Die Lehren der Christlichen Wissenschaft offenbaren die geistige Tatsache, daß man sich augenblicklich der heilenden Macht und Gegenwart Gottes bewußt werden kann. Diese Lehren zeigen, daß es in Wirklichkeit keinerlei Schranken von Zeit oder Raum gibt, die die heilende Macht des unendlichen Gemüts auch nur für einen Augenblick aufhalten können. Paulus erklärte: „Sehet, jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils“ (2. Kor. 6:2). Und Johannes ermahnt uns (1. Joh. 3:2): „Wir sind nun Gottes Kinder.“
Die mächtigen Heilungswerke, die unser großer Lehrer Christus Jesus vollbrachte, um die menschliche Not zu stillen, gingen schnell vor sich. Die Verfasser der Evangelien gebrauchten oft das Wort „alsbald“, um diese Heilungen zu beschreiben. Wir lesen, daß ein Aussätziger alsbald gereinigt, ein Fieber ausgetrieben, ein Blutgang gestillt, eine Frau, die krumm war, aufgerichtet wurde; ein Mensch, der viele Jahre krank gelegen hatte, wurde alsbald geheilt und wandelte, und die Blinden erhielten alsbald ihr Augenlicht. Das Zeitelement war von keinerlei Bedeutung, wenn das leidende Herz die heilende Berührung des immergegenwärtigen Christus verspürte.
Indem er von der beständigen Verfügbarkeit des heilenden Christus sprach, die menschlichen Nöte zu stillen, sagte der geliebte Wegweiser (Joh. 14:12): „Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und wird größere als diese tun; denn ich gehe zum Vater.“ Dieselbe Heilkraft, die von unserm großen Beispielgeber nutzbar gemacht wurde, steht heute genau so zur Verfügung wie damals, um jede menschliche Not zu stillen. Augenblickliche Heilungen sind eine gegenwärtige Möglichkeit, wenn die Wahrheit von Gott und dem Menschen verstanden wird.
Eine Frau, die sich in geschäftlichen Angelegenheiten in einem großen Bürohaus im Stadtinnern befand, hatte anscheinend einen Herzanfall. Viele Leute, die Zeugen des Anfalls waren, schienen sehr besorgt zu sein und boten liebevoll ihre Hilfe an. Sie wurde in den Aufenthaltsraum der Angestellten gebracht, und man machte es ihr so bequem wir möglich. Die Frau war imstande zu flüstern, man möge einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft um Hilfe bitten. Einer der Angestellten, der kein Christlicher Wissenschafter war, stellte fest, daß ein Ausüber sein Büro in der Nähe hatte; und der Ausüber ging mit dem Angestellten zu der erkrankten Frau. Er gab ihr sofort eine christlich-wissenschaftliche Behandlung und nach wenigen Augenblicken war sie imstande, aufrecht zu sitzen. Sie bat um ihren Mantel und ihren Hut. Zum größten Erstaunen derer, die Zeugen des Anfalls gewesen waren, verließ sie das Bürohaus vollkommen frei. Am nächsten Tage telephonierte sie mit dem Ausüber und erklärte, daß sie sich wohl fühle und im Begriff sei, sich auf eine seit langem geplante Reise zu begeben. Gottes heilende Gedanken, die zum menschlichen Bewußtsein kommen, übertreffen die Schnelligkeit der Zeit oder des sterblichen Denkens, und heilen augenblicklich.
Die aggressive mentale Suggestion mag in ihrem Versuch, eine Heilung zu verzögern oder zu erschweren, flüstern: „Morgen, später, dieser Tage oder schließlich werden die Umstände besser für dich sein.“ Der Anspruch des Irrtums auf eine vergangene oder zukünftige Zeitform ist seine listigste Einflüsterung, um das Denken von der gegenwärtigen Verfügbarkeit des heilenden Christus abzulenken. Sein Anspruch, daß später mehr Zeit für die Entfaltung des geistigen Guten vorhanden sei sei als in diesem Augenblick zur Verfügung stehe, ist eine Verneinung der Allheit Gottes und Seiner augenblicklichen Heilkraft. Laßt uns diese Lügen des Sinnes schnell zurückweisen, die den Versuch machen möchten, uns von unserem gegenwärtigen Einssein mit unserem Vater-Mutter Gott zu trennen. Mary Baker Eddy schreibt im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 428): „Die große geistige Tatsache muß ans Licht gebracht werden, daß der Mensch vollkommen und unsterblich ist, nicht sein wird.“
Aufschub ist eine der heimtückischsten Waffen des Irrtums. Die Verzögerung der geistigen Entfaltung ist sein einziges Ziel. „Warte bis morgen“ ist ein beliebtes Schlagwort des sterblichen Gemüts. Sein Zweck ist, uns auf morgen verschieben zu lassen, was bereits heute als geistige Tatsache verstanden werden sollte. Wie gern möchte er uns dazu veranlassen, die guten Dinge des Lebens, die das geistige Wachstum fördern, auf eine zukünftige Zeit zu verschieben, wie zum Beispiel das tägliche Studium der Lektionspredigt im Christlich-Wissenschaftlichen Vierteljahrsheft, den Dienst an unserer großen Bewegung, das Abgeben eines Zeugnisses bei einer Mittwochabend-Zeugnisversammlung, das Teilnehmen an aktiver Kirchenarbeit, die Teilnahme am Klassenunterricht, das Erteilen der christlich-wissenschaftlichen Behandlung oder unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst — wahrlich alles, was von Wert ist.
In Wirklichkeit ist in diesem Augenblick alles, was gut oder ewig ist, in Entfaltung. Verzögerte Tätigkeit ist Gott oder dem Wirklichen Menschen unbekannt. Der Mensch Gottes ist nicht träge oder untätig. Er ist kein Zauderer. Er kann auch nicht für einen Augenblick sein freudiges Vorrecht aufschieben, seinen Schöpfer widerzuspiegeln, denn er ist der unmittelbare Gegenstand der göttlichen Entfaltung.
Wie oft hört man doch den Ausdruck: „Meine Zeit drängt.“ Was ist die scheinbare Ursache dieses falschen Gefühls von Druck? Sterbliches Denken! Unser wirkliches Bedürfnis ist daher, göttlichere Gedanken zu haben, die ewiglich unbegrenzt und frei von den Spannungen dieser rastlosen Zeit sind.
Mit seinem Stundenplan der Sterblichkeit versucht das sterbliche Gemüt uns unseres Geburtsrechts als Kinder Gottes zu berauben. Es möchte uns glauben machen, daß wir seinen sogenannten Kreislauf der Sterblichkeit durchmachen müssen — materielle Geburt, Jugend, Alter, Verfall und Tod in der Materie. Es erhebt den Anspruch, daß das Leben durch das Ticken einer Uhr, durch einen Kalender oder die Umdrehungen der Erde um die Sonne begrenzt sei. Wie gern möchte es uns denken machen, daß das Leben mit jeder Sekunde, Minute, Stunde, mit jedem Tag, Monat und Jahr seinem Ende zueilt. Wir brauchen diesen zeitlichen Lügen nicht zu glauben, denn das einzige, was aus unserer Erfahrung verschwinden kann, ist eine falsche Zeitvorstellung oder sterbliches Denken. Weder Gott noch der wirkliche Mensch kann je durch die Lüge der materiellen Begrenzung gefesselt werden. Die wechselvollen Verzerrungen des sterblichen Denkens können Gottes Menschen niemals berühren.
Der Psalmist muß eine klare Vorstellung von der Ewigkeit all dessen, was geistig ist, und von der absoluten Nichtsheit des endlichen Zeitbegriffs gehabt haben, als er schrieb (Ps. 39:5): „Siehe, meine Tage sind einer Hand breit bei dir und mein Alter ist wie nichts vor dir“ (engl. Bibel) und (Ps. 90:4): „Tausend Jahre sind vor dir wie der Tag, der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache.“
Mrs. Eddy läßt den hellen Ruf nach Freiheit von der Knechtschaft materieller Begrenzungen für die ganze Menschheit erschallen, wenn sie in „Wissenschaft und Gesundheit“ schreibt (S. 468): „Ewigkeit, nicht Zeit drückt den Gedanken des Lebens aus, und Zeit ist kein Teil der Ewigkeit. Das eine hört in dem Verhältnis auf, wie das andere erkannt wird. Zeit ist endlich; Ewigkeit ist immerdar unendlich.“
In dem Maße, wie unser Verständnis von Gott zunimmt und das materielle Wissen sich verringert, werden die falschen Schranken materieller Begrenzungen verschwinden und, dem Vogel gleich, der seine Eierschalen aufgepickt hat und die Welt um sich her erblickt, werden wir den neuen Himmel und die neue Erde wahrnehmen, wo Zeit und Raum nichts sind. Wir werden uns selbst als in Wahrheit die Kinder Gottes erkennen, ewiglich unbegrenzt und jenseits des Bereichs sterblicher Abmessungen.