Jedermann möchte glücklich sein. Viele haben mit verschiedenen materiellen Mitteln Glück gesucht. Manche haben es durch liebende und verstehende Freunde und Verwandte, andere durch den Erwerb einer Fülle materieller Dinge zu erlangen gesucht, wieder andere haben es durch Erfüllung eines gehegten ehrgeizigen Strebens zu finden gehofft. Eine Zeitlang mag einer glauben, er habe erreicht, wonach er sich gesehnt hat. Dann wird er unzufrieden und enttäuscht; denn wirkliches Glück ist geistig und kann nur dadurch erlangt werden, daß man Gott und dem Menschen selbstlos, hingebend und liebevoll dient.
Glücklich sein heißt gegen andere Freundlichkeit, Erbarmen, Freude, Demut und Wohlwollen ausdrücken. Glück ist nicht nur Nehmen, sondern auch Geben. Unsere geliebte Führerin Mary Baker Eddy rät uns in „Miscellaneous Writing” (S. 155): „Vergiß dich in der Arbeit für die Menschheit”. Es mag widersinnig scheinen; aber es ist trotzdem wahr, daß wir in dem Maße, wie wir ein ängstliches selbstisches Verlangen nach Glück aufgeben und andere zu segnen und ihnen zu helfen suchen, eine tiefe geistige Freude gewinnen, die in der göttlichen Liebe wurzelt. Geistiges Glück und geistige Freude sind nicht flüchtig, vorübergehend; denn sie sind von Gott. Sie sind dauernd, unveränderlich, ewig.
Eine Christliche Wissenschafterin machte Zeiten äußerster Verzagtheit und Mutlosigkeit durch. Als sie erkannte, daß sie in der Knechtschaft eines unwirklichen Meisters war, tat sie Schritte, einen klareren Sinn des geistigen Daseins zu gewinnen. Sie dachte über die Bedeutung des Ersten Gebots: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben” nach. Dann entdeckte sie, daß sie in den Augenblicken, wo sie sich bewußt war, daß Gott die einzige Macht, die einzige Gegenwart ist, nichts sah, weswegen sie verzagt oder entmutigt sein konnte. In Gottes unendlicher Schöpfung erfüllt jede Idee tätig den göttlichen Zweck der Liebe. Der Ausdruck des göttlichen Gemüts kann sich keiner Disharmonie bewußt sein; denn in Gottes Reich sind Harmonie und Vollkommenheit unwandelbar. Sooft sich ihr die Einflüsterungen der Niedergeschlagenheit und der Traurigkeit darboten, pflegte sie sich zu fragen: „Hältst du das Erste Gebot?” Als sie willig wurde, der biblischen Ermahnung zu gehorchen: „Verlaß dich auf den Herrn von ganzem Herzen, und verlaß dich nicht auf deinen Verstand”, wurden die besorgten, furchtsamen Annahmen der Schwermut und der Niedergeschlagenheit durch die Wahrheit vertrieben, wie die Sonne den Nebel vertreibt. Durch zunehmenden Gehorsam gegen das Erste Gebot verschwand ihr Sinn der Freudlosigkeit und Verzagtheit, und sie gewann einen freudigen Sinn der Freiheit und des Glücks.
Manche Leute entschuldigen sich, daß sie traurige, mutlose Gedanken hegen, indem sie einwenden, daß sie eine unglückliche Kindheit hatten, daß sie durch Vererbung ungebührlich gehemmt wurden, daß ihre Umgebung dem Glück nicht förderlich sei, oder daß eine leibliche Schwierigkeit sie ihres Friedens beraube. Aber solche seltsamen Einfälle sind, wie wir im Lichte der Christlichen Wissenschaft sehen, Gott unbekannt und können die göttliche Fülle des Guten für jede Seiner Ideen nicht verheeren. Nur unser Glaube an solche Annahmen läßt uns darunter leiden.
Wenn wir wahres Glück gewinnen wollen, müssen wir willens sein, aus unserem Denken unschöne Charakterzüge wie Empfindlichkeit, Selbstbedauern, Selbstbewußtsein und Eigenliebe, lauter Erscheinungsformen der Selbstsucht, zu entfernen. Sie lassen uns beständig an uns selber denken, wenn wir anderen dadurch dienen sollten, daß wir Freude und Glück ausdrücken und die frohe Botschaft der Christlichen Wissenschaft durch unser rechtschaffenes Leben, unsere Reinheit und Liebe verbreiten helfen. Um Glück zu ernten, müssen wir zuerst die Samen Selbstlosigkeit und Freundlichkeit säen lernen.
In unserem wirklichen Selbst existieren wir, weil Gott unser Leben ist. Keine Disharmonie, kein Mangel, keine Unfreundlichkeit kann Gottes Kind, den Ausdruck des ewigen Lebens, berühren. Die unendliche Liebe schützt jede ihrer Ideen: Gott schützt, führt und erhält das, was Ihn widerspiegelt. Als Seine Kinder sind wir vom wahren Glück und von wahrer Freude unzertrennlich. Diese Eigenschaften sind geistig und müssen daher durch den geistigen Sinn gesucht werden. Sie können nicht durch materielle Dinge gefunden werden; und wenn sich das Denken mit den geistigen Tatsachen des Daseins beschäftigt, werden die unwirklichen Bilder der täuschenden materiellen Sinne verschwinden.
In ihrer Botschaft an Die Mutterkirche für das Jahr 1902 schreibt Mrs. Eddy (S. 17): „Glück besteht darin, daß wir gut sind und Gutes tun. Nur was Gott gibt, und was wir durch Seine Gnade uns und anderen geben, macht glücklich”. Wir bedürfen einer größeren, ausgedehnteren Liebe, die nicht nur unsere eigene Familie und nahe Freunde, sondern auch die ganze Menschheit umfaßt, eine Liebe, die duldsam, geduldig und erbarmungsvoll ist. Dann werden wir das Glück nicht zu suchen brauchen; denn wir werden erkennen, daß wir es schon besitzen.
