Ein mental passives oder neutrales Verhalten ist nicht fortschrittlich: es vollbringt nichts und überwindet nichts. Intelligente Gedanken und Gefühle bestürmen die Tür des menschlichen Bewußtseins, und Zweifel, Befürchtungen und andere sündhafte Einflüsterungen und Eindrücke tun der Annahme nach dasselbe. Theoretisch wird ihr relativer Zustand anerkannt; aber der individuelle geistige Fortschritt ist proportional der Energie und der Ehrlichkeit, mit der man mentale Zensur intelligent ausübt. Jeden Augenblick sollten wir als Christliche Wissenschafter unser Recht ausüben, zwischen dem zu unterscheiden, was mental anzunehmen oder zurückzuweisen ist. Indem wir geistige Tatsachen bewußt vor Augen behalten, verschließen wir dem Aberglauben die Tür. Passives Übereinstimmen mit einem Gedanken der Wahrheit vollbringt wenig; aber seine aktive Nutzanwendung befähigt uns, gegen Leiden und Entmutigung, die keine Tatsachen sondern Einflüsterungen sind, angreifend vorzugehen. Indem wir sie zurückweisen und umkehren, finden wir, daß immergegenwärtiger Mut und Harmonie an ihre Stelle treten.
„Die Lippen der Gerechten lehren heilsame Dinge“. Eine gesprochene Wahrheitsäußerung ist in gewissem Grade hilfreich; aber diese wahre Äußerung muß auf geistiger Überzeugung beruhen, wenn die Last der Unterdrückung und der Furcht beseitigt werden soll. In die Wahrheit selber kann der „Lügner und der Vater derselben“ nie eindringen, und der Irrtum kann sich in das Bewußtsein, das die Wahrheit widerspiegelt, nicht eindrängen. Wer für die Autorität des göttlichen Prinzips und die Reinheit des Geistes eintritt, stimmt keinen irrigen Annahmen zu. Überall, wo geistige Ideen als Gegenmittel gegen den Irrtum ausdauernd festgehalten und angewandt werden, bringen sie Freiheit, Gesundheit und Harmonie zum Vorschein.
In der Bibel finden wir unzählige ermutigende Erklärungen der Wahrheit. Da wir uns jedoch nicht damit begnügen, diesen Erklärungen zuzustimmen, müssen wir ihre belebende Kraft von nun an beweisen. Mrs. Eddy schreibt (Miscellaneous Writings, S. 196, 197): „Die Heilige Schrift fordert mehr als einfache Zustimmung und unentschlossenes Annehmen der Wahrheiten, die sie darbietet; sie verlangt einen lebendigen Glauben, der ihre Lehren unserem Leben so einverleibt, daß diese Wahrheiten die treibende Kraft jeder Handlung werden“. Ein „lebendiger Glaube“ vollbringt viel; aber der „Glaube, wenn er nicht Werke hat, ist er tot an ihm selber“.
Die Kraft Gottes, des göttlichen Prinzips, vermag jeden falschen Zustand, jede falsche Annahme, die die Menschheit bedrückt, zu meistern und zu besiegen. Anerkennen wir die unveränderliche Tatsache, daß Gott die Quelle unserer Gesundheit und Stärke ist, so sind wir gezwungen, uns zu erheben und die entgegengesetzten Lügen Schwachheit und Krankheit zurückzuweisen. Anerkennen wir die Tatsache, daß Gott die Liebe ist, so müssen wir uns von jedem lieblosen, furchtsamen, gehässigen Gedanken oder Eindruck des materiellen Sinnes auf Grund der Tatsache abkehren, daß die Liebe solche Unwahrheiten weder kennt noch jemand auferlegt.
In der nachstehenden Stelle aus „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 469) deckt Mrs. Eddy durch Schlußfolgerung zwei falsche Richtungen des Beanspruchens und Annehmens des Glaubens an ein anderes Gemüt auf. Im einen Fall handelt es sich um vorsätzliches Beanspruchen, im andern um passives Annehmen. Die Stelle lautet: „Es kann nur ein Gemüt geben, weil es nur einen Gott gibt. Wenn die Sterblichen auf kein anderes Gemüt Anspruch erheben und kein anderes Gemüt annehmen würden, dann würde die Sünde unbekannt sein“. Nehmen wir nicht ein anderes Gemüt an, wenn wir behaupten, daß Furcht beharrlich sei und unsere Furcht sei; daß Leiden chronisch oder akut sei und unser Leiden sei; daß Armut sehr wirklich sei und unsere Armut sei? Oder wenn wir diese Irrtümer nicht mental und objektiv verfechten, nehmen wir sie passiv zeitweilig an? Geraten wir mental in ein unterwürfiges Verhalten, als ob wir erwarteten, daß Zeit oder „der letzte Feind“ uns Befreiung bringen soll? Ist dem so, so können wir uns sofort aufraffen. Wir können mental unser jetziges und immerwährendes Einssein mit allem Guten und Wahren betonen. So können wir lernen, unrechtmäßige mentale Versklavung abzuwerfen und rechtmäßige geistige Freiheit zu erlangen.
In dem Verhältnis, wie wir das eine Gemüt und Seine vollkommenen Ideen beanspruchen und annehmen, durchdringt die Kraft der Wahrheit unser innerstes Denken und fördert daher den Ausdruck des besonderen Beweises, nach dem wir trachten. Der geistige Sinn, der einzige Sinn des Menschen, hört immer auf die göttliche Wahrheit. Alles Gute ist gegenwärtig und kann von allen ohne Unterschied beansprucht und angenommen werden. Von dieser Grundlage aus ist jeder entgegengesetzte Anspruch oder jeder entgegengesetzte Augenschein des materiellen Sinnes aktiv zu verwerfen. Die Freiheit der Wahrheit ist frei von Irrtumsknechtschaft. Ein Teil unserer täglichen Arbeit besteht darin, daß wir das geistige Verständnis und die freudige Herrschaft, deren Gottes Zeuge nie auch nur einen Augenblick beraubt ist, tatkräftig beanspruchen. Diese göttlichen Rechte, mental betont, löschen das Bild menschlichen Unrechts aus.
Auf Seite 227 in Wissenschaft und Gesundheit gibt uns unsere Führerin folgende gebieterische Ermahnung: „Bürger der Welt, nehmt die herrliche ,Freiheit der Kinder Gottes‘ au und seid frei!“ Unser gehorsames Annehmen dieser „herrlichen Freiheit“ bringt die Verpflichtung mit sich, ein für allemal an dieser Annahme festzuhalten; und dies schließt das mentale Verwerfen jedes Anspruchs von Mißklang in sich. Durch unser unwandelbares Annehmen dieser „herrlichen Freiheit“ entdecken wir die Stadt wahren Bewußtseins, wo nichts ist, das da Greuel tut und Lüge, „und ihre Tore werden nicht verschlossen des Tages; denn da wird keine Nacht sein“.
