Obgleich der Durchschnittsmensch wohl selten über Identifizierung nachdenkt, scheint sich jedermann fast die ganze Zeit mit etwas zu identifizieren, und dies geht weiter, selbst wenn man im Schlafe träumt. Ja, das menschliche Dasein scheint ein beständiger Identifizierungsvorgang zu sein. Betrachten wir z.B. die einfache Handlung, in einen Spiegel zu sehen. Fast immer identifizieren wir uns mit dem Bilde im Spiegel. So sind wir erzogen worden.
Im weiteren Sinne identifiziert man sich jedoch auch mit Dingen, Zuständen und Gedanken, die nicht unmittelbar zu dem gehören, was man als seine persönliche äußere Erscheinung ansieht. Wir sagen, daß wir uns mit gewissen religiösen Anschauungen oder politischen Bekenntnissen identifizieren. Und es ist ganz natürlich, sein Heim und seine Umgebung als einen Teil von sich und als ein Mittel anzusehen, wodurch man sich ausdrückt. In einem noch weiteren Sinne identifizieren wir uns mit allem, was wir für wirklich und wahr halten. Indem wir es in unserem Bewußtsein beherbergen, identifizieren wir es mit unserem Dasein.
Wenn einer vor einem Hohlspiegel steht und ein Zerrbild sieht, identifiziert er sich nicht damit, weil er versteht, daß das Bild nicht wahr und daher nicht wirklich ist. Dies trifft auch auf Traumbilder zu. In dem Traum z.B., der Irrsinn genannt wird, kann einer sich einbilden, er sei ein Weizenkorn, und daher in große Verlegenheit kommen, wenn er einen Sperling sieht und befürchtet, daß dieser ihn fressen werde, was sich in einem aufgezeichneten Falle von Geistesgestörtheit tatsächlich zutrug.
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