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Gleichklang der Seele

Aus der Dezember 1955-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Frage, die uns alle am meisten interessiert, lautet: „Was ist Wirklichkeit?“ Und hieraus ergeben sich weitere Fragen wie: „Was ist das Dasein? Woher kommt meine eigene Identität?“ Das empirische Wissen — das Wissen, das auf dem Zeugnis der physischen Sinne beruht — kann diese Fragen nicht beantworten; aber die Wissenschaft des Christentums, wie sie der Meister Christus Jesus lebte und lehrte, gibt die Antwort. Gott offenbart sich in dieser Wissenschaft. Als schwache Sterbliche, die suchend in die unermeßlichen Gefilde der geistigen Wahrheit — so unendlich höher als unser Fassungsvermögen — hinausschauen, können wir das Dasein nicht verstehen, sondern nur vom Standpunkt des Gemüts als dem Ego, das seine eigene Erhabenheit umfaßt und den universalen Gleichklang der Seele wiederholt.

Jesus sagte (Mark. 8:18): „Ihr habt Augen und sehet nicht.“ Ist es nicht als ob er fragte: „Seht ihr denn nicht, daß die ganze Schöpfung auf das Gemüt hindeutet?“ Das Universum besteht nicht außerhalb des Gemüts; es ist vielmehr die Offenbarung oder der reine Selbstausdruck des Gemüts. Daher schrieb Paulus an die Römer (1:20): „Gottes unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, wird ersehen, so man des wahrnimmt, an den Werken, nämlich an der Schöpfung der Welt.“

Es gibt nicht beides, Materie und Gemüt, sondern nur ein einziges, nämlich Gemüt. Was Materie genannt wird, ist lediglich eine falsche Darstellung dessen, was in Wirklichkeit Gemüt ist. Das menschliche Wissen nennt einige Dinge Materie, zum Beispiel Stühle, Tische, Blumen, Bäume, Sterne; doch die Intelligenz, die die Idee entfaltete und die Stühle, die Tische und die Gärten ersann, nennt dieses Wissen Gemüt. Mit Bezug auf die Macht, welche die Bäume, die Blumen und die Sterne erschuf, ist es unwissend.

Dieser Doppelbegriff vom Universum als zum Teil Gemüt und zum Teil Materie umfaßt Irrtum — Aufschub, Zerstörbarkeit und Begrenzung. Er ist ein Trugschluß des menschlichen Denkens. Dieser Theorie zufolge mag die Idee von dem, was nötig ist, plötzlich auftauchen, die Idee jedoch zur Kundwerdung zu verwandeln, wird zu einem langwierigen und ungewissen Vorgang.

Die Christliche Wissenschaft demonstriert, daß Substanz, Gestalt und Greifbarkeit Gemüt kennzeichnen, daß die Objekte oder Ideen des Gemüts subjektiv im Gemüt existieren und daß das Gemüt Geist ist, welcher in geistigen, unzerstörbaren und allgegenwärtigen Begriffen erkannt wird. Diese Wahrheit befähigte Jesus augenblicklich, die Kranken zu heilen, die Menge zu speisen, den Zinsgroschen verfügbar zu haben und den Sturm zu stillen. Diese Wahrheit rüstete Moses mit Stärke, „denn er hielt sich an den, den er nicht sah, als sähe er ihn“ (Hebr. 11:27). Es ist diese Wahrheit, die das in unsere Erfahrung bringt, was wir benötigen, und die mit der Gewißheit des geistigen Gesetzes wirkt, um jede widrige Lage zu berichtigen und harmonisch zu gestalten.

Im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ gibt Mary Baker Eddy, die geliebte Entdeckerin und Gründerin dieser Wissenschaft und auf immer die Führerin der christlich-wissenschaftlichen Bewegung, die folgende fesselnde Erklärung (S. 505): „Das göttliche Gemüt, nicht die Materie, schafft alle Identitäten; sie sind Formen des Gemüts, die Ideen des Geistes, die nur als Gemüt, niemals als gemütlose Materie oder als die sogenannten materiellen Sinne sichtbar sind.“

Das Universum des Gemüts drückt die Lieblichkeit der Seele aus. Seele, göttliches Bewußtsein, ist das Wesen des geistigen Sinnes, der keinen Irrtum des Sinnes besitzt, weil er keinen Sinn für Irrtum haben kann. Daher schafft Seele die Harmonie, Unsterblichkeit, Unzerstörbarkeit, nie welkende und ewige Frische des Seins. Der Umriß, die Gestalt, Farbe, Quantität, Vielseitigkeit und Schönheit der vom Gemüt entfalteten Idee enstammt der Seele. Unsere Führerin fordert uns auf, mit ihr über das Universum der Seele nachzusinnen (Miscellaneous Writings, Vermischte Schriften, S. 321). Und sie sagt (ebd., S. 136): „Das Ewige und Unendliche, das ich eurer ernstlichen Betrachtung nahe gebracht habe, wächst so vor meinem geistigen Auge, daß ich mich nicht berechtigt fühle, mich auch nur eine Stunde von ihm und dem ungefärbten Glauben wegzuwenden.“ Solches Nachsinnen bringt den materiellen, körperlichen, persönlichen Sinn mit der Erhabenheit und Glückseligkeit des geistigen Sinnes zum Schweigen.“

Das Universum kann niemals von einem materiellen Standpunkt aus erklärt werden, noch sind die Erklärungsversuche der physischen Wissenschaft bei der Lösung des Problems des Daseins für uns von Nutzen. Nur das grundlegende Prinzip des Universums, das Gott ist, kann das Universum erklären. In dieser geistigen Auslegung, in der Seele Substanz ist, weichen die Täuschungen und Verzerrungen des materiellen Sinnes der Harmonie des Seins. Außerdem ist das Sein in dieser geistigen Auslegung subjektiv; es ist die Selbsterkenntnis des Gemüts, in welchem Bewußtsein unbegrenzt und Wirklichkeit unendlich sind. Sogar die physischen Wissenschaften gelangen durch ihr unermüdliches Forschen zu der Vorstellung eines Universums von so phantastischen Ausmaßen, daß es des menschlichen Fassungsvermögens spottet; die Christliche Wissenschaft geht jedoch noch weiter, denn sie offenbart die Unendlichkeit und die Natur des Unendlichen.

Wenn wir durch diese Offenbarung die Täuschung aufgeben, daß wir endliche Sterbliche sind, die unsicher in die Unermeßlichkeit der Unendlichkeit hinausschauen; wenn wir die Annahme aufgeben, die Wirklichkeit durch einen endlichen Begriff von der Unendlichkeit verstehen zu können, dann offenbart sich das unermeßliche Gemüt dem erwachenden Gedanken. Und wer kann sagen, in wie weit solche geistige Vision das Universum der Seele wahrnimmt und demonstriert? In dem unendlichen Gleichklang des Seins läßt Seele ewiglich die Musik der Sphären in Erhabenheit, Ordnung und Harmonie erklingen.

Große Dinge werden durch geistige Vision vollbracht. Wir sollten uns daher durch nichts des Wunsches, der Zeit und der Gelegenheit für geistige Betrachtung, ruhiges Nachsinnen und ernstes, aufbauendes, gebeterfülltes Studium der Bibel und der Schriften von Mrs. Eddy berauben lassen. Diese Schriften sind ein Hort der Weisheit, eine wahre Schatzkammer; sie setzen die Kraft der Allmacht frei. Sie bieten ein geistiges Festmahl, das befriedigt, wie nichts anderes zufriedenstellen kann; sie sind eine geistige Macht, die unser Leben umwandelt. In der Bibel ist die Wahrheit, die diese Bücher entfalten, sinnbildlich durch einen Baum dargestellt, dessen Blätter „zu der Gesundheit der Heiden“ dienten (Offenb. 22:2). Weder die Vision, die Ausführung, noch das sich immer erweiternde Verständnis, welches das Ergebnis solch geistigen Studiums und Nachsinnens ist, entstammen dem menschlichen Gemüt oder dem menschlichen Intellekt.

Wenn das Gemüt in dem schweigenden Heiligtum der Seele die Tiefen des Seins entfaltet, so wird dem menschlichen Sinn unser Leben als ein Wunder an Errungenschaften erscheinen, genau wie das Leben unserer Führerin. Unsere Bewegung wird durch eine innere Erneuerung mächtig zunehmen, und die ganze Welt wird den himmlischen Antrieb fühlen und darauf eingehen, denn die Macht ist göttlich. Es ist Liebe, die sich als der ICH BIN zu erkennen gibt und verkündigt (Jes. 44:6): „Außer mir ist kein Gott.“

Das Reich der geistigen Wirklichkeit, das Universum der Seele ist nicht ungewiß, es ist kein Traumgebilde. Es ist greifbar, wirklich und gegenwärtig. Der wissenschaftliche Standpunkt, der das Ego als gleichbedeutend mit Gemüt und nicht mit einem endlichen Selbst erkennt, rückt die Dinge und Gedanken unserer Erfahrung in ihr rechtes Licht. Mrs. Eddy schreibt hierüber wie folgt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 264): „Wenn die Sterblichen richtigere Anschauungen über Gott und den Menschen gewinnen, werden zahllose Dinge der Schöpfung, die bis dahin unsichtbar waren, sichtbar werden.“

Beim Demonstrieren der Christlichen Wissenschaft ist es von Wichtigkeit zu verstehen, daß alles bewußte Sein Gemüt ist, das sich in unendlicher Kundwerdung zu erkennen gibt. Die Idee, die Widerspiegelung des Gemüts oder Ego, ist nicht ein abgesondertes Ego oder eine abgetrennte Wesenheit, die in sich selbst die Kraft zu erkennen besitzt. Gemüt ist das Allwissende und was es weiß, ist in seiner eigenen Unendlichkeit enthalten und bildet seine Idee oder intelligente Kundwerdung. Gemüt oder Seele ist die Ursache; die Idee ist die Wirkung. Zwischen Gemüt und Seiner Idee besteht ein Unterschied, aber keine Trennung — denn sonst würden beide endlich sein und Anfang und Ende haben. Die unendliche bewußte Selbsterkenntnis des Gemüts macht alles Selbst-bewußte Sein aus und wird in der Selbstentwicklung der Schöpfung widergespiegelt.

Da das eine Ego unendliche Individualität ist, so kann Individualität nie weniger als vollkommen sein, denn Seele ist das ureigenste Wesen der Vollkommenheit. Individualität kann niemals von einem menschlichen Standpunkt aus definiert oder erklärt werden. Individualität geht niemals verloren, weil das, was erklärt „ich lebe, ich existiere, ich bin“ der unerschöpfliche ICH BIN ist, der freudig Sein eigenes Selbstbestehen in beständiger Kundwerdung erklärt.

Nichts trennt daher den Menschen von der Unendlichkeit; es gibt keine Scheidelinie, keinen Trennungspunkt zwischen dem Prinzip und seiner Idee, zwischen der Liebe und dem Ausdruck der Liebe. Alles Sein ist der Augenschein der Unendlichkeit, die ihre eigene Unermeßlichkeit verkündet. Von dieser Grundlage aus befähigt uns die Christliche Wissenschaft, jedes mesmerische Argument, jede aggressive mentale Suggestion von Mangel und Begrenzung, von Endlichkeit und Furcht, von Zerstörbarkeit und Tod zurückzuweisen. Das ganze sterbliche Bild ist nichts weiter als die Lüge des körperlichen Sinnes und das „ICH“ ist niemals darin zu finden. Kann die unendliche Liebe, das eine ewige „ICH“ oder die unendliche Individualität — das „ICH“ unseres Seins — jemals behaupten „ich bin ermüdet; ich bin krank; ich bin atemlos; ich liege im Sterben; ich bin tot“? Der körperliche Sinn, der jedes einzelne der Gebote Gottes bricht, mag so von sich selbst sprechen, aber die bewußte Unermeßlichkeit aller Identität spiegelt den immerwährenden ICH BIN wider, der niemals durch die Todeserfahrung geht noch den Schwachheiten der Materie erliegt. Die Demonstration dieser Wahrheit in der Christlichen Wissenschaft erscheint menschlich gesehen als die Wiederherstellung der Harmonie; tatsächlich ist es jedoch das Verschwinden des materiellen Sinnes oder der materiellen Illusion vor der bewußten Wirklichkeit des Geistes.

Jede Eigenschaft und Bedingung des Seins ist unerschöpflich, denn das Sein — Gott und Seine Idee — ist die Unendlichkeit selbst. Daher ist Leben unerschöpflich, Gesundheit ist unerschöpflich, das Gute ist unerschöpflich, Versorgung ist unerschöpflich. In der bewußten Unermeßlichkeit der Liebe gibt es keine kranken, hinfälligen Sterblichen, keine halbgesunden Wesen. Die geistige Identität des Menschen ist die Widerspiegelung der eigenen Harmonie, Zufriedenheit, Vollkommenheit, Unsterblichkeit, des Friedens und Strahlenglanzes der Seele. Körperliche Empfindung und materielle Begrenzung sind kein Teil des Menschen.

Die Wissenschaft macht uns die Notwendigkeit klar, die hinfällige, begrenzte, sterbliche Vorstellung von einem von Gott getrennten Ego oder Selbst aufzugeben. Das Aufgeben dieser falschen Vorstellung bedeutet keineswegs das Aufgehen in einander oder in Gott. Das Aufgeben der falschen Vorstellung vom Dasein und die Reinigung, die darauf folgt, sind das ans Licht kommen unseres wahren Seins, unserer unbeschränkten Intelligenz, Gesundheit und Harmonie; es ist die gegenwärtige Gelegenheit, diese Eigenschaften auszudrücken.

Laßt uns daher die materielle Vorstellung vom Dasein aufgeben und uns absondern, wie die Heilige Schrift uns ermahnt (2. Kor. 6:17), daß das „Ewige und Unendliche“ in unserer Vision und Empfänglichkeit die Oberhand gewinnen möge, wie dies bei unserer Führerin der Fall war. Alsdann werden wir unsere Individualität und wahre Identität in der Seele beanspruchen, statt im Sinn, und wir werden in zunehmendem Maße beweisen, daß das Ego — das Leben, die Substanz und die Intelligenz unseres Seins — unbeschränkt, todlos und ewig ist.

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