum erfüllt, das immer gegenwärtig und immer zugänglich ist. Dieses Gemüt ist nicht aus ein Gehirn oder einen Schädel angewiesen oder beschränkt; es kann nicht begrenzt oder gehemmt sein. Gott als Gemüt muß ein Gott sein, der Intelligenz ist. Diese Intelligenz muß immer gegenwärtig sein, allen Raum erfüllen und immer erreichbar sein. Sie muß alle göttlichen Eigenschaften in sich schließen, wie Liebe, Geduld, Güte, Reinheit, Ehrlichkeit usw., von denen nicht eine anders ausgedrückt oder wahrgenommen werden könnte als im Gedanken. Ein unendliches Gemüt, welches Gott ist, muß zu allen Zeiten bestanden haben, ohne Rücksicht auf Personen oder Örtlichkeiten, und konnte nur durch das Denken der einzelnen Ausdruck finden. Man würde nicht daran denken, einen Götzen oder ein Bildnis zu machen von einem Gemüt, das allen Raum erfüllt.
So sehen wir, daß die Bibel uns nicht nur sagt, was Gott nicht ist, sondern daß sie uns auch in nicht mißzuverstehenden Worten ganz genau sagt, was Gott ist, was Sein Wesen ist, und wie Er durch den Menschen wahrgenommen und ausgedrückt werden muß.
Der Mensch
Im ersten Kapitel des ersten Buches Mose lesen wir, daß der Mensch zu Gottes Bild und Gleichnis erschaffen wurde. Es ist klar, daß dieses Bild oder Gleichnis nicht Gott unähnlich sein könnte, sonst würde es ja kein Bild oder Gleichnis sein. Wenn Gott Gemüt ist und Leben und Liebe und Geist, dann muß der Mensch das genaue Bild von Geist und Gemüt und Leben und Liebe sein. Der Mensch könnte nicht ein Element der Materie in sich schließen, weil Geist unendlich ist und allen Raum erfüllt. Der Mensch könnte nicht ein Element der Sterblichkeit oder des Todes in sich schließen, weil Leben nicht so etwas wie Tod kennt. Der Mensch könnte nicht ein einziges Element des Hasses in sich schließen, weil Liebe allen Raum erfüllt und nichts als Liebe kennt. Der Mensch könnte nicht ein einziges Element des Bösen in sich schließen, weil Gott gut ist und keine Sünde kennt. Der Mensch könnte nicht ein einziges Element der Unwissenheit oder der geistigen Unzulänglichkeit in sich schließen, weil Gemüt oder Gott alle Intelligenz ist und diese göttliche Intelligenz von nichts anderem weiß als dem Geistigen.
Dieses unendliche Gemüt, welches Gott ist, muß irgend ein Mittel haben, sich auszudrücken, und die einzige Ausdrucksmöglichkeit, welche Gemüt oder die göttliche Intelligenz haben kann, ist durch die Idee. Göttliche Intelligenz z.B. muß durch uns, durch euch und durch mich, in unserem Denken ausgedrückt werden, und dieses Denken muß darin bestehen, Ideen auszudrücken, welche ihren Ursprung in dem Gemüt haben, das Gott ist, und nicht in uns selbst. Nehmen wir z.B. Liebe. Wir können in unserem Denken Liebe ausdrücken. Diese Liebe ist nicht etwas, das wir, ihr oder ich, geschaffen haben oder das in uns seinen Ursprung hat. Sie ist etwas, das wir uns zu eigen gemacht haben aus jenem unerschöpflichen Quell der Liebe, des göttlichen Gemüts und der Intelligenz. Liebe hat immer bestanden. Da es nur einen Gott gibt, und da Gott Liebe ist, kann es unmöglich mehr als eine Liebe geben. Die Liebe, die wir, ihr und ich, in unserem Denken ausdrücken, kommt also zu uns von der einen unendlichen Intelligenz und wird durch uns, durch euch und mich, ausgedrückt als Idee. Güte, Geduld, Freundlichkeit, Sanftmut, sind alle Ideen der Liebe. Nun aber sind Ideen die einzigen Söhne und Töchter, die Gemüt oder Intelligenz hat. Daher bilden diese Ideen, die im individuellen Bewußtsein oder Denken wohnen, den Menschen. Der Mensch, als ein Sohn Gottes, muß Idee sein, eine zusammengesetzte Idee jener göttlichen Intelligenz, jenes Gemüts, welches Gott ist. Gott ist Gemüt oder göttliche Intelligenz, die in der Unendlichkeit besteht, außerhalb des menschlichen Bewußtseins. Dieses Gemüt wird durch Ideen wahrgenommen oder ausgedrückt. Diese Ideen, die in ihrer Gesamtheit außerhalb des menschlichen Bewußtseins bestehen, sind der Christus. Wenn diese Ideen, oder der Christus, falsche fleischliche Annahmen im menschlichen Bewußtsein gänzlich verdrängen, dann offenbaren und bilden sie die Individualität des Menschen, oder den wahren Menschen,— den Menschen der Gottesschöpfung.
Der Mensch der Gottesschöpfung ist also nicht aus Fleisch und Blut und Knochen geschaffen; er ist nicht der Geburt, dem Wachstum, der Reife und dem Tode unterworfen. Er ist zugleich bestehend und ewig mit Gott und wohnt als eine göttliche Idee im Bewußtsein des Gemütes, das ihn schuf. Er ist Idee — göttlich, rein, unzerstörbar, ewig, niemals der Materie oder der Willkür der Materie Untertan, niemals gefallen, niemals der Sünde, Krankheit, Armut, Notdurft, dem Unglück oder dem Tode unterworfen. In dem Maße, wie wir jene Ideen, welche die Söhne und Töchter Gottes sind — den Christus — in unser Bewußtsein einlassen und sie in Gedanken ausdrücken, in dem Maße, und nur in dem Maße werden wir Gottes Kinder und stellen uns unter Gottes ewige Gesetze der Gesundheit, des Glücks, der Freiheit und Geistigkeit. Liebe, Güte, Gehorsam dem Guten gegenüber, vergeistigtes Denken, Reinheit, Ehrlichkeit, Versöhnlichkeit, Nachsicht, Geduld sind alle Kinder Gottes, und wir können uns ihre Segnungen in dem Maße zu Nutze machen, wie wir sie in unser individuelles Bewußtsein einlassen und darin beherbergen. Wir haben das Vorrecht, hier und jetzt, unsere Gotteskindschaft in Anspruch zu nehmen, was einzig und allein von unserer Art zu denken und von nichts anderem abhängt.
Der sterbliche Mensch
Was, werdet ihr fragen, ist denn dieser materielle Mensch, dieser Mensch aus Fleisch und Blut und Knochen, dieser Adam-Mensch? Wer schuf ihn? Was ist es mit seinem Anfang und seinem Ende? Was ist es mit dieser Welt, in die er durch seine Geburt kommt, in welcher er lebt, und die er durch sein Sterben zu verlassen glaubt? Wie im ersten Kapitel des ersten Buches Mose die Erschaffung des geistigen oder Gottesmenschen berichtet wird, so entnehmen wir dem zweiten Kapitel desselben Buches den Bericht über die Entstehung des Menschen aus Materie, die Entstehung des Adam-Menschen; und dieser zweite und materielle Bericht über die Entstehung des Menschen schildert ihn als das Produkt eines Nebels, einer Verschleierung oder eines Mißverständnisses. Auf dieses Wort „Nebel” wird an anderen Stellen der Bibel durch andere Namen Bezug genommen, wie in Jesaja die „Hülle, damit alle Völker verhüllt sind” und „die Decke, damit alle Heiden zugedeckt sind”. In Hebräer wird das Wort „Vorhang” als Synonym für Fleisch gebraucht. An anderen Stellen der Bibel finden wir die Worte „Finsternis” und „Unwissenheit” anstatt „Nebel” oder „Vorhang”. Paulus gebraucht im Hinweis auf das Materielle den Ausdruck „fleischlich gesinnt sein” anstatt „Nebel”. Die einzige Schlußfolgerung, die wir daher ziehen können, ist, daß materielles Dasein nicht eine Schöpfung Gottes oder der Intelligenz, sondern die Folge der Abwesenheit von Intelligenz oder Gemüt, Gott, ist; mit anderen Worten, das Materielle ist ein Zustand von Nicht-Intelligenz oder Mangel an Intelligenz, was letzten Endes kein Bewußtsein ist. Mrs. Eddy nennt das materielle Dasein einen Traum, in welchem Traum und Träumer eins sind. Der Vorgang daher, um aus diesem Zustand von Unbewußtheit zu erwachen und zu dem wahren geistigen Daseinszustand zu gelangen, bedingt, daß wir das Materielle ablegen und das Geistige anlegen. Bezugnehmend auf diesen materiellen Menschen, dessen Ursprung im zweiten Kapitel des ersten Buches Mose beschrieben ist, sagt Jesaja: „So lasset nun ab von dem Menschen, der Odem in der Nase hat; denn für was ist er zu achten?” Hiob sagte im Hinweis auf den materiellen Menschen, diesen Menschen aus Fleisch und Blut und Knochen, diesen Adam-Menschen: „Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt kurze Zeit und ist voll Unruhe, geht auf wie eine Blume und fällt ab, flieht wie ein Schatten und bleibt nicht”. Petrus sagte von ihm: „Alles Fleisch ist wie Gras und alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt und die Blume abgefallen”. Jesus sagte: „Das Fleisch [das heißt, dieser Mensch aus Fleisch und Blut und Knochen; dieser Adam-Mensch] ist nichts nütze”. Wir sehen also, daß die Schreiber der Bibel der Entstehung oder Fortdauer dieses sterblichen Menschen — dieses Adam-Menschen — nicht viel Heiligkeit beimessen. Er ist bestimmt nicht ein Kind Gottes. Er ist nicht einmal ein gefallenes Kind Gottes, welches später einen Zustand seiner ursprünglichen Vollkommenheit wiedererlangen könnte. Er hat sich niemals eines Zustandes der Vollkommenheit erfreut; auch hat keiner seiner Ahnen oder Vorfahren sich eines Zustandes der Vollkommenheit erfreut, von dem er gefallen ist. Gottes Mensch könnte nicht Gott unähnlich sein; er kann ebensowenig sündigen, wie Gott sündigen kann. Er kann nicht gefallen sein, es sei denn, Gott wäre gefallen. Er kann nicht krank sein; er kann nicht arm sein; er kann nicht materiell sein, ebensowenig wie Gott krank, arm oder materiell sein kann.
Das materielle Dasein
Ebenso wie die Widerspiegelung göttlicher Ideen durch den Menschen das geistige Dasein ausmacht, ohne eine Spur von Materie oder Materialität, Sünde, Krankheit oder Tod, so formen fleischliche Gedanken im individuellen Bewußtsein oder Denken unseren materiellen Begriff vom Dasein — diese Welt der Materie und diesen Menschen aus Fleisch. Materie und die materielle Welt einschließlich des sterblichen Menschen mit all seinen Sünden, seiner Krankheit und Armut, seinen Sorgen und Leiden bestehen nicht als Folge irgend einer eigenen selbstschöpferischen Kraft, sondern sie verdanken ihr Dasein dem fleischlichen Sinn im individuellen Gedanken.
Dies sogenannte fleischliche Gemüt in seinem Versuch, das Geistige zu fälschen, umfaßt alle Elemente des Bösen, und wenn diese im individuellen Bewußtsein Einlaß finden, ergeben sie das individuelle materielle Dasein. Dadurch, daß wir in unserem Denken das angebliche Vorhandensein des fleischlichen Gemüts — oder die Abwesenheit des göttlichen — zugeben, werden wir uns der Materie bewußt. Die materielle Welt ist nichts anderes als fleischliches Gemüt, welches sich im individuellen Bewußtsein ausdrückt, und kann daher nur eine gefälschte Welt sein. Ihr und ich z.B., wir denken den Annahmen des fleischlichen Gemütes gemäß; dieses fleischliche Denken wiederum tritt in Erscheinung als Materie. Demnach hat die Materie nicht mehr Substanz als der Gedanke, denn Materie ist Gedanke. Das materielle Dasein entwickelt sich ungefähr folgendermaßen: Erstens, das fleischliche Gemüt erhebt Anspruch darauf zu bestehen, und zwar außerhalb des menschlichen Bewußtseins oder Denkens; zweitens, wir lassen die sterblichen Gedanken, die von diesem sogenannten Gemüt kommen, in unser Bewußtsein ein; drittens, diese sterblichen Gedanken treten alsdann als Materie in die Erscheinung. Eure und meine materielle Welt sind nichts anderes als das individuelle Inerscheinungtreten sterblicher Gedanken, die wir in unser Bewußtsein einlassen von diesem sogenannten fleischlichen Gemüt, welches sein Dasein außerhalb des individuellen sterblichen Menschen beansprucht. Darum sind eure Welt und meine Welt individuell und voneinander getrennt; das heißt, eure Welt ist die individuelle Verkörperung sterblicher Gedanken, welche ihr von außen her in euer Bewußtsein einlaßt, und meine Welt ist die individuelle Verkörperung sterblicher Gedanken, die ich von außen her in mein Bewußtsein einlasse. Folglich macht sich jeder von uns seine eigene individuelle Welt durch sein eigenes individuelles Denken, und es muß daher ebensoviele materielle Auffassungen vom Dasein geben, wie es Einzelwesen gibt, und eine jede solche materielle Vorstellung des Daseins muß eine Fälschung des Wahren und Geistigen — des Unendlichen — sein.
Die körperlichen Sinne
Die fünf körperlichen Sinne sind mentale Erscheinungen des fleischlichen Gemüts. Wir sind uns daher der Materie nicht deshalb bewußt, weil wir Materie sehen, fühlen, schmecken, riechen oder hören. Wir sind uns vielmehr der Materie bewußt, weil Sehen, Fühlen, Schmecken, Riechen und Hören Gedankenschöpfungen sind. Wir sehen nicht mit unseren Augen, auch hören wir nicht mit unseren Ohren, selbst nicht von einem materiellen Standpunkt aus. Wir sehen, fühlen, schmecken, riechen und hören mit unserem Denken. Ein bewußtloser Mensch z.B. ist im Besitz aller seiner materiellen Fähigkeiten, und doch kann er nicht das Geringste sehen, fühlen, schmecken, riechen oder hören. Er weiß nicht einmal, daß er einen materiellen Körper hat, und er kann erst wieder anfangen zu sehen, fühlen, schmecken, riechen oder hören, wenn er wieder anfängt zu denken. Und ferner,— jemand anders vermag für uns zu sehen, zu fühlen, zu schmecken, zu riechen und zu hören; das heißt, man könnte uns veranlassen zu sehen, fühlen, schmecken, riechen und hören, was ein anderer denkt. Nehmen wir z.B. das Verfahren des Hypnotiseurs. Ich habe einen Hypnotiseur so von der Mentalität eines andern Menschen Besitz ergreifen sehen, daß das Opfer dazu gebracht werden konnte, irgend etwas zu sehen, fühlen, schmecken, riechen oder hören, das der Hypnotiseur mental zu suggerieren vermochte. Ich habe das Opfer eines Hypnotiseurs heftigen körperlichen Schmerz erleiden sehen, obgleich es nicht körperlich verletzt war; und ich habe ebenfalls gesehen, wie solch ein Opfer infolge der Beeinflussung des Hypnotiseurs gegen körperliche Verletzungen, Nadelstiche und sogar Durchbohren mit Nadeln vollkommen unempfindlich wurde. Ich habe gesehen, daß Personen unter hypnotischem Einfluß dazu gebracht wurden zu denken, daß sie mit großem Vergnügen schwammen, obwohl nirgendwo Wasser zu sehen war. Ich habe beobachtet, wie sie gespannt und mit höchstem Entzücken den Weisen schöner Musik lauschten, welche überhaupt nicht vorhanden war. Ich habe gesehen, wie sie mit großem Genuß an einem Festmahl teilnahmen, obgleich nichts Eßbares da war. Ich habe sogar Menschen so vollständig ihres eigenen Denkvermögens beraubt gesehen, daß ihr Sehen, Fühlen, Schmecken, Riechen und Hören ausschließlich das eines anderen war. Sie sahen, fühlten, schmeckten, hörten und rochen die Gedanken eines anderen Menschen, eine Tatsache, die nicht nur beweist, daß wir unsere eigenen Gedanken, oder überhaupt nur Gedanken, sehen, fühlen, schmecken, riechen und hören, sondern die auch beweist, daß wir nicht mit dem Gehirn denken, und daß der Vorgang des sterblichen Denkens solch unbestimmbarer Art ist, daß jemand anders von unseren körperlichen Sinnen vollständig Besitz ergreifen und unser Sehen, Fühlen, Schmecken, Riechen und Hören für uns besorgen kann.
Der Künstler und sein Gemälde
Alle unsere Lebenserfahrungen vollziehen sich in unserem Bewußtsein. Sünde, Krankheit, Armut, Mangel, Elend und Unglück,— alle Leiden des sterblichen Daseins — bestehen nur durch das fleischliche Gemüt, welches wir im individuellen Bewußtsein beherbergen. Alles Glück, alle Freude, Liebe, Reinheit, Heiligkeit, Freiheit, Fülle, wahre Gesundheit und Harmonie wohnen im göttlichen Gemüt oder Gott und werden in dem Maße, wie dieses göttliche Gemüt in unserem Denken Aufnahme findet, auch ein Teil unseres Bewußtseins vom Leben. Seht ihr nun, wie unser eigenes Leben und unsere Erfahrungen vollständig unter unserer eigenen Kontrolle stehen? Jeder materielle Zustand hat sein geistiges Gegenteil im Geist oder in Gott, und da das Materielle ganz ohne Frage das Ergebnis unseres eigenen irrigen Denkens ist, seht ihr nicht, wie wir jetzt anfangen können, unser materielles Bild zu verbessern, indem wir allmählich das Fleischliche aus unserem Denken ausschließen und an seine Stelle das Göttliche und Geistige setzen? Man kann das irdische Dasein mit dem Gemälde eines Künstlers vergleichen. Mit dem Pinsel sterblicher Gedanken malen wir unser materielles Gemälde von einem Dasein mit all seinen Lebenserfahrungen. In dieses Gemälde bringen wir hinein: Materie, Kummer, Sorge, Elend, Mangel, Unglück, Armut, Haß, Mißgunst, Selbstsucht, Furcht, Zank, Unehrlichkeit, Unreinheit, Verlust — alle Phasen des fleischlichen Gemütes. Es könnte nichts Häßliches, Schädliches oder Unharmonisches in diesem Bilde geben, wenn nicht das Fleischliche in unserem individuellen Bewußtsein dies möglich machte, und nichts kann diese düsteren Gedankenbilder aus dem Gemälde entfernen als allein das Göttliche, wenn wir es in unserem Bewußtsein halten.
Für jedes Unangenehme, Schädliche, Häßliche und Verderbliche, das in unseren Erfahrungen und den Umständen unseres individuellen Lebensbildes zum Ausdruck kommt, gibt es eine geistige Idee, welche ändert, verbessert und berichtigt. Wenn wir diese in unser individuelles Bewußtsein einlassen und sie festhalten, wird unser individuelles Bild vom Dasein entsprechend verändert und aufgehellt. Für jeden Haß gibt es eine Idee der Liebe. Für jede Suggestion der Traurigkeit gibt es das Allheilmittel der Freude. Für jede Krankheit gibt es Gottes Ideen der Vollkommenheit und Gesundheit. Für jeden Mangel gibt es die Idee von Gottes Fülle; für Tod gibt es Leben; für falsche Begierden gibt es die Idee der Vollständigkeit und Befriedigung; für Unehrlichkeit gibt es Ehrlichkeit; für Unreinheit gibt es Vergeistigung; für Disharmonie gibt es Harmonie; für Streit und Mißverständnis gibt es das eine Gemüt; für Selbstsucht und Habgier gibt es immer gegenwärtige Fülle und volle Genüge; und für Materie —Geist.
Wir malen in unser Bild genau das, was wir im Gedanken tragen, und ebenso wie der Künstler sein Gemälde durch einen Pinselstrich hier und da ändert, wobei er die Schatten mit Sonnenschein, das Dunkle mit Licht übermalt und die noch unfertigen Stellen zu einem harmonischen Ganzen gestaltet, so kann jeder von uns seine eigene Welt und seine Erfahrungen ummalen und sie zum Guten wenden, indem er dem Materiellen den Eintritt in sein Denken verwehrt und auf die Leinwand seiner Gedankenwelt nur reine und erhabene Ideen wirft, von denen er weiß, daß sie von Gott kommen, und die, wenn man ihnen im Bewußtsein Raum gibt, den düsteren und unfreundlichen Eindruck des sterblichen Bildes auslöschen und es mit Gottes Sonnenlicht erstrahlen lassen.
Wenn wir eine Welt voller Liebe, Glück, Harmonie, Zufriedenheit, Fülle, Erfolg und Freude haben möchten, dann müssen wir, ihr und ich, sie dazu machen. Jeder von uns schafft sich seine eigene individuelle Welt und lebt darin. Wenn wir gerne unsere Welt mit Liebe erfüllt sehen möchten, dann müssen wir die Liebe hinein bringen. Wenn wir gerne unsere Welt mit Freude und Glück erfüllt sehen möchten, dann müssen wir Freude und Glück hinein bringen. Wenn wir Fülle haben möchten, dann dürfen sich unsere Gedanken nicht in Bahnen der Armut bewegen. Wenn wir gesund sein möchten, dann dürfen sich unsere Gedanken nicht in materiellen Bahnen bewegen. Niemand sonst, keine äußeren Verhältnisse oder Einflüsse, können ausschlaggebend sein für Kummer oder Glück in unserer individuellen Welt. Jeder einzelne von uns erfährt und empfängt vom Dasein genau das — und auch nur das — was er hinein bringt. Unsere Welt wird auch nicht das Geringste an Liebe für uns enthalten, wenn unser Bewußtsein mit Haß und Kritik angefüllt ist. Unsere Welt wird auch nicht das Geringste an Freude und Glück für uns enthalten, wenn unsere eigenen Gedanken voller Sorge und Sünde sind. Unsere Welt wird uns auch nicht das Geringste an Fülle und Erfolg bringen, wenn unsere eigenen Gedanken voller Furcht, Armut und Mangel sind.
Himmel und Gebet
Durch unser Denken kommen wir in das Himmelreich. Niemals kommen wir in den Himmel durch die Pforten des Todes. Tod ist ein Teil von jenem sterblichen Gemüt, das uns Sünde, Leiden und Schmerz, Mangel und Kummer bringt. Der Tod, sagt die Bibel, ist das Werk des Teufels, und man könnte kaum erwarten, mit Hilfe des Satans in den Himmel zu gelangen. Richtiges Denken oder geistiges Denken ist Gebet. Richtiges Denken ist der Vorgang mentaler Reinigung, und mentale Reinigung entfernt aus dem Denken alles, was mit dem Fleischlichen zu tun hat — alle Sünde, Krankheit und Tod. Himmel ist der Bewußtseinszustand, in welchem auch nicht eine Spur vom Materiellen zu finden ist — nicht ein Element des Fleischlichen. Daher führt richtiges Denken oder mentale Reinigung in den Himmel, und die Ermahnung des Paulus, zu „beten ohne Unterlaß”, wird für uns zur höchsten und ständigen Notwendigkeit.
Seht ihr nun, wie unser richtiges Denken für uns zum Wegweiser wird; wie wir dadurch, daß wir Gott in unser Leben bringen, indem wir göttliche Ideen in unser Bewußtsein einlassen, auch in unsere täglichen Erfahrungen das Gute bringen? Unsere materielle Welt ist die Verkörperung unserer sterblichen Gedanken, und wenn wir sie daher durch göttliche Ideen in unserem Denken ersetzen, müssen diese das Fleischliche in unserer Welt zum Teil beseitigen und an dessen Stelle das Göttliche und Harmonische setzen. Unsere materielle Welt ist für euch und mich unharmonisch, lediglich wegen der Disharmonie in unserem eigenen Denken. Wenn wir das Bewußtsein derart mit dem Göttlichen erfüllen können, daß wir unseren Nächsten sehen, wie Jesus ihn sah, dann werden wir mit Unehrlichkeit, Schlechtigkeit oder Haß in unserem täglichen Leben nicht in Berührung kommen. In dem Maße, wie wir in unserem eigenen reinen Denken den Menschen als Gotteskind sehen, hört er auf, unehrlich, unaufrichtig und gehässig gegen uns zu sein. Seht ihr nun, welche machtvolle Waffe für das Gute wir beständig mit uns führen, und wie unser richtiges und reines Denken ein undurchdringlicher Panzer ist zum Schutz gegen all die bösen Einflüsse und Kräfte, die behaupten, im Reich des Materiellen zu bestehen?
Individuelle Kontrolle über die Materie
So wird uns langsam klar, daß von unserem mentalen Verhalten anderen gegenüber nicht so sehr das Wohlergehen anderer als unser eigenes Wohlergehen abhängt. Wenn wir unseren Nächsten nicht als Kind Gottes ansehen können, frei von Sünde, Krankheit, Armut und dergleichen, können wir sicher nicht erwarten, diese Zustände aus unseren eigenen Erfahrungen zu beseitigen. Jesus ermahnte uns, unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst, nicht so sehr um unseres Nächsten willen als um unserer selbst willen. Jesus wußte, daß wir in demselben Verhältnis, wie wir unseren Nächsten als ein vollkommenes Kind Gottes sehen, frei von Sünde, Krankheit und Armut, solche Zustände auch in unserem eigenen individuellen Bewußtsein und in unseren Erfahrungen überwinden. Und so erkennen wir die Notwendigkeit, unser eigenes Denken jederzeit und unter allen Umständen zu schützen. Wir müssen erkennen, daß in dem Gemälde, welches wir mit dem Pinsel der Gedanken malen, ein einziger falscher Gedanke, den wir im Bewußtsein halten, das ganze Bild beeinträchtigt, und daß wir keine Aussichten haben, unsere Erfahrungen harmonisch zu gestalten, wenn wir in einem einzigen Falle falsche Gedanken hegen. Dies bedeutet, daß ein verkehrter Gedanke in unserem Bewußtsein das Unangenehme und Unvermeidliche zur Folge hat, unser ganzes Bild zu beeinträchtigen, geradeso wie ein falscher Pinselstrich des Künstlers den Eindruck des Gemäldes vollständig verderben kann.
Haß, Bosheit, Ungeduld, Unehrlichkeit usw. gegen eine einzige Person oder Sache in unserem Leben, selbst wenn unsere geistige Einstellung allen anderen Personen und Dingen gegenüber ideal sein mag, wird das ganze sterbliche Bild beeinträchtigen und Disharmonie in alles tragen, was wir unternehmen. Und genau so wie ein falscher Gedanke das Böse in das ganze materielle Bild hineinbringt, genau so wird ein richtiger Gedanke, den wir im Bewußtsein hegen, das ganze Bild zum Guten wandeln; und je mehr wir von Gott im Bewußtsein tragen, um so harmonischer und erhabener wird unser Leben und unsere tägliche Erfahrung werden. Ich habe erlebt, daß ein heruntergekommenes Geschäft, welches vor dem Bankrott stand, wieder auflebte und blühte durch die Berichtigung verkehrter und unharmonischer Familienverhältnisse des Besitzers. Ich habe nichts erlebt, das unvermeidlicher zu Mißerfolgen im Geschäftsleben führte, als ein unharmonisches Familienleben. Das Gleiche gilt für alle Phasen des menschlichen Daseins. Eine mir bekannte Dame litt seit mehreren Jahren an einem großen und schmerzhaften Gewächs. Während eines christlich-wissenschaftlichen Vortrages Wurde ihr eine bestimmte Stelle in der Bibel geistig klar verständlich. Dieses klare Verstehen, das in ihrem Bewußtsein wirkte, heilte die Kranke fast augenblicklich, obwohl die betreffende Bibelstelle eigentlich nichts mit einem Gewächs oder überhaupt mit Heilen zu tun hatte. Dies zeigt uns einmal wieder in gewissem Grade, wie die Wahrheit, wie richtige Ideen, wenn sie im individuellen Bewußtsein arbeiten, alles, was der Berichtigung bedarf in dem sterblichen Gemälde, das das sterbliche Gemüt für uns gemalt hat, erfassen, verändern und heilen.
Freiheit
Jeder sterbliche Gedanke, der in einem materiellen Gegenstand Ausdruck findet, jeder sterbliche Gedanke, der als gesprochenes Wort sich bekundet, jeder sterbliche Gedanke, der zu eurem und meinem Bewußtsein gelangt, kommt durch mentale Suggestion. Das was wir mit unseren körperlichen Sinnen fühlen, sehen, schmecken, riechen oder hören, ist nichts anderes als eine Suggestion des sterblichen Gemütes. Materielles Dasein ist nichts anderes als Gedanke, und diese Gedanken, einerlei ob sie als Personen, Orte, Dinge oder Gedanken erscheinen, stehen beständig an der Pforte unseres Bewußtseins und begehren Einlaß. Dadurch, daß wir diese Gedanken aufnehmen, werden sie zu dem sterblichen Bewußtsein, welches sich als materielle Welt ausdrückt. Die ganze Atmosphäre scheint mit sterblichen oder materiellen Suggestionen überladen zu sein, die sich herzu drängen, um in das individuelle Bewußtsein eingelassen zu werden, und nur durch geistiges Verständnis gelangen wir zu der Klarheit, vermöge welcher wir das Wahre vom Falschen unterscheiden und jenen Schutzwall um uns aufrichten können, der sich als eine sichere Festung gegen alle bösen Einflüsse erweist.
Der Gedanke ist das mächtigste und greifbarste Ding in der Welt, ob er sich nun als Materie ausgedrückt oder für die körperlichen Sinne unerkennbar bleibt; und wenn man nicht lernt, den Weg wahrer Heiligkeit und geistigen Verständnisses zu gehen, wird man zum Werkzeug und Sklaven aller bösen und versteckten Einflüsse des sterblichen Daseins. Im Reich des sterblichen Gemütes gibt es viele böse Einflüsse, deren Opfer die einzelnen Menschen oft werden, und denen sie erliegen, ohne es zu wissen und zu wollen, weil sie über die Macht und Herrschaft des Göttlichen nicht aufgeklärt sind und diese nicht kennen. Wenn man die Allmacht göttlicher Ideen erkennt und verstehen lernt, zwischen dem Göttlichen und dem Irdischen zu unterscheiden, dann wird man durch richtiges und reines Denken mit Gott verbunden bleiben und hört auf, ein Opfer der mentalen und bösen Suggestionen und Einflüsse zu sein, die heute die Gedanken und das Bewußtsein der Menschheit oft durch geplante mentale Suggestion vergewaltigen und beherrschen.
Seht ihr nun, daß unsere Erlösung von all den Sorgen und Mühen, der Armut und dem Elend des sterblichen Daseins bei Gott ist? Liebe Freunde, bringt Ihn in euer Bewußtsein. Macht Ihn zu einem Teil eures bewußten Daseins, eures Lebens und eures Seins, und Er wird euch „eine Hilfe in den großen Nöten” sein So „gesinnet” zu sein, „wie Jesus Christus auch war”, bedeutet, zu Gott beten. „Betet ohne Unterlaß”. Haltet beständig fest an eurem bewußten Einssein mit Ihm, den „recht zu kennen, ewiges Leben ist” (Wissenschaft und Gesundheit, Vorw., S. vii). Haltet an im Gebet, „es sei zu rechter Zeit oder zur Unzeit”. Hütet und bewahret jene stillen heiligen Augenblicke, wo ihr bei Ihm seid; sie sind mehr wert für euch als unermeßliche Reichtümer und die trügerischen Freuden und Vergnügen des Fleisches. Laßt die Augenblicke stillen und andächtigen Betens zu Stunden werden,— Stunden heiliger und weihevoller Gemeinschaft mit Ihm. Lernt Gott kennen wie einen lieben Freund, eure Mutter und euren Vater. Sprecht mit Ihm. Denkt mit Ihm. Die Augenblicke und Stunden eurer heiligen Andacht mit Gott werden euch ungekannte und ungeahnte Segnungen bringen; sie werden euch Trost, Zuversicht und einen Frieden geben, wie sonst nichts es vermag. Die Stunden stiller andachtsvoller Gedanken werden für euch „Immanuel”—„Gott mit uns”— sein und werden euch einhüllen in die Liebe, das Erbarmen, die Obhut und die Führung Seiner unendlichen und allmächtigen Weisheit.
Sein Christus ist jetzt hier und bittet um Einlaß. Laßt ihn ein, heißt ihn willkommen. Hütet und haltet ihn. Er spricht zu euch mit den Worten des Johannes: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir”; und weiter: „Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen”.
