Ein junger Mann, der die Bibel in einer orthodoxen Sonntagsschule studiert hatte, war geneigt, über den Titel des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuches „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mary Baker Eddy, zu spotten, als er zuerst darauf aufmerksam gemacht wurde. „Wozu benötigen wir einen Schlüssel zur Bibel?“ fragte er. Hatten seine Eltern und Großeltern sie nicht regelmäßig gelesen und in Übereinstimmung mit ihren Lehren ein gutes, christliches Leben geführt? Hatten die Psalmen nicht Tausenden in allen Zeitaltern Trost gewährt, und waren die Lehren Christi nicht durch Jahrhunderte mit einem Glanz überliefert worden, den die Zeit nicht verdunkeln konnte? Er wußte, daß die Antwort hierauf bejahend war. Und doch konnte er nicht recht verstehen, wie Gott wohl die unendliche Liebe sein und dennoch erlauben könnte, daß Seine Kinder unter Krankheit, Armut und anderem Mißgeschick leiden müßten, ohne ihnen einen Ausweg zu zeigen. Konnte ein gütiger und liebevoller Schöpfer Unheil und Kriege bringen? Konnte Jesus der Wegweiser sein, und seine Nachfolger dennoch nicht imstande, auf dem Wege, den er wies, zu folgen, oder zu tun, was er ihnen gebot?
Zu ungefähr dieser Zeit verließ der junge Mann die Hochschule und zog an einen Ort, der mehrere hundert Kilometer von der Stadt entfernt lag, wo er zuerst auf die Christliche Wissenschaft aufmerksam gemacht worden war. Da er dort keinerlei Freunde oder Bekannte hatte, die seine Meinung hätten beeinflussen können, faßte er den Entschluß, eine vorurteilsfreie Untersuchung dieser neuen Religion anzustellen. Er entlieh ein Exemplar von „Wissenschaft und Gesundheit“ aus einer öffentlichen Bibliothek und las während der nächsten drei Wochen beinahe den ganzen Tag darin. Als er die Seiten des Lehrbuches sorgfältig durchlas, machte die unbestreitbare Logik der darin enthaltenen Lehren einen tiefen Eindruck auf ihn, und er fand zu seiner Überraschung, daß er nun auch die Bibel in einem klareren Licht las, als je zuvor. Er gewann die Überzeugung, daß er den Schlüssel zu ihren Lehren gefunden hatte.
Früher war er gelehrt worden, daß der Mensch beides, körperlich und geistig, sei und einen materiellen, von einer Seele bewohnten Körper habe, und er hatte dies geglaubt. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß der Mensch zum Bild und Gleichnis Gottes geschaffen wurde und völlig geistig ist. Wenn man beim Lesen der Bibel an der Annahme festhält, daß der Mensch jetzt materiell ist, nach dem Tode jedoch geistig wird, so verdunkelt dies ihre vielen klaren und positiven Erklärungen über den Menschen als Kind Gottes, das nur die Natur und die Eigenschaften seines Schöpfers ererbt. Die Christliche Wissenschaft nimmt als Wirklichkeit des Daseins einen vollkommenen Gott und einen vollkommenen Menschen an. Sie klassifiziert den sogenannten materiellen Menschen als ein Geschöpf des körperlichen Sinnes, und sie behauptet, daß diese Sinnestäuschung die Harmonie des Seins nicht umstoßen noch auslöschen kann. Nachdem der junge Mann einen Schimmer dieser Wahrheiten erhascht hatte, begann er, das, was er gelernt hatte, auf Alltagsprobleme aller Art anzuwenden — Krankheit, Armut, Stellungslosigkeit, menschliche Beziehungen und vieles andere — mit dem Ergebnis, daß diese Probleme gelöst wurden.
Seit Mrs. Eddy die Natur und den Ursprung des wahren Menschen entdeckte, hat sich das Denken mehr und mehr von den unreifen Vorstellungen von einem vermenschlichten Gott, einer ewigwährenden Hölle und einem gefallenen Menschen abgewandt, aber es hält immer noch an der Glaubenslehre fest, daß der Mensch beides sei, geistig und materiell. Weder kann die Bibel verstanden, noch das Gebot befolgt werden: „Macht die Kranken gesund, reinigt die Aussätzigen, weckt die Toten auf, treibt die Teufel aus“ (Matth. 10:8), solange die Vorstellung von Gott und dem Menschen nicht mit Habakuks Erklärung von Gott übereinstimmt: „Deine Augen sind rein, daß du Übles nicht sehen magst, und dem Jammer kannst du nicht zusehen.“ und mit der Aussage des Apostels Johannes (1. Joh. 3:2): „Wir sind nun Gottes Kinder“.
Die christlichen Kirchen lehren im allgemeinen, daß Gott gut und unendlich ist. Dies schließt jede Möglichkeit des Vorhandenseins von Bösem als Wirklichkeit aus. Das Böse ist ein Glaube an das Gegenteil des Guten, und er hat, wie jede andere falsche Annahme, nur soviel Macht, wie wir ihm zugestehen. Jesus sagte von dem Teufel (Joh. 8:44): „Er ist ein Lügner und ein Vater [der Lüge].“ Man kann in viele Schwierigkeiten geraten, wenn man einer Lüge glaubt, aber es ist dieser Glaube, nicht die Lüge, der die Schwierigkeiten verursacht. Eine Lüge bleibt eine Lüge, nachdem sie entlarvt ist, aber sie hat keine Macht mehr. Solange man glaubt, daß die Materie in der Form eines materiellen Körpers Leben und Intelligenz besitzt, solange ist man den Leiden unterworfen, die der Annahme nach von dem Leben und der Intelligenz in der Materie herrühren. Die Materie ist jedoch nicht die Ursache — die Ursache ist die falsche Annahme. Wenn wir die falsche Annahme zerstören, so verschwindet die Wirkung.
Als Mrs. Eddy zuerst kühn das Nichts der Materie verkündigte, wurden ihre Erklärungen allgemein lächerlich gemacht. In den seit der 1875 erfolgten Veröffentlichung von „Wissenschaft und Gesundheit“ verflossenen Jahren ist jedoch ein bemerkenswerter Wandel in der Einstellung der Gelehrten zur Materie vor sich gegangen. Roentgen entdeckte die nach ihm benannten Strahlen, die bewiesen, daß die Materie nicht undurchdringlich ist. Bald darauf erfolgte die Entdeckung der kosmischen Strahlen, die mehrere Fuß dichte materielle Substanz durchdringen. Die Curies entdeckten das Radium. Nach all diesen Entdeckungen wandelte sich die gesamte Auffassung von der Materie. Statt als unzerstörbare Substanz, wurde die Materie jetzt als aus Energie bestehend definiert. In einem kurzen halben Jahrhundert machte die gesamte Auffassung von der Materie eine radikale Wandlung durch.
Obgleich das unermüdliche Forschen nach dem Ursprung und den Bestandteilen der materie viel Wertvolles zu dem gesamten menschlichen Wissen beigetragen hat, so ist doch die Tatsache von größerer Bedeutung, daß jede neue Entdeckung auf dem Gebiet physikalischer Studien und Experimente die Grundlagen des materiellen Systems schwächt. Das menschliche Denken wird auf den Empfang der offenbarten Wahrheit vorbereitet, wie sie in „Wissenschaft und Gesundheit“ dargelegt wird.
Mrs. Eddy gründete ihre Lehren auf die in der Bibel gegebene Definition von Gott als „ICH WERDE SEIN, DER ICH SEIN WERDE“ (2. Mose 3:14). Gott ist das Alles-in-allem, und das Universum ist Sein Ausdruck. Gott ist Geist, daher ist das wirkliche Universum geistig. Alles was dieser Tatsache widerspricht — jede Voraussetzung von der Wirklichkeit der Materie — ist falsch und muß verworfen werden, wenn wir die Wahrheit verstehen lernen wollen. Unsere Führerin sagt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 492): „Um richtig folgern zu können, sollten wir nur eine Tatsache vor Augen haben, nämlich das geistige Dasein.“
Die offenbarte Religion beginnt mit Gott als dem einzigen Schöpfer und dem Menschen als Seinem Ebenbild, wie die Bibel lehrt. Von dieser Basis aus, auf einer unzerstörbaren Grundlage aufbauend, entwickelt Mrs. Eddy die christlich-wissenschaftliche Glaubenslehre von einem vollkommenen Gott und einem vollkommenen Universum, einschließlich des Menschen, als der einzigen Tatsache des Seins. Sie erkannte, daß das Gemüt die einzige Macht ist, da es unendlich ist, und daß alle sogenannte materielle Macht nur eine Fälschung von der Macht des Gemüts ist. Lange bevor die Physiker den Schluß zogen, daß die Materie aus elektrischen Spannungen besteht, schrieb Mrs. Eddy (Wissenschaft und Gesundheit, S. 293): „Elektrizität ist der scharfe Überschuß der Materialität, die das wahre Wesen der Geistigkeit oder der Wahrheit fälscht. Der große Unterschied zwischen beiden ist, daß Elektrizität nicht intelligent ist, während die geistige Wahrheit Gemüt ist.“
Von der Voraussetzung ausgehend, daß Gott unendlicher Geist, das Gute, ist, folgert Mrs. Eddy mit unbestechlicher Logik, daß die Materie, das Gegenteil des Geistes, nur eine Täuschung der Sinne sein kann und daß materielle Zustände wie Sünde, Krankheit, Armut und Sterblichkeit ebenfalls falsche menschliche Vorstellungen sein müssen. Sie beweist alsdann die Richtigkeit ihrer Schlüsse durch die praktische Anwendung ihrer Entdeckung, daß Gott Alles und die Materie nichts ist, in der Heilung von Krankheit und Sünde.
Wenn der Schüler der Christlichen Wissenschaft die Bibel im Lichte dieser Entdeckung studiert, so findet er, daß vom Ersten Buch Mose bis zur Offenbarung die unendliche Güte Gottes dargelegt wird als immer verfügbar, um den falschen Glauben an das Böse — Sünde, Krankheit und Tod — zu zerstören. Die vielen in der Heiligen Schrift berichteten Wunder erscheinen ihm nicht mehr als gelegentliche Zurschaustellungen einer übermenschlichen Macht, sondern sie werden als Beweise der heilenden Wirkung der göttlichen Liebe erkannt. Er erkennt, daß es tatsächlich möglich ist, dem Gebot des Meisters zu gehorchen, die Kranken zu heilen und Böses aller Art zu überwinden, wenn man nur ein genügendes Verständnis vom göttlichen Prinzip des Seins hat. Seine Anwendung der Wahrheit auf die täglichen Probleme überzeugt ihn über jeden Zweifel hinaus von der Wahrheit der folgenden Erklärung unserer Führerin in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 99): „Wahrheit hat uns den Schlüssel zum Himmelreich gegeben, und mit diesem Schlüssel hat die Christliche Wissenschaft die Tür des menschlichen Verständnisses geöffnet. Niemand kann das Schloß erbrechen oder durch irgend eine andere Tür eingehen.“
