Tief im Herzen der Menschen schlummert eine große Sehnsucht nach Frieden. Und doch hatte Christus Jesus uns schon vor Generationen gesagt (Joh. 14:27): „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch.“ Doch ist es sehr bedeutungsvoll, was er noch weiter über diesen Frieden zu sagen hatte, denn er erklärte, er gäbe uns nicht, „wie die Welt gibt“.
Seit Jahrhunderten hat die Menschheit nicht nur Frieden zwischen den Völkern zu schaffen gesucht, sondern hat manchmal schon geglaubt, an seiner Schwelle zu stehen. Weil dieser Frieden jedoch in großem Maße durch materielle, menschlich erdachte Methoden gesucht wurde, ist all dies Trachten wirkungslos geblieben. Wenn auch schon durch ehrliches Streben einiger Fortschritt gemacht worden ist, die Brüderschaft under den Menschen und die Freiheit der Völker zu fördern, so bleibt doch die Tatsache bestehen, daß heute eine verwirrte und entmutigte Welt immer noch nach diesem Frieden sucht.
Da die Völker in ihrer Innenpolitik schwerwiegende Probleme zu lösen haben und weitere auf dem internationalen Gebiet — ist es da nicht an der Zeit, daß sich alle Menschen rückhaltloser an Gott wenden, und es Ihm anheimstellen, Frieden zu stiften, und die Menschheit in Pfade zu leiten, wo Frieden gefunden werden kann? Die Bibel ist voll von Rezepten für die Erlangung des Friedens, und von Regeln, die beachtet werden müssen, wenn die Menschen ihn finden wollen. Mary Baker Eddy erkannte deren geistige Bedeutung und mahnte die Menschen dringend, sich von der Materie zum Geiste zu wenden, um die Lösung ihrer Probleme zu finden und den Frieden, den der Christus verleiht.
Die Heilige Schrift sagt uns, daß der Friede das Ergebnis der Werke der Gerechtigkeit ist; in der Tat können Frieden und Gerechtigkeit niemals getrennt werden. In den Psalmen (85:10) lesen wir, daß „Gerechtigkeit und Friede sich küssen“. Auch lesen wir in der Bibel, daß diejenigen, die Gottes Gesetz lieben und sich auf Ihn verlassen, vollkommenen Frieden finden. Der Friede kommt als ein sich immer weiter entfaltender Lohn für alle, die die „Goldene Regel“ betätigen. Er ist eine Begleiterscheinung des christlichen Lebenswandels, wie der Meister ihn lehrte; er ist nicht materiell, sondern geistig. Wenn wir ihn in irgendetwas anderem als Gottähnlichkeit suchen, so entgeht er uns wie ein Irrlicht. Vollbringen wir jedoch eine heilige, selbstlose Tat, dann haben wir ihn!
Friede ist nicht ein äußeres Erzeugnis von Kirche oder Staat. Er ist vielmehr ein Gemütszustand des „Geistlich-gesinnt-seins“, der sich ewig der Gegenwart Gottes bewußt ist. Er kann nicht äußerlich in Erscheinung treten, wenn er nicht innerlich empfunden wird. Und laßt uns nie vergessen, daß es keinen Frieden für uns geben kann, der nicht auch Frieden für unsere Mitmenschen in sich schließt. Jesu Erklärung: „Ich und mein Vater sind eins“ (Joh. 10:30) muß also bedeuten, daß wir alle Brüder in Christo sind und einen gemeinsamen Vater haben.
In „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ definiert Mrs. Eddy den Christus als „die göttliche Offenbarwerdung Gottes, die zum Fleisch kommt, um den fleischgewordenen Irrtum zu zerstören“ (S. 583). Diese große Tatsache ist von höchster Wichtigkeit für den Anhänger der Christlichen Wissenschaft; denn er erkennt, daß die Welt, wenn sie Frieden finden will, all ihre Probleme dem Christus zur Lösung unterbreiten muß. In der Christlichen Wissenschaft wird der Christus offenbart als die göttliche Natur, die sich im Gottesmenschen ausdrückt, und auch als die Wirksamkeit der Wahrheit, die mit heilender Kraft zum menschlichen Bewußtsein kommt. Sie bestand schon eher denn Abraham. Sie hatte keinen Anfang, noch wird sie je ein Ende haben, sondern sie wird fortbestehen von Ewigkeit zu Ewigkeit, eine göttliche Allgegenwart. Auf Seite 333 des Lehrbuches schreibt Mrs. Eddy: „Das göttliche Bild, die göttliche Idee oder der Christus, war, ist und wird immerdar von dem göttlichen Prinzip, Gott, untrennbar sein. Jesus nahm auf diese Einheit seiner geistigen Identität mit folgenden Worten Bezug:, Ehe denn Abraham ward, bin ich'.“
Jesus verstand, daß seine geistige Natur der Sohn Gottes oder der Christus war, und er bewies, daß der Christus der Berichtiger aller menschlichen Übel ist, der Heiland der Menschheit. Die Christliche Wissenschaft erklärt hinsichtlich des Christus, daß er immer die Sünden der Welt überwunden hat und fortfährt, es zu tun. Der Christus ist unbesiegbar, denn er ist untrennbar von Gott. Jesus siegte, weil er sich immer des Christus bewußt war und alle seine Handlungen von ihm regieren ließ.
Der Christus muß in unsrem täglichen Leben betätigt werden, wenn wir seine Heilkraft erleben und ihm, den wir unsren Wegweiser nennen, nacheifern wollen. Unter den Menschen zu wandeln und barmherzige freundliche Taten zu tun, ohne ein persönliches Gefühl der eigenen Leistung zu haben; zu arbeiten, ohne Theorien aufzustellen; inmitten des Tumultes eine heilige Ruhe zu bewahren, anstatt die Methoden des Bösen auszuprobieren; die Wunden des Bruders zu verbinden, wenn wir ihn auf der Straße nach Jericho finden; uns täglich mehr von den Irrtümern des materiellen Sinnes frei zu machen, um die Selbstlosigkeit zu demonstrieren, die durch die Sünde hindurchschaut und da des Menschen Reinheit sieht — ist das nicht die wahre Betätigung des Christus im täglichen Leben? Dieser heilende Christus bekämpft jeden Gedanken, der die Christusähnlichkeit zu leugnen sucht. Mit göttlicher Selbstbeherrschung überwindet er die selbstsüchtigen Wünsche und die unschönen Gewohnheiten des fleischlichen Gemüts, und allmählich oder schnell — je nach unserer eigenen Bereitwilligkeit, von neuem geboren zu werden — finden wir, daß der Christus unser Heiland wird, das Licht, das seine eigene Erleuchtung mit sich bringt. Kein Problem ist so ernst and keine Nacht so dunkel, daß der durchdringende Einfluß des Christus nicht den Bann brechen und zum Irrtum sagen könnte: „Schweig und verstumme!“ (Mark. 4:39.)
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß der Christus immer unter den Menschen wandelte und nur auf Anerkennung und Aufnahme wartete. Während die Juden zu Jesu Zeiten einen militärischen Führer suchten, der ein kriegerisches Reich aufrichten sollte, war Jesus immer bemüht, ihre Gedanken auf das Christus-Bewußtsein zu lenken. Und heute, ebenso wie vor zwei tausend Jahren, klopft der Christus immer noch an die Tür des menschlichen Bewußtseins. Freilich ist es Sache des Christus anzuklopfen, aber es ist die Pflicht der Menschen, die Tür zu öffnen. Und wo auch immer die Tür geöffnet wird, und das einladende „Herein!“ willkommen bietet, da tritt der Christus in erhabener Stille ein, bewegt das menschliche Herz zu Reue und Wiedergeburt und stellt so den Frieden wieder her. Es ist sehr gut gesagt worden, daß das Anklopfen des Christus nicht so sehr Ankommen bedeutet wie Gegenwart. Seine Gegenwart treibt die scheinbare Raserei des sterblichen Gemüts als etwas Unwirkliches aus. Sie weist die Sünde zurück, doch nicht den Sünder. Sie verscheucht den Haß, aber sie rettet den Irrenden. Sie zwingt jeden — durch das Überwinden der sterblichen Irrtümer — das zu werden, was er wirklich ist: das Kind Gottes.
Vor einigen Jahren, an einem Frühlingsmorgen, stand eine Christliche Wissenschafterin zeitig auf, um die wöchentliche Lektionspredigt aus dem Christlich-Wissenschaftlichen Vierteljahrsheft zu lesen. Sie war voll Kummer, Selbstbedauern und Bitterkeit. Das kleine Haus, in dem sie und ihre Kinder wohnten, war verkauft worden, und bald sollten andere darin wohnen. Als sie zum Fenster hinausschaute, sah sie die Gartenmauer, wo sie jedes Jahr mit großer Sorgfalt kleine Samenkörner gesät hatte, die sich dann zu schönen Blumen entwickelten. Tränen kamen ihr in die Augen, als sie dem Versucher lauschte, der ihr zuflüsterte: „Dies Jahr wirst du nicht die Freude haben, deinen Garten zu bepflanzen. Ein andrer wird es tun und wird sich an den schönen Blumen freuen, die dir so viel bedeuteten.“ Als sie diese Suggestionen zum Schweigen gebracht hatte, wurde sie sich der Gegenwart der Liebe bewußt, die alle Sehnsucht stillt und für alle Bedürfnisse Sorge trägt; und sogleich begannen ihre liebreichen Lektionen sich zu entfalten. „Gehe hinaus,“ schien sie zu sagen, „und bepflanze den Garten mit all der Sorgfalt und Liebe, die du ihm in anderen Jahren gewidmet hast, so daß er für andere blühen kann, wie er einst für dich blühte.“
Als sie diese Mahnung befolgte und ihre Arbeit im Garten aufnahm, war es ihr plötzlich, als ob die ganze Natur zu einem heiligen Tempel geworden sei. Das sanfte Wehen des Windes in den Bäumen klang wie Musik. Wie aus einem leuchtenden Kelch übergoß die Sonne alles mit Schönheit, und ein Vogel schien von etwas zu singen, das größer war als er selbst. Die ganze Erde schien in Lieblichkeit verklärt zu sein, und als sie ihre Aufgabe vollendet hatte, war es ihr, als ob der Friede sie sanft wie mit einem heiligen Gewand umfinge. Selbstsucht und Selbstbedauern waren einer selbstlosen Tat gewichen; und sie hat nie die stille Herrlichkeit jener Stunde vergessen können, noch den Frieden, der damals in ihr Herz einzog. Und die Blumen blühten den ganzen Sommer lang, und ihr Duft und ihre Farbenpracht machten den Garten so schön wie ein Gedicht.
Frieden kann nur individuell errungen werden. Die Christliche Wissenschaft lenkt hierfür jeden Menschen auf sein eigenes Bewußtsein hin — den Kampfplatz, wo das innere Ringen ausgefochten werden muß. Hier muß jeder Gedanke, der den Christus verneint, herausgefordert werden; hier müssen die Freuden und Sünden des Materialismus aufgegeben werden, wenn die Menschen in Freiheit wandeln wollen. Hier, im innersten Denken, muß der Kampf begonnen, fortgesetzt und zu Ende geführt werden. Und wenn jeder Einzelmensch sein Bewußtsein von allen geheimen Sünden befreit und seine Begriffe von der Welt und seinen Mitmenschen reinigt, dann wird kein kollektives Bewußtsein mehr übrigbleiben, das von Haß und Krieg geheilt werden muß.
Im ganzen Reich der Unendlichkeit gibt es keine Disharmonie, keinen Krieg, Trennung unter den Völkern. Laßt uns das Trugbild des Bösen, einschließlich des Krieges, nicht so vergrößern, daß es uns zur Wirklichkeit wird. Vergeistigtes Denken ist der Weg zum Frieden. Und wenn jeder Einzelmensch anfängt, die Wahrheiten zu betätigen, die er erklärt, so trägt er dazu bei, den Tag herbeizuführen, den Mrs. Eddy in den folgenden Worten voraussagte (Wissenschaft und Gesundheit, S. 565): „Die Verkörperung der geistigen Idee hatte eine kurze Geschichte in dem Erdenleben unsres Meisters, aber, seines Königreichs wird kein Ende sein', denn Christus, die Idee Gottes, wird schließlich alle Nationen und Völker — gebieterisch, absolut, endgültig — mit der göttlichen Wissenschaft regieren.“
