Wer sich in Ideen vertieft, ohne sie praktisch anzuwenden, kann ein Einsiedler, ein Gefangener in einer von ihm selber aufgebauten engen Gegenstandswelt werden. Wer auf einer wechselvollen Bühne der Unbeständigkeiten und der Widersprüche den Umgang mit Personen Pflegt und Ideen vernachlässigt, stellt trotz der Vervollkommnung seiner Kunst als Beochachter und Zergliederer der Menschheit keinen Maßstab eines hohen Ziels auf. Wer lernen und dann belehren will, kann nicht bloß in einer von Handlung getrennten Ideenwelt leben. Wer die Quelle der Wahrheit erreichen und von Wert für seine Mitmenschen sein will, kann es nur tun, indem er das Ideal bewahrt und die Erkenntnis aufrechterhält, die das Ergebnis der Liebe zu Gott und dem Menschen sind.
Christus Jesus verweilte bei Ideen; aber seine Welt war keine Gegenstandswelt des Einsiedlers. Er verharrte im Bewußtsein der geistigen Wirklichkeit; aber er ließ es sich nie verdrießen, den Menschen zu zeigen, was geistiges Wissen vollbringt, wenn es unbeirrt auf die menschlichen Angelegenheiten angewandt wird. Er brachte viele Stunden allein zu, um in Gemeinschaft mit dem göttlichen Prinzip zu sein; aber er bewegte sich ungezwungen unter den Menschen und nahm überall an ihrem Familienleben und ihren allgemeinen Problemen Anteil. Er verlor seine Wesenseinheit als der Sohn Gottes nie aus den Augen; dennoch sprach er beständig von sich als des Menschen Sohn. So versäumte er in Erbarmen und Verständnis keine Gelegenheit, entzog er sich keiner echten Forderung, die geistige Kraft den Notleidenden zugänglich zu machen. Als Ergebnis wurden die Kranken und die Sünder dadurch geheilt und erlöst, daß er unter ihnen weilte. Für ihn war das göttlich Ideale und das praktisch Reale eins. Er anerkannte keinen Vorgang, für ihn gab es keine unvermeidliche Verzögerung. Er überwand alle Feindschaften, sogar die letzte und tödlichste, den Glauben, daß Haß ihn vorübergehend zerstören könne. Von der Grundlage des Prinzips aus arbeitend, setzte er das Gesetz der Überlegenheit über jede Erscheinungsform des Bösen in Tätigkeit.
Mit unnachgiebigem Eindringen fragt Mary Baker Eddy auf Seite 117 in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany”: „‚Was ginget ihr aus zu sehen?‘ Eine Person oder ein Prinzip? Was es auch sei, bestimmt je nachdem das Rechte oder das Falsche dieser Nachfolge”. Diese Wahl entscheidet den ganzen Lebenslauf der Menschen und die Gestaltung ihres Charakters im großen wie im kleinen. Wenn sie das Prinzip wählen, wird die Gottheit ihr Geschick regieren und ihr Urteil leiten. Sie werden sich vornehmen, nicht bloß sich selber oder einem andern zu gefallen, sondern werden auf Gott harren und die ordentliche Entfaltung Seines Gesetzes in Gehorsam und Brüderschaft stattfinden lassen. Aber wenn sie Personen wählen, gehen sie den schmäler werdenden Weg der Selbstsucht und der Parteilichkeit, und ihr Urteil wird unvermeidlich abgelenkt, ihr Blick getrübt, ihre Freiheit beschnitten. Sie werden finden, daß menschliche Siege sie stolz machen und menschliche Niederlagen sie beunruhigen oder verbittern. Sie werden glauben, daß nicht das Prinzip, sondern Personen das Geschick ihres Heims, ihrer Kirche oder ihres Landes regieren; daß das Schicksal der Welt nicht in der Gewalt des Prinzips, sondern in der Gewalt von Personen sei. Wir können immer abschätzen, ob das Prinzip am Steuer unseres Denkens ist, indem wir beobachten, ob die universale Aufrichtung der Gerechtigkeit, die Herrschaft der Rechtschaffenheit, der Beweis der Liebe und nicht die Erfüllung unserer eigenen Wünsche, die Durchsetzung des menschlichen Willens, der Hauptzweck unseres Lebens ist.
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