Aus der Heiligen Schriften können wir gar vieles über die Ausdehnung des Guten erfahren. Die Bäume, die da Frucht tragen und ihren eigenen Samen bei sich selbst haben; der Sauerteig, der den ganzen Teig ausdehnt; das Wachstum des Senfkorns; die Heiden, die da selig werden, und ihre Herrlichkeit in die vom Lichte Gottes erleuchtete Stadt bringen, in das unsterbliche Bewußtsein — sie alle deuten hin auf die Vitalität des Guten, die Lebenskraft, die allem innewohnt, das von Gott ausgeht, um das unendliche Wesen seines göttlichen Prinzips auszudrücken.
Die Christliche Wissenschaft offenbart Gott als das unteilbare Gute, und derjenige, der einen Schimmer erhascht von dem göttlichen Ursprung und der allumfassenden Einheit alles wahrhaft Guten, dehnt seine Nützlichkeit im Dienste des Guten aus. Sein Ausdruck alles dessen, das recht und wahr ist, nimmt in unermeßlicher Weise zu; denn das Verständnis Gottes als des Alles-in-allem überwindet die illusorischen Begrenzungen des sterblichen Gemüts, welche der Unendlichkeit der Liebe und der Freiheit des Menschen, des Ebenbildes der Liebe, widerstehen möchten.
In ihrem Buch „Pulpit and Press“ (Kanzel und Presse, S. 4) erklärt Mary Baker Eddy die allumfassende Natur der individuellen Widerspiegelung des unendlichen Einen, dieses Ursprungs des Menschen, und weist auf den Lohn hin, der die Demonstration unsres Einsseins mit unserm göttlichen Ursprung erwartet. Sie sagt: „Wer im Guten lebt, der lebt auch in Gott, — lebt in allem Leben, in allem Raum.“ Und dann fügt sie hinzu: „Sein Dasein ist todlos und entfaltet immerdar sein ewiges Prinzip. Wartet geduldig auf die unbegrenzbare Liebe, den Spender und Herrn des Lebens. Spiegelt dieses Leben wider, denn dadurch findet ihr die volle Kraft des Seins.“
Die menschliche Geschichte beweist die Ausdehnungskraft alles dessen, das seinen Ursprung in Gott hat. Für die körperlichen Sinne schien die Geburt Christi Jesu in Bethlehem nicht von großer Bedeutung zu sein; denn Rom regierte zu jenen Zeiten die zivilisierte Welt, und die bescheidene Krippe erregte kaum die Aufmerksamkeit der militärischen Würdenträger in dem Lande. Und doch lagen alle Möglichkeiten der Übermacht geistiger Wirklichkeit über sterblichen Stolz und sterbliche Macht in dieser Krippe. Die höchste Hoffnung der Menschheit — die individuelle Fähigkeit, das eine individuelle, unendliche Gemüt widerzuspiegeln — wurde in jener Nacht der Menschheit offenbart. Nur einige einfache, religiöse Menschen erkannten die weite, verheißungsvolle Bedeutung dieser reinen Geburt; doch der liebreiche Einfluß der dort verkörperten göttlichen Kraft hat das Denken von Millionen beherrscht, welche die Wirkung dieser Inspiration, gottähnlich zu werden, spürten.
In unserm Zeitalter wurde die Gegenwart einer Frau, deren Aufgabe von einem Glanz erleuchtet war, der bei weitem die schwachen durch ihr Dachfenster zu ihr dringenden Lichtstrahlen übertrafen, von ihrer Umwelt kaum bemerkt. Doch die endgültige Offenbarung von Gott und Seiner vollkommenen Schöpfung wurde in Mrs. Eddy's Bewußtsein empfangen und dann für alle Zeiten niedergelegt — in Übereinstimmung mit der unwiderstehlichen Macht des Gesetzes prophetischer Erfüllung. Die wahre Idee von Gott und Seiner Schöpfung, die „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ offenbart, ist bestimmt, das Weltall umzugestalten und von der Materie in den Geist zu erheben. Ein jeder, der die Wahrheiten beweist, die Mrs. Eddy in dem Buch darlegt, trägt zu dieser bedeutungsvollen Umwandlung bei. Selbst sein geringfügigstes Verständnis davon, was Gehorsam gegen das göttliche Prinzip bedeutet, bedingt notwendigerweise seine schließliche Teilnahme an der vollen, geistigen Entfaltung des Guten. Die Vergeistigung seines Denkens trägt bei zu der Erfüllung jener Prophezeiung von Jesaja (35:1, 2): „Die Wüste. .. wird blühen wie die Lilien. Sie wird blühen und fröhlich stehen in aller Lust und Freude.“
Doch ist es nicht die bloße Anerkennung von des Menschen wahrer Selbstheit als Ebenbild Gottes, was unsre geistige Nützlichkeit ausdehnt, sondern vielmehr die tatsächliche Demonstration dieser Selbstheit im Charakter und in der Kraft, welche die in der wahren Selbstheit verkörperten göttlichen Ideen ausdrücken. Es ist die echte Liebe zur Wahrhaftigkeit und der Ausdruck derselben, sowie der Intelligenz, der Gerechtigkeit und der Weisheit, was die Wiedergeburt des menschlichen Bewußtseins hervorbringt und so das göttliche Ebenbild offenbart, welches das Wahnbild der Begrenzung verscheucht. Jeder, der Gott und Seine Gebilde begreift, wird Gelegenheit finden, im Maße seines Verständnisses zu heilen; denn Gottes Ideen erweitern die Sphäre ihrer Nützlichkeit. Selbst die geringste Erkenntnis vom Guten als Gott, unabhängig von der Materie, dehnt die Atmosphäre der Wirklichkeit aus. Der Meister heilte Scharen von Menschen, die zu ihm kamen, so bereichert war sein Bewußtsein von der geistigen Vitalität.
Keine Phase des Irrtums kann die befreiende Wirkung des geistig Wahren hemmen. Der scheinbare Schraubstock der sterblichen Sinne wird gelöst durch die demonstrierte Gegenwart der vollkommenen Begriffe Gottes, und die Kleinlichkeit, Krankhaftigkeit, Unreinheit und Sterblichkeit — alle Illusionen des Bösen — werden gezwungen zu verschwinden. Mrs. Eddy sagte in ihrem Buch „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ (Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes S. 159): „Das Unendliche kann nicht im Endlichen begraben werden; der wahre Gedanke, den wir im Innern beherbergen, tritt im Äußeren in die Erscheinung, und das ist die einzig rechte Wirksamkeit, gerade das, wodurch wir unsere höhere Natur erreichen.“ Weder Umwelt, noch Traditionen, noch erbliche Belastung, noch das ausgesprochene Bemühen des Bösen, können die göttlich angetriebene Ausdehnungskraft des Gedankens hindern, der von Gott ausgeht.
Das Sinnenzeugnis ist kein Maßstab wahrer Ausdehnung; denn Beliebtheit, die durch persönliche Anziehung erlangt worden ist, mag eine Zeitlang scheinbar Erweiterung des menschlichen Horizontes bringen. Doch muß die göttliche Entfaltung geistiger Wirklichkeit zuerst im Bewußtsein erscheinen. Arglosigkeit, der selbstlose Wunsch zu heilen, die Bereitwilligkeit, den Sinnengenuß aufzugeben und das Verlangen nach immerwährender Unterhaltung zu unterdrücken, Freiheit von falschem, persönlichem Ehrgeiz — dies alles zeugt von der Macht, die nicht aufgehalten werden kann, der Ausdehnungskraft des Guten, die ihren Ausdruck in heiligem Dienst findet. In der Krippe einer demütigen Liebe zur Wahrheit hat wahre Ausdehnung ihren Ursprung.
Was wahr ist in bezug auf den Einzelmenschen, ist auch wahr in bezug auf die christlich-wissenschaftliche Bewegung, deren einzig wahre Ausdehnung im Wachstum in geistiger Kraft besteht, in der Fähigkeit, die allgemeinen materialistischen Annahmen zu überwinden, Krankheit und Sünde zu heilen, die Trauernden zu trösten und die allumfassende Brüderschaft der Menschen ans Licht zu bringen. Wenn die Gedanken der Kirchenmitglieder sich auf die Vervollkommnung ihrer Gottesdienste richten, anstatt nur an die Zunahme der Mitgliederzahl zu denken, so wird das die Versuchung überwinden helfen, von der Ausdehnung unsrer Kirche im Sinne von Popularität zu denken, einer Gefahr, vor der unsre Führerin uns warnte. Mrs. Eddy sagt in ihrer Botschaft an Die Mutterkirche für das Jahr 1901 (S. 26): „Ich bin durch tiefe Wasser gegangen, um das Gewand Christi unzerteilt zu erhalten. Sollte dann, wenn das Land erreicht wird, und die Welt erweckt ist, das Wort Popularität dem ungenähten Rock angeheftet und los darüber geworfen werden? Gott verhüte es! Es sollte vielmehr denen überlassen werden, die Gott schauen, — denen die reines Herzens sind, den Sanftmütigen, die das Erdreich besitzen werden; denen die einen festen Glauben haben und jene Liebe, die das größte von Allem ist — geistige Liebe.“
Wenn dem Wunsch unsrer Führerin für ihre Kirche Beachtung geschenkt wird, so werden die fortschrittlichen Maßnahmen zum Zwecke ihrer Ausdehnung nicht darin bestehen, sich besonders an die intellektuell Hervorragenden oder die weltlich Hochstehenden zu richten, sondern vielmehr in eifriger Unterstützung derer, die festen Glauben haben und jene große geistige Liebe, der Demütigen in der Reinheit geistigen Verstehens; in der Förderung größerer brüderlicher Liebe innerhalb der Kirche, ja, in der höchsten Widerspiegelung des Guten im wissenschaftlichen Sinne.
Die Ausdehnung der christlich-wissenschaftlichen Bewegung sollte an der Fähigkeit ihrer Mitglieder bemessen werden, die Gegenwart wahrer Ideen zu demonstrieren; denn Gottes unendliche Ideen vervielfältigen sich in Befolgung Seines allumfassenden Gebotes, daß die Bäume, die ihren eigenen Samen bei sich selbst haben, nämlich die reinen Gedanken des göttlichen Gemüts, Frucht tragen nach ihrer Art.