Einer jungen Frau, die lange Zeit unsagbar unter einem Minderwertigkeitsgefühl gelitten hatte, wurde einmal ein erstaunlicher Rat gegeben: „Sieh dich immer im Sonnenschein.“ Diese Worte waren ihr zuerst ein Rätsel, denn Sonnenschein bedeutete ihr damals einfach das Licht der Sonnenstrahlen. Schließlich wurde es ihr klar, daß der Rat einfach bedeutete, sie solle aus den Schatten der Finsternis heraustreten und ihren Platz an der Sonne einnehmen — ihren rechten Platz im Leben. Sie betete aufrichtig darum, dies richtig verstehen zu lernen, und ihre Gebete wurden erhört, als sie die Christliche Wissenschaft fand. Da fing sie an, den ihr erteilten weisen Rat in seiner vollen Bedeutung zu begreifen und zu würdigen. Mit dem Aufdämmern des Lichtes der Wahrheit und Liebe in ihrem Bewußtsein kam sie allmählich aus den trüben Schatten einer Traumwelt in den Sonnenschein der Wahrheit und begann, das Erbteil der Freiheit und die sich entfaltende Nützlichkeit, die Gott dem Menschen beschieden hat, zu genießen.
Befreiung von Hemmungen ist das unschätzbare Vorrecht, das jeden aufrichtigen Anhänger der Christlichen Wissenschaft erwartet. Ein jeder kann aus einem trüben Leben, gleichviel ob verursacht durch Schüchternheit, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Mangel an günstigen Gelegenheiten, Altersannahmen oder Einsamkeit, erwachen und seinen Platz an der Sonne finden. Wissenschaftlich seinen Platz an der Sonne finden, bedingt ein Verständnis von Mary Baker Eddys Definition von „Sonne“ im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“. Sie lautet (S. 595): „Das Symbol der Seele, die den Menschen regiert — das Symbol von Wahrheit, Leben und Liebe.“ Wenn wir von der Seele regiert werden, so sind wir imstande, durch den geistigen Sinn in dem nie nachlassenden Sonnenschein von Gottes treuer Liebe zu weilen, und Gottes segensreiche Regierung in Wort und Tat widerzuspiegeln.
Paulus beschreibt den göttlichen Plan in seinem Brief an die Epheser (2:10): „Wir sind sein Werk, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken, zu welchen Gott uns zuvor bereitet hat, daß wir darin wandeln sollen.“ Eine andere Übersetzung dieses erleuchteten Bibelwortes lautet: „Wir sind Gottes Gebilde, der uns in Christo Jesu geschaffen hat für die guten Werke, die Er uns im voraus bestimmt hat, als unsern Wirkungskreis.“
Paulus war in der Tat berechtigt, von dem rechten Platz des Menschen zu sprechen, da er doch selbst aus den Schatten der Finsternis zu seinem rechten Platz an der Sonne geführt worden war — in den Sonnenschein der Wahrheit, des Lebens und der Liebe. Er hatte die Herrschaft des menschlichen Willens abgeworfen oder verworfen und war dem Lichte des Christus gefolgt, der ihm den Weg wies, auf dem er wandeln sollte. Unter der Herrschaft der Seele erweiterte sich sein Wirkungskreis immer mehr, und sein Gehorsam gegenüber der Führung der Seele machte ihn zu einem mächtigen Einfluß zum Guten.
Wer seinen Platz an der Sonne unter der Herrschaft der Seele, die den Menschen regiert, noch nicht kennt, mag das Gefühl haben, daß er in den Schatten der Finsternis und hoffnungsloser Nutzlosigkeit versunken sei, dem Blinden gleich, den Jesus heilte. Ehe Jesus die Augen des Blinden mit der nassen Erde bestrich und ihm sagte: „Gehe hin zu dem Teich Siloah und wasche dich!“ (Joh. 9:7), war der Funken des geistigen Sinnes in seinem Bewußtsein noch nicht entfacht worden; mit anderen Worten, er hatte sich noch nicht bewußt unter die wohltätige Regierung der Seele gestellt. Doch wie klar werden die Wirkungen seines Gehorsams offenbar, seines Nachgebens unter der Führung der Seele; denn wir lesen: „Da ging er hin und wusch sich und kam sehend.“ Es wird berichtet, daß er später den Christus anerkannte.
Das demütige Befolgen der Weisungen des geistigen Sinnes, das die Herrschaft der Seele über den Menschen dartut, ist eine Vorbedingung für das Einnehmen unseres Platzes an der Sonne. Solcher Gehorsam bringt uns ebenfalls ein Einströmen des strahlenden Lichtes der Wahrheit und Liebe, das uns den Weg aus der Finsternis zur erleuchteten Nützlichkeit erhellt. Er bringt uns eine Antwort auf den Schrei (Apg. 9:6): „Herr, was willst du, das ich tun soll?“ Zu dem erhobenen Bewußtsein des Propheten Maleachi kam die holde Verheißung der göttlichen Erscheinung (3:1): „Siehe, ich will meinen Engel senden, der vor mir her den Weg bereiten soll.“ In der Bibelsprache wird der Ausdruck „Weg“ oft gebraucht, um Gottes heilige Absicht, Seinen heiligen Plan, anzudeuten. Jesus enthüllte der Menschheit diesen lebendigen Weg — Gottes heiliges Ziel reinen Christentums.
Sollten wir dann nicht auch unseren rechtmäßigen Platz an der Sonne einnehmen, indem wir unser Einssein oder Verbundensein mit der göttlichen Liebe beweisen und dabei Gottes individuellen Plan für Seine individualisierte Idee begreifen lernen? Dann werden wir Seinen heiligen Segen verdienen (1. Petr. 2:9): „Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, daß ihr verkündigen sollt die Tugenden des, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.“
