„Der ... Geist gibt Zeugnis unserm Geist, daß wir Gottes Kinder sind. Sind wir denn Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi“ (Röm. 8:16, 17). Als Paulus diese Worte schrieb, gab er seinem Verständnis von des Geistes ewiger, alltätiger Gegenwart, welche sich durch den Menschen, Gottes Gleichnis, kundtut, Ausdruck. Und in einem späteren Kapitel seines Briefes an die Römer mahnte er dringend (12:2): „Stellet euch nicht dieser Welt gleich, sondern verändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf das ihr prüfen möget, welches da sei der gute, wohlgefällige und vollkommene Gotteswille.“
Dieser göttlich inspirierte Weg der Umwandlung führt zu Heiligkeit und Gesundheit, und er steht jedem offen. Wenn der Christliche Wissenschafter durch eine erweckte geistige Erkenntnis von der Allmacht des Geistes zuerst einen Schimmer der Wirklichkeit erhascht, so widmet er sich mit Hingebung der Aufgabe, Zeugnis zu geben von der Wahrheit seiner geistigen Identität. Dies bedeutet, von dem Wirklichen und Ewigen zu lernen und den Glauben an das Unwirkliche und Vergängliche aufzugeben; es bedeutet, durch mentale Umwandlung oder geistige Erleuchtung die Unsterblichkeit „anzuziehen“.
Da Gott das unendliche, allwissende Gemüt ist, wie wir in der Christlichen Wissenschaft lernen, so muß die Schöpfung der Ausdruck oder die Erfüllung des göttlichen Wissens sein. Der fundamentale Grund für unser Dasein ist sicherlich, als wahre Zeugen des Gemüts, dies Gemüt kundzutun und zu verherrlichen. Es ist daher von äußerster Wichtigkeit, uns selbst als geistig zu erkennen, und dies ist möglich. Es wäre jedoch nicht möglich, wenn wir in Wirklichkeit Sterbliche wären, denn der sterbliche Sinn kann nur seinen eigenen Augenschein wahrnehmen. Die sterbliche Selbstheit ist nur eine vergängliche Illusion dieses Sinnes; sie ist niemals auch nur einen Augenblick die wahre und lebendige Wirklichkeit.
Ebenso wie wir den Rundlauf der Sonne und das Stillstehen der Erde trotz der äußeren Erscheinung als Täuschung zu erkennen gelernt haben, können wir lernen, die materiellen Erscheinungen, die uns wie Substanz vorkommen, zu widerlegen und uns dem Gemüt, unserem göttlichen Vater zuzuwenden, um die Wirklichkeit zu finden. Zuerst müssen wir jedoch anerkennen, daß die scheinbare Substanz der Materie gänzlich mental ist. Die Materie ist der trügerische Traum oder die Vergegenständlichung eines materiellen Sinnes, der seine Erscheinungsform Materie nennt; diese Erscheinungsform ist jedoch, in welcher Verkleidung sie auch immer auftritt, genau so mental wie der sterbliche Sinn, der sie hervorbringt. Das sogenannte materielle Universum ist eine Anhäufung falscher Annahmen, welche alle Fälschungen der tatsächlichen Ideen sind, die Gottes Universum ausmachen. Und die Sterblichen sind die Zusammensetzung hypothetischer Vermutungen, die ohne festes Gesetz oder wirkliche Substanz kommen und gehen.
Der Weg in der Christlichen Wissenschaft ist, die alten materiellen Wahnvorstellungen aufzugeben, aus denen Verzweiflung, Krankheit und Tod erwachsen, und die geistigen Ideen anzunehmen, die unsere wahre Identität ausmachen. Denn diese Wissenschaft lehrt uns, daß der neue Mensch, Gottes Gleichnis, das Reinheit und Gesundheit ausdrückt, durch Studium, Gebet und Demonstration ans Licht gebracht werden kann. Durch Studium wachsen wir im Verständnis geistiger Ideen und Tatsachen, oder metaphysischer Wahrheiten, wie sie in der Bibel und „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mary Baker Eddy gefunden werden, und durch Gebet treten wir in bewußte Verbindung mit der Quelle allen wahren Seins, dem göttlichen Gemüt, wodurch die geistigen Ideen offenbart werden. Durch Demonstration, oder das Ersetzen falscher Annahmen durch die Wahrheit, tun wir unser Verständnis von der Allerhabenheit des Geistes kund und beweisen, daß Liebe das immergegenwärtige umwandelnde Prinzip ist.
Dieser Vorgang der Umwandlung ist beständiges Wachstum geistwärts. Es ist das Aufgeben einer materiellen Vorstellung vom Selbst und das Finden jenes Gemüts, „das auch in Christus Jesus war“ (engl. Bibel). Menschlich gesprochen muß der Umwandlung eine Sinnesänderung voraufgehen; Unwissenheit muß durch die Wahrnehmung der Allheit des Geistes ersetzt, und Zweifel und Befürchtungen durch die zunehmende Anerkennung der unfehlbaren Macht des Gemüts überwunden werden. Durch diese stufenweise Neugestaltung unseres Denkens wird unser Leben und Handeln unvermeidlich unsere Umwandlung kundtun. In „Wissenschaft und Gesundheit“ schreibt Mrs. Eddy (S. 327): „Umwandlung kommt durch das Verständnis, daß es im Bösen keine bleibende Freude gibt, sowie dadurch, daß man die Liebe zum Guten der Wissenschaft entsprechend gewinnt, welche die unsterbliche Tatsache enthüllt, daß weder Lust noch Schmerz, weder Begierde noch Leidenschaft in oder von der Materie bestehen können, während das göttliche Gemüt die falschen Annahmen von Lust, Schmerz oder Furcht, samt all den sündhaften Begierden des menschlichen Gemüts zerstören kann und tatsächlich zerstört.“
Die sanfte Überzeugungskraft der Liebe, die Zeugnis von des Menschen göttlicher Sohnschaft gibt, führt uns immerdar zu den Wirklichkeiten der Wahrheit — sie leitet uns den ewigen Harmonien des Lebens zu. Durch ihre umwandelnde Güte lehrt uns die Liebe, daß Furcht ohne wirkliche Ursache und daß Krankheit unnatürlich ist, und daß die Vermessenheit und die Anmaßung der sterblichen Annahme keine Macht haben, Gottes immergegenwärtige Schöpfung zu verletzen oder zu beschädigen. Was auch immer unser Bedürfnis sein mag, wir können stets die erneuernde, befreiende Macht der Liebe als unser eigen annehmen und uns ihrer erfreuen.
Das Denken unseres Meisters Christus Jesus war so durchdrungen, so umgewandelt durch den Geist, daß er sagen konnte (Joh. 10:30): „Ich und der Vater sind eins.“ Er weilte so beständig in dem Bewußtsein des Vaters, daß ihm Sein Wille stets klar war. Er sah den Menschen als Gottes Sohn, geistig vollständig, unsterbliches Leben zum Ausdruck bringend, und dieses wahre Sehen besiegte allen entgegengesetzten Augenschein. Dieser rein geistige Vorgang der Liebe und des erleuchteten Verständnisses verscheuchte den mentalen Irrtum. Jesus bezeugte, daß das Reich Gottes inwendig in uns ist, und durch seine Heilungswerke erklärte er dem menschlichen Verständnis die Wahrheiten dieses Reiches.
Als der herrliche Strahlenglanz und die Macht der Wahrheit den erweckten Sinn unserer Führerin überfluteten, weihte sie sich voll Hingebung der Aufgabe, von der heilenden und umwandelnden Macht des Geistes Zeugnis abzulegen. Ihre Treue und Hingabe waren so unerschütterlich, daß keine Angriffe der Widersacher, keine Sturmangriffe des Hasses oder der Untreue sie von ihrer gottgegebenen Sendung ablenken konnten.
In „Rückblick und Einblick“ (S. 30) schreibt Mrs. Eddy: „Als Bahnbrecherin der Christlichen Wissenschaft stand ich allein im Kampf und war bemüht, den Irrtum mit dem Schwert der Wahrheit niederzuschlagen“; und auf der folgenden Seite fährt sie fort: „Wissenschaftliche Lehrgebäude der Philosophie und Religion schwanden dahin; denn Liebe enthüllte die heilende Verheißung und Macht einer gegenwärtigen geistigen Eingebung. Es war das Evangelium des Heilens mit seiner von Gott bestimmten menschlichen Aufgabe, das, wie es mir erschien, ,die Schönheit der Heiligkeit‘ auf seinen weißen Schwingen trug — eben die Möglichkeiten des geistigen Einblicks, der geistigen Erkenntnis und des geistigen Seins.” Aus der Fülle ihrer Liebe heraus hat sie uns hinterlassen, was sie demonstrierte, auf daß auch wir die „Schönheit der Heiligkeit“ erkennen mögen. Es ist die geistige Einsicht, wahre geistige Schau, die umwandelt, heilt und uns dazu inspiriert, Zeugnis von der Wahrheit abzulegen. Wie erlangen wir diese geistige Einsicht? Durch die Willigkeit, den irrenden menschlichen Begriff vom Selbst mit seinen Eitelkeiten aufzugeben und nach der bleibenden Wirklichkeit aller Dinge zu streben; mit anderen Worten, durch die Willigkeit, zu lernen und zu gehorchen — wie die Kindlein zu werden.
Vor etwas über dreißig Jahren hatte die Verfasserin dieses Aufsatzes scheinbar nichts weiter vor sich als ein Leben des Leidens, von dem angeblich nur der Tod sie erlösen konnte. Das Ergebnis einer Reise nach Kalifornien war, statt des erwarteten Nutzens, ein akuter Krankheitszustand, den die Ärzte nicht imstande waren zu heilen. Der Rat, eine Christliche Wissenschafterin um einen Besuch zu bitten, wurde nur in der Verzweiflung angenommen. Die Wissenschafterin kam, und nach einer Unterhaltung von etwa einer Stunde, während welcher ein neuer und inspirierender Begriff von Gott dargeboten wurde, durchbrach ein Hoffnungsstrahl die Wolken des Zweifels, der Furcht und der Unwissenheit. Die Schöpfung Gottes wurde als vollständig und geistig erklärt, und der Mensch wurde als Sein Gleichnis gezeigt — niemals der Sklaverei von Sünde und Krankheit unterworfen.
Die Leidende, die angeregt worden und die dankbar war für diesen erleuchteten Begriff von Gott, bat die Wissenschafterin, am nächsten Tage wiederzukommen. Diese entsprach der Bitte und fand, daß die Patientin aufgestanden war und auf der Veranda auf sie wartete. Durch die umwandelnde Macht der hörbar und im Gebet geäußerten Wahrheit hatte die Leidende einen Lichtblick der neuen Erde, des neuen Menschen und eines allschöpferischen Prinzips, der Valer-Mutter-Liebe, erhascht. Ihr Herz erfüllte sich mit Freude und Dankbarkeit. Das Leben wurde auf einer neuen Grundlage angenommen, auf der der geistigen Wirklichkeit. Wenig später hatte sie Gelegenheit, durch das Studium der durch die Christliche Wissenschaft offenbarten Wahrheit selbst zu beweisen, daß diese Wissenschaft ihr Bewußtsein umwandeln und sie von Schmerz und Krankheit befreien konnte.
Mit der sich erweiternden geistigen Erkenntnis sehen wir die unendlichen Möglichkeiten, die unser sind. Nichts ist unmöglich für die geistige Macht — jene Macht, der durch Gottes Gesetz, Seine Wissenschaft, Geltung verschafft wird. Wenn jede Wolke des sterblichen Sinnes zerstreut und unser Bewußtsein umgewandelt ist, so werden wir mit freudiger Vergegenwärtigung erkennen, gleichwie wir erkannt sind.
Mit der Stärke geistiger Erkenntnis können wir jeder Schwierigkeit mit Siegesgewißheit entgegentreten, denn das, was den Sieg versagen möchte, kann nicht vor der Offenbarung der umwandelnden Wahrheit bestehen. Laßt uns daher zuversichtlich vorwärtsgehen, das „Schwert der Wahrheit“ erhoben, um Gott zu verherrlichen und von Seiner allgewaltigen Macht Zeugnis abzulegen.
