Eine Regel, deren Befolgung die Menschen befähigen würde, fruchtlose Anstrengungen zu vermeiden und bei jedem rechten Unternehmen Erfolg zu haben, stellt der Psalmist auf mit den Worten: „Wo der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen. Wo der Herr nicht die Stadt behütet, so wacht der Wächter umsonst”.
Daß sich die Menschen nicht immer eines ihren Anstrengungen entsprechenden Erfolgs erfreut haben, beweist, daß sie nicht auf allen ihren Wegen Gott als die Quelle wahrer Weisheit, deren sie beständig bedürfen, anerkannt haben. Vorstehende Psalmstelle schildert, was viele aus Erfahrung wissen: die Hilflosigkeit der Menschen, wenn sie sich nicht auf die immerwährende Gnade Gottes verlassen. Sie zeigt die Zwecklosigkeit der Hoffnungen und Bemühungen, die mit Gottes weisem Plan nicht übereinstimmen, und weist auf die Gewißheit hin, daß sich alles, was mit dem göttlichen Prinzip übereinstimmt, in der Erfahrung harmonisch entfaltet.
Was geistig ist, spiegelt Gott wider und ist immer Seiner guten Regierung untertan. Auf das Geistige und Unsterbliche anstatt auf das Materielle und Zeitliche müssen die Sterblichen immer mehr sehen und unaufhörlich danach trachten, wenn sie lernen wollen, „den Herrn das Haus”— ihr Bewußtsein des Guten —„bauen” zu lassen, damit sie nicht „umsonst arbeiten”. Was der Psalmist bildlich andeutete, erklärte Christus Jesus später bestimmter in seiner Lehre von des Menschen wahrer Beziehung zu Gott. Er sagte: „Der Sohn kann nichts von sich selber tun, sondern was er sieht den Vater tun; denn was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn. Der Vater aber hat den Sohn lieb und zeigt ihm alles, was er tut”.
Christus Jesus enthüllte die Wahrheit vom vollkommenen Gott und vom vollkommenen Menschen, die Wahrheit, die alle beweisen lernen müssen. Über diese wahre Beziehung schreibt Mary Baker Eddy in „Miscellaneous Writings” (S. 183): „Der Mensch ist Gottes Bild und Gleichnis; alles, was Gott möglich ist, ist dem Menschen als der Widerspiegelung Gottes möglich”. Ihre Darlegung der Christlichen Wissenschaft verkündigt, daß Gott alle Seine Ideen regiert. Wenn wir uns in diese Wissenschaft vertiefen, erlangen wir das Verständnis der geistigen Vollkommenheit und lernen dem Gesetz Gottes entsprechend denken. Dies bringt eine so völlige Gewißheit der Güte Gottes, ein so festes Vertrauen auf Seine weise Obhut, daß wir mit tiefer Aufrichtigkeit wünschen, daß Sein Gesetz alle unsere Beweggründe, Handlungen und Unternehmungen regieren möge.
Gott erhält und schützt nur das, was Ihn widerspiegelt; ja, es ist undenkbar, daß Er, der alles Gute in sich schließt, etwas aufrechterhält, was Ihm unähnlich und Ihm daher unbekannt ist. Indem die Christlichen Wissenschafter so folgern, sehen sie, daß ihr ganzes Denken immer mit dem vollkommenen Maßstab der Wahrheit und der Liebe übereinstimmen sollte. Mrs. Eddy ermahnt sie liebreich (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 128, 129): „Wachet und betet täglich, daß böse Einflüsterungen in keiner Verkleidung in eurem Denken Wurzel fassen und Frucht tragen. Prüfet euch oft selber und seht, ob sich irgendwo etwas befindet, was die Wahrheit und die Liebe hindert, und ‚behaltet das Gute‘”.
Ein allgemeines Hindernis der Entfaltung wahrer Weisheit in allen unseren Angelegenheiten kann in dem Wunsche gesehen werden, etwas schnell dadurch zu erlangen, daß man zu einem materiellen Mittel greift, anstatt geduldig zu warten, daß Gott unsere Wege lenke. Im Lichte des einen Gemüts entdecken wir jedoch diese Neigung, zu hasten und uns zu sorgen statt innezuhalten und Gottes Plan sich uns entfalten zu sehen. Wenn aber als Folge davon, daß wir Ungeduld oder Unverstand haben walten lassen, etwas fehlzuschlagen scheint, sollten wir nicht bitter beunruhigt sein und dadurch in unserer eigenen Annahme aus nichts etwas machen, sondern sollten uns zu wahrer Fröhlichkeit aufraffen, daß wir sogar durch unangenehme Erfahrungen lernen, wie sehr es uns not tut, in ruhiger Zuversicht auf Gott zu vertrauen und Ihn immer zu preisen, daß Er den Menschen Seinen vollkommenen Plan für alle Seine Kinder beständig entfaltet. Wir sollten willens sein, in unserem Beweis der Christlichen Wissenschaft vorwärtszugehen und jede Aufgabe gut auszuführen, so daß wir bereit sein können, die nachfolgenden Schritte zu tun, die sich uns im ununterbrochenen Beweisen der göttlichen Wissenschaft unvermeidlich entfalten.
Wenn der Anhänger vielleicht durch einen unvorhergesehenen Umstand findet, daß er vergeblich gebaut hat, weil er sich dem göttlichen Prinzip nicht genügend angepaßt hat, weiß er, daß er mit erneuter Anstrengung von vorn anfangen kann, weiser durch die festere Überzeugung, daß er ohne Gottes Hilfe nichts tun kann. Es ist ein unermeßlich köstlicher Gewinn, die Lehre gut gelernt zu haben, die unsere Führerin in „Christian Healing” (S. 1) in die Worte faßt: „Wer auf etwas Geringeres als eine unsterbliche Grundlage baut, hat auf Sand gebaut”. Ein solches Gebäude kann weggerissen werden, wie viele in den letzten Jahren erfahren haben; aber dies bedeutet nicht, daß der Erbauer auf dem Sand bleiben und hilflos die Trümmer seiner Anstrengungen betrachten muß. Der Fels, der die Wahrheit ist, bleibt immer und steht allen, die bauen, immer zur Verfügung. Wer sich von ganzem Herzen an Gott wendet, braucht nicht in Untätigkeit zu verharren, wenn bei seinem Bauen gewisse Anstrengungen erfolglos geblieben sind, sondern kann mit erneuter Demut hoffnungsvoll die Wendung der Angelegenheiten als Darbietung des Beginns eines auf die Wahrheit gegründeten neuen geistigen Bauens ansehen, das von Gott zu der gewissen Vollendung des Guten geleitet wird.
Der Christliche Wissenschafter weiß, daß er sich schließlich intelligent und gewohnheitsmäßig auf Gott verlassen muß; daß er beständig danach trachten muß, mehr von dem Christus, der Wahrheit, zu erfassen, wodurch allein Gott dem menschlichen Bewußtsein geoffenbart wird. So kann er mit zunehmender Gewißheit wie Paulus erklären: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus”. So lernt er auch mit Gottes beständiger Hilfe für die Ewigkeit bauen und zwar durch Selbstaufopferung und durch Erlangung geistigerer Wünsche und Bestrebungen. Dabei findet er, daß sich alles, was wirklich von Wert ist, in seinen Angelegenheiten harmonisch entfaltet, weil er in allem, was er denkt und tut, „den Herrn das Haus bauen” lassen lernt. So bezieht er auch die einzige Wohnung, wo wahre und dauernde Freudigkeit und Gelassenheit herrschen.
