In ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ weist Mary Baker Eddy darauf hin, daß das Denken über bloßes Annehmen und Glauben, über das Materielle und Gebräuchliche hinausgehen muß. Ihre Offenbarung der Christlichen Wissenschaft ist vollständig und endgültig; doch bietet sie manche Hinweise auf verhältnismäßig unerforschte Gebiete des Denkens, und sie ermutigt ihre Nachfolger, sich anzugewöhnen, in der Bibel und in ihren Schriften zu forschen, über diese Hinweise nachzudenken und darüber zu schreiben, um größere Höhen des Denkens so schnell zu erreichen, wie die Wissenschafter für eine günstige Aufnahme der sich immer weiter erstreckenden Wahrheit des Seins bereit werden. Auf diese Weise gelangt der Christliche Wissenschafter zu einem größeren Verständnis, erweitert er die Grundlage seines Beweisens.
Unsere Führerin gibt uns einen solchen Hinweis in der Stelle in „Miscellaneous Writings“ (S. 22): „Die Christliche Wissenschaft erklärt den Sterblichen das Gemüt, Gott. Sie ist die die Linie, die Fläche, den Raum und die vierte Dimension des Geistes genau bestimmende unendliche Berechnung.“ Hier weist sie darauf hin, daß Gott, der Geist, über die Dreidimensionenwelt der körperlichen Sinne hinausgeht. Woher hat nun die Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft über den Geist und seine vier Dimensionen erfahren? Offenbar nicht durch Mathematik; denn erstens hatte sie keine höhere Mathematik studiert, und zweitens befaßt sich die Mathematik nicht mit den Eigenschaften Gottes. Aber hier haben wir den Schlüssel zu der Antwort: Mrs. Eddy vertiefte sich in die Bibel und fand, daß Gott in einem Reich wohnt, das nicht wie unsere Welt durch Länge, Breite und Dicke, durch Norden und Süden, Osten und Westen, Höhe und Tiefe begrenzt ist. Laßt uns also ebenfalls in der Bibel suchen, um die Beweise höherer Reiche zu entdecken!
Zuerst wollen wir nun aber klar sehen, was man in der Mathematik unter einer vierten Dimension versteht. Eine nach Norden zeigende Linie auf einer waagrechten Oberfläche bildet einen rechten Winkel mit einer Linie, die nach Osten weist, und eine gerade Linie nach oben bildet mit diesen beiden Linien je einen rechten Winkel. Jede ist rechtwinklig mit den andern. Gut; ziehen wir nun eine vierte Linie, die mit jeder der drei andern Linien einen rechten Winkel bildet. Dies wäre eine Linie in der vierten Dimension. Sie sagen, das sei undenkbar und man könne es nicht tun. Für die sterblichen Sinne trifft dies allerdings zu. Aber in Abhandlungen über die vierte Dimension ist gezeigt, daß für Leute, die in einer Zweidimensionenwelt leben würden, unser Begriff von „hinauf“ der reine Unsinn wäre; hinauf würde für sie nach Norden bedeuten. Ein Verfasser beschreibt ein angenommenes „Flachland“ und führt aus, wie jemand dort die Idee einer dritten Dimension hatte und erlebte. Er war für seine Nachbarn vollständig verschwunden, weil er sich „über“ das Flachland erhoben hatte, obgleich er sie noch sehen konnte und jetzt „in das Innere“ von „umschlossenen“ Häusern hineinsehen konnte.
Diese Verfasser von Abhandlungen über höhere Mathematik haben, ohne es zu wollen, einigermaßen die Folgen und Merkmale einer Vierdimensionenwelt in einer Weise ausgearbeitet, die im Einklang steht mit der Wahrheit vieler biblischer Begebenheiten, die Bibellesern lange ein Rätsel waren. Man könnte hier bemerken, daß Naturwissenschafter neuerdings von Zeit als der vierten Dimension sprechen; aber dieser Begriff kommt für uns hier nicht in Betracht.
Wie erinnerlich erschien unser Meister nach seiner Auferstehung seinen Jüngern zweimal, als die Türen verschlossen waren (Joh. 20, 19. 26). Dieses Erscheinen war für Jesus möglich, weil er wußte und beweisen konnte, daß für ein von dem Geist stammendes, nicht auf materielle Ausmaße beschränktes Bewußtsein das Innere eines Zimmers genau so zugänglich ist, wie ein mit einer Mauer umgebenes Stück Land für jemand wäre, der über die Mauer steigen könnte. Diese Wahrheit ist theoretisch bewiesen durch die Berechnung der (nicht den Euklid betreffenden) vierdimensionalen Mathematik.
Aus welcher Quelle erhielt Jesus die Brote und Fische, als er das Volk speiste? Wenn wir sagen, daß er sie aus nichts machte, setzen wir die Leistung auf einen Kunstgriff herab, und Jesu Rolle als Beispielgeber hätte keine Bedeutung mehr. Aber sie war kein Kniff und kein Geheimnis, da er wußte, daß die geistige Versorgung der Menschheit mit dem nötigen Guten in Gottes Reich besteht, und daß dies menschlich als tatsächliche Nahrung offenbar werden kann. Jesus sagte mit Bezug auf jeden, der wahrhaft glaubt, daß er „größere Werke als diese tun“ werde (Joh. 14, 12), und wenn wir sein Verständnis der Wirklichkeit zu ergründen suchen, kann es dazu beitragen, daß diese Verheißung in Erfüllung geht. Christus Jesus wußte, daß die einzige wirkliche Schöpfung geistig ist und Gott widerspiegelt, und dadurch vernichtete er die sogenannten Gesetze materieller Beschränkung. Mrs. Eddy schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 264): „Wenn die Sterblichen richtigere Anschauungen über Gott und den Menschen gewinnen, werden zahllose Dinge der Schöpfung, die bis dahin unsichtbar waren, sichtbar werden.“
Jesu Verklärung, während der er mit Mose und Elia redete, scheint anzudeuten, daß er durch sein geistiges Verständnis die Schranken der Zeit und der Materie überwinden konnte. Die Gestalten, Gegenstände und Vorgänge des sterblichen Lebens ahmen die göttliche Schöpfung nach, und ein Bewußtsein, das eins mit Gott ist, erhebt sich über falsche, beschränkende Gesetze und beweist die Immergegenwart und Macht des Gemüts.
Außer der Verklärung und der Himmelfahrt finden wir in der Bibel noch andere Fälle, wo menschliche Augen einen höheren Augenschein sahen. Elia sagte zu seinem Jünger Elisa vor seinem Weggehen, falls er ihn sehen werde, wenn er von ihm genommen werde, werde ihm ein „zwiefältig Teil“ von seines Meisters Geist zuteil werden. Und er sah ihn (2. Kön. 2, 9–12). Elisas Diener sah die „feurigen Rosse und Wagen um Elisa her“ (6, 15–17), einen Schutz aus einer Quelle außerhalb der gewöhnlichen menschlichen Sinneswahrnehmungen, aber zum Gebrauch im Notfall unmittelbar zugegen. Jesus erklärte (Matth. 26, 53), daß Gott ihm Legionen Engel zuschicken könne, ihm zu helfen.
Ein anderer hervorragender, menschliche Macht übertreffender Fall ist die im 12. Kapitel der Apostelgeschichte berichtete Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis. „Der Engel des Herrn kam daher“, als er „mit zwei Ketten gebunden“ war, und gebot ihm: „Stehe behende auf!“ „Und die Ketten fielen ihm von seinen Händen.“ Dieser Engel war ein Bote Gottes und daher mit der Kenntnis der Mächte des höheren Reichs ausgestattet. Es ist eine berechtigte Annahme, daß er praktisch beweisen konnte, was die Mathematik theoretisch beweist: daß in der vierten Dimension Formen wie die Glieder einer Kette umgekehrt werden können, so daß sie auseinander fallen.
Kommen wir je in Versuchung zu denken, der Tod sei Vernichtung, er führe zu einem Nichtsein? Jesu Auferstehung widerlegt einen solchen Glauben; seine Himmelfahrt weist auf die vier Dimensionen der Welt des Geistes hin. Wir können überdies nicht sagen, daß diejenigen, die unserem Blick entschwinden, einfach zu nichts werden; sie weilen in einem Reich, das den sterblichen Augen jetzt verborgen zu sein scheint. Unsere Führerin schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 429): „Die Sterblichen erwachen aus dem Todestraum mit Körpern, die von denen nicht gesehen werden, die den Körper zu begraben meinen.“ Die Abgeschiedenen sind in Wirklichkeit nicht von uns getrennt, da weder sie noch wir von Gott getrennt sind. Jesus wußte dies, als er Lazarus zurückrief, als er das kleine Mädchen und den Jüngling zu Nain auferweckte.
Die Bibel enthält viele andere Beispiele einer Macht, die auf höherer Kenntnis beruhte als der, die unsere Sinne bieten; hierher gehören: das Ausgießen von Öl in viele Gefäße (2. Kön. 4, 1–7); das Mehl und Öl, das nicht abnahm (1. Kön. 17, 10–16); Jesu Geborgenheit, als seine Zuhörer ihn bedrohten (Joh. 8, 59); sein Gehen auf dem Wasser, um zu seinen Jüngern zu kommen (Matth. 14, 25); sein Verschwinden vor ihnen zu Emmaus (Luk. 24, 31), sowie die in beiden Testamenten berichteten vielen Heilungen, wo in Körperteilen, die lange unbrauchbar oder krank gewesen waren, das Gewebe und Kraft augenblicklich wiederhergestellt waren. Wer die Gelegenheiten wahrzunehmen beginnt, die die höhere Erkenntnis bietet, kann, wenn er will, sich diese Vorteile dadurch zunutze machen, daß er sich durch reinere Gedanken und höhere Beweggründe in ein höheres Reich des Denkens erhebt.
Ungläubige haben schon manchmal auf die griechische und deutsche Mythologie hingewiesen, um die Bibel in Zweifel zu ziehen. Aber jene Sagen haben keine sittliche Bedeutung. Die menschlich ersonnenen Götter in den Göttersagen streiten und wirken Wunder in einer Art und Weise, die für den Fortschritt und die Heilung der Menschen nichts bedeuten. Die Bibel dagegen handelt von dem Weg der Menschen himmelwärts. Sie hat eine sittliche und geistige Bedeutung, und darin erwähnte Begebenheiten geschehen heute wieder. Wer geistige Wahrheit aufrichtig sucht und die gedruckten Zeugnisse im Christian Science Journal, im Christian Science Sentinel und in den Herolden der Christlichen Wissenschaft liest, oder die in den Mittwochversammlungen der Kirchen Christi, Wissenschafter, abgegebenen Zeugnisse hört, wird zu der Überzeugung kommen, daß heute wie in biblischen Zeiten dasselbe Prinzip, Gott, am Werk ist. Es ist noch viel zu lernen, und Selbstzufriedenheit ist unangebracht. Aber die Christlichen Wissenschafter sind fraglos auf dem Wege!
Wie wirkt bei diesem Heilungswerk der Begriff der vierten Dimension des Geistes? Ausüber der Christlichen Wissenschaft beweisen regelmäßig, ob sie besonders an diesen Begriff denken oder nicht, daß das Licht der Wahrheit Schmerzen innerhalb des Körpers so leicht erreicht wie Störungen an der Oberfläche; daß innere Leiden geheilt werden können, ohne daß ein Zugang aufgeschnitten wird; daß das Bewußtsein des Hilfesuchers von den ihn gefangenhaltenden, kettenden Gewohnheiten befreit werden kann; daß einem Nahrung, Kleidung, Obdach, Beschäftigung und Freunde, ohne daß man sich ängstigt oder übermäßig bemüht, schnell und oft aus ganz unerwarteten Quellen offenbar werden können; daß wir drohender Gefahr entrinnen können; daß die sogenannte verlorene Lungen-, Muskel- und Knochensubstanz in einer Weise und unter Umständen wiederhergestellt werden kann, die den Ärzten bei Untersuchungen oft unfaßlich ist; daß man beim Hinscheiden lieber Angehöriger vollauf vertrauen kann, daß Gott liebevoll für alle sorgt, und daß Engelsgedanken unser Denken leiten und unsere Beweggründe und unser Handeln regieren können.
Die bisherige Erfahrung in diesem ersten Jahrhundert der Christlichen Wissenschaft überzeugt uns, daß unsere Führerin recht hat: daß es ein Reich gibt, das nicht nur die drei Dimensionen hat, die geltend machen, das sogenannte Reich des menschlichen Sinnes zu kennzeichnen. In jenem Reich geistiger Wirklichkeit wird alles, was besteht, unbegrenzt wahrgenommen. Um Mrs. Eddys Worte nochmals anzuführen: „Wenn die Sterblichen richtigere Anschauungen über Gott und den Menschen gewinnen, werden zahllose Dinge der Schöpfung, die bis dahin unsichtbar waren, sichtbar werden.“