Im Evangelium des Johannes lesen wir, daß Christus Jesus zu seinen Jüngern gesagt hat: „Das ist mein Gebot, daß ihr euch untereinander liebet, gleichwie ich euch liebe. Niemand hat größere Liebe als die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde”.
Es ist nicht wahrscheinlich, daß des Meisters Anweisung, daß man sein Leben für seine Freunde lassen soll, das Aufgeben des sogenannten körperlichen Lebens bedeutete, oder daß es in diesem Sinne eine Forderung zum Märtyrertum war. Dagegen ist es sehr wahrscheinlich, daß Jesus sah, daß seine Nachfolger den materiellen Sinn des Lebens — die selbstischen Freuden der Körperlichkeit — opfern müssen, wenn sie ihren Mitmenschen im größten Maße nützlich sein wollen. Er zeigte ihnen, daß der größte Dienst für andere von denen zu erwarten ist, die bereit sind, ihre Behaglichkeit und einen bloß materiellen Sinn der Bequemlichkeit und der Sicherheit aufzugeben. Er suchte ihnen klarer sehen zu helfen, daß Weltlichkeit und Materialität den Fortschritt auf dem Wege wahres Dienens nicht fördern.
Niemand hatte ein größeres Verständnis der Allheit des Geistes und der daraus folgenden Nichtsheit dessen, was nicht geistig ist, als der Nazarener. Es ist aber nicht denkbar, daß ihm etwas menschlich Notwendiges für sein Wohlergehen mangelte. Zwar sagte er einmal: „Die Füchse haben Gruben, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber des Menschen Sohn hat nicht, da er sein Haupt hin lege”. Dies mag sich wohl darauf bezogen haben, daß er während seines aktiven Wirkens keine dauernde Wohnstätte hatte. Es ist nicht anzunehmen, daß Jesus je ohne Nahrung oder Obdach war.
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