Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Erkenne dich selbst!

Aus der September 1952-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


An einem milden, sternenhellen Juniabend hatte sich eine Gruppe junger Männer auf der Freitreppe der Kapelle ihrer Hochschule zusammengefunden, um den abgehenden Studenten Gelegenheit zu einem ungezwungenen Abschied zu geben. Mehrere der Scheidenden gaben ihrer Dankbarkeit Ausdruck für den Fortschritt, den sie gemacht hatten. Vielen kamen jedoch beim Rückblick auf ihre Hochschulzeit versäumte Gelegenheiten und persönliche Unzulänglichkeiten so sehr zum Bewußtsein, daß sie die immerhin ansehnliche Arbeit, die sie getan hatten, ganz aus den Augen verloren.

Warum konnten Selbstvorwürfe und Selbstherabsetzung diese guten jungen Leute so leicht und unbewußt überwältigen? Warum hatten sie keine bessere Meinung von sich selber? Sie schenkten der Einflüsterung Glauben, daß man persönlich gut oder entsprechend persönlich schlimm sein könne, und dies hatte dazu beigetragen, die Tatsachen des geistigen Selbst vor ihnen zu verbergen.

Die Christliche Wissenschaft scheidet Selbstherabwürdigung und Selbstsucht durch die Enthüllung der Wahrheit aus, daß der Mensch das Ebenbild Gottes ist. Jesus, der seine Einheit oder sein Einssein mit Gott klar erkannte, wies wachsam und entschieden jede persönliche oder materielle Ansicht von Gutsein ab. Als ihn jemand „guter Meister“ anredete, wies er diese persönliche Verehrung sofort zurück mit der Erklärung (Mark. 10, 18): „Was heißest du mich gut? Niemand ist gut denn der einige Gott.“ In völliger Übereinstimmung mit Jesu Antwort lehrt die Christliche Wissenschaft, daß der Mensch keine eigene Eigenschaft oder Befähigung, kein eigenes Wirken hat, sondern genau den Charakter, das Wesen und das Wirken seines Schöpfers, Gottes, ausdrückt.

Ein Sterblicher ist offenbar nicht das Ebenbild Gottes. Aber ein Sterblicher ist nicht der Mensch. Wie könnten begrenzte Fähigkeiten, unvollkommene Sinne, eine unharmonische Persönlichkeit und kranke Körperteile den unendlich guten Gott, Ihn ausdrücken, der „ganz lieblich“ ist? Die Wahrheit ist, daß sie Ihn nicht ausdrücken! Ein Sterblicher ist einfach eine falsche Annahme, die geltend macht, der Mensch zu sein. Eine Annahme hat keine Wesenheit. Die Versuchung zu Selbstherabsetzung kann nur in dem vermeintlichen Reich falscher Annahme vorkommen. Sobald wir zu erkennen beginnen, daß wir nicht begrenzte, unvollkommene Sterbliche, sondern in Wirklichkeit gottähnliche Unsterbliche sind, fangen wir an, in zunehmendem Maße die zu dem geistigen Selbst gehörenden Fähigkeiten und Eigenschaften zu bekunden. Auf diese Weise scheiden wir den Anlaß zu Selbstverdammung aus und lernen uns selber auf wahrhaft christliche Weise kennen.

Durch die Christliche Wissenschaft offenbart der Christus dem menschlichen Bewußtsein das wahre Wesen des Menschen. Sie vernichtet eine falsche Auffassung von Wesenheit und enthüllt den Menschen die Wahrheit, daß das Gute des Menschen Selbst ist. Unsere inspirierte Führerin, Mary Baker Eddy, die Wissenschaft entdeckte, die den christlichen Werken Jesu zugrunde lag, schreibt in „Unity of Good“ (S. 42, 43): „Die dem Irrtum oder der Materie Hohn sprechende Wahrheit ist die Wissenschaft, die eine falsche Auffassung vertreibt und den Menschen zu der wahren Auffassung vom Selbst und von der Gottheit führt, worin der Sterbliche nicht den Unsterblichen, noch das Materielle das Geistige erzeugt, sondern wo das wahre Menschentum, Mann und Frau, im Strahlenglanz des unveränderten und unveränderlichen ewigen Seins und seiner Vollkommenheiten erstehen.“

Die Bibel enthält zahlreiche nützliche Berichte über die Heilung von Schüchternheit, von Mangel an Selbstvertrauen und von Selbstherabsetzung durch das Erkennen des wahren Ursprungs der Fähigkeit des Menschen. Ein solcher Bericht handelt von der Ernennung des jungen Jeremia zum Propheten. Auf Grund seiner Jugend und aus Mangel an Erfahrung von einem Gefühl der Unzulänglichkeit überwältigt, rief er aus (Jer. 1, 6): „Ach Herr, Herr, ich tauge nicht, zu predigen; denn ich bin zu jung.“ Diese Einwendung wurde sofort zurechtgewiesen und vernichtet, und Jeremia wurde geheilt durch die aufrüttelnde Antwort: „Sage nicht:, Ich bin zu jung‘; sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen, was ich dich heiße. Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin bei dir und will dich erretten, spricht der Herr.“ Jeremia fügt hinzu: „Und der Herr reckte seine Hand aus und rührte meinen Mund an und sprach zu mir: Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund.“

Wer heute zu seiner von Gott verliehenen Fähigkeit und Herrschaft erwachen will, sollte weise sein und die Tatsachen seiner geistigen Selbstheit behaupten und immer wieder behaupten. Auf seine eigene Art kann man immer wieder Wahrheiten behaupten wie zum Beispiel: „Als Gottes Widerspiegelung bestehe ich, um ungehemmte, ungefesselte und unbegrenzte Fähigkeit auszudrücken. Ich drücke Unmittelbarkeit, Begeisterung, Frische und Lebenskraft aus. Ich bin von wirklichem Wert, und mein Wert ist Gott und den Menschen bekannt.“

Wir alle haben das Recht, uns selber so zu kennen, wie Gott uns kennt. Gott kennt den Menschen als geistig vollkommen. Wir sind menschlich in dem Maße erfolgreich, wie wir diese Vollkommenheit erkennen und an den Tag legen. Da sich das Denken vergegenständlicht, muß sich unser Denken mit Erfolg beschäftigen, um Erfolg zu erleben.

Die Furcht vor Fehlschlag beruht auf der falschen Voraussetzung, daß Fehlschlag etwas Wirkliches sei, das man erleben könne, oder auf der falschen Annahme, daß wir Schwächen haben, die zu Fehlschlag führen. Wenn wir verstehen lernen, daß Gott tatsächlich, jederzeit, fühlbar das All ist, begreifen wir daß Fehlschlag oder irgendein anderer Irrtum, was er dem materiellen Sinn auch zu sein scheint, nichts ist. Wenn wir erkennen, daß der Mensch die Widerspiegelung Gottes ist, der das All ist, dann wissen wir, daß es in Wirklichkeit nichts herabzusetzen, abfällig zu beurteilen, zu verdammen, nichts gibt, was uns veranlassen kann, zu versagen. Der Mensch kann nicht versagen, weil er sich nie außerhalb der Liebe Gottes befinden oder aufhören kann, Gott auszudrücken.

Unsere geistigen Fähigkeiten und Erfolge werden rascher in Erscheinung treten, wenn wir den beschränkenden Glauben aufgeben, daß wir ein materielles Selbst haben, das aus einem zerstörbaren Körper, einer durch Vererbung und Umgebung beherrschten Persönlichkeit und einer materiell erschaffenen Intelligenz bestehe. Wenn wir zum Beispiel denken, wir hätten ein eigenes Gemüt, das ziemlich gut, gut oder sogar hervorragend sei, glauben wir immer noch, daß wir ein begrenztes Gemüt haben, das irren könne. Wenn wir jedoch erkennen, daß der Mensch das eine vollkommene Gemüt, Gott, widerspiegelt, wird es möglich, die unermüdliche und unfehlbare Intelligenz zu beweisen. Wenn wir erkennen, daß der Mensch eins ist mit der Seele als deren Ausdruck, dann wissen wir die Wahrheit unmittelbar, ohne jeden mühsamen menschlichen Vorgang. Dann drücken wir mühelos Erkenntnis, Einsicht, Scharfsinn und Wachsamkeit aus. Dann wissen wir alles, was wir zu wissen brauchen.

Wahre Selbsterkenntnis ist nicht Selbstkritik. Sie ist das Erkennen des Selbst in der Wissenschaft. Durch eine solche Selbsterkenntnis wissen wir, daß wir Gottes Ideen sind. Da Gott die Liebe ist, wissen wir, daß wir liebevoll und liebenswert sind und geliebt werden. Weil Gott die Seele ist, sehen wir, daß wir glücklich, freudig, frei von Sorgen sind. Freiheit, Herrschaft und Macht gehören uns als dem Ausdruck des Prinzips. Ungehemmte Fähigkeiten, liebenswerte Eigenschaften und alle wesentlichen und wünschenswerten Kennzeichen bilden unsere Individualität als Gottes Widerspiegelung. Unsere Führerin hat uns die Möglichkeiten geistiger Selbsterkenntnis gezeigt.

In seinem Buch „Twelve Years with Mary Baker Eddy“ führt Irving C. Tomlinson unsere Führerin wie folgt an (S. 84, 85): „Wenn Sie bloß die Erhabenheit Ihrer Hoffnung, die unendliche Fähigkeit Ihres Seins, die Größe Ihres Ausblicks erkennen könnten, würden Sie den Irrtum sich selber töten lassen. Irrtum kommt zu Ihnen, um Leben zu bekommen, und Sie geben ihm das einzige Leben, das er hat.“ Warum sollten wir der Krankheit und der Sünde Leben geben? Wir können es nicht tatsächlich tun, weil das Leben gut ist und nicht dem Bösen dienen kann. Laßt uns jedoch aufhören, in der Annahme dem Irrtum Leben zu geben! Wir haben göttliche Vollmacht, den Irrtum augenblicklich abzuweisen, wie Jesus es tat.

Ein junger Christlicher Wissenschafter wurde schnell von schwerer Sumachvergiftung geheilt, als er sich klar machte, daß sein wirkliches Selbst Gottes Idee war, und er sich weigerte, ein Werkzeug für Krankheit zu sein. Die Einflüsterung, er werde leiden müssen, weil er unvorsichtig eine angeblich giftige Substanz berührt hatte, wurde vernichtet, weil er wußte, daß Unvorsichtigkeit, Gift oder Leiden in Wirklichkeit nie ein Teil seines Bewußtseins waren, sondern daß er sich immer und ausschließlich Gottes und Seiner vollkommenen Ideen bewußt war. Durch sein Wissen, daß Gott und Seine Widerspiegelung die Wirklichkeit ist, wies er den Irrtum, die sogenannte Sumachvergiftung, als unwirklich, als nichts, zurück.

Jesus wußte wahrhaft, daß er der Ausdruck Gottes, des Guten, war. Er sagte hinsichtlich seiner geistigen Individualität (Joh. 10, 30): „Ich und der Vater sind eins.“ Unser wirkliches Selbst ist auch eins mit Gott als Gottes Ausdruck. Wenn wir des Menschen Einheit mit dem allumfassenden Vater-Mutter Gott völliger verstehen, werden wir die vollständige und warmherzige Menschenbrüderschaft wahrnehmen. Dieses Erkennen allumfassender Brüderschaft ist für unsere persönliche Erlösung wesentlich. Warum? Weil nur das Verständnis der Liebe und ihrer allumfassenden Familie uns von dem die Menschen trennenden Eigennutz befreien kann. Wir können unsere Liebe zu Gott und unser Verständnis, was wir wirklich sind, danach bemessen, wie weit unsere Liebe zur Menschheit geht. Unsere Liebe zum Menschen bestätigt unsere Liebe zu Gott. Eine solche Liebe offenbart das unsterbliche Selbst und befähigt uns, den Strahlenglanz, die Schönheit, den Erfolg und die Erhabenheit unseres wahren Seins zu erkennen.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / September 1952

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.