Für das allgemeine menschliche Denken bedeutet Gesundheit Freiheit von körperlichen Krankheiten und Schmerzen; Gesundheit wird als ein Zustand der Materie und als von ihr abhängig betrachtet. In der Christlichen Wissenschaft ist die Idee der Gesundheit eng verwandt mit Glückseligkeit, Harmonie, Heiligkeit, Frieden, Unsterblichkeit, wahrem Menschentum, gesunder Moral und Vollkommenheit. Es ist daher offenbar, daß Gesundheit in ihrer geistigen Bedeutung vollständiges Wohlsein und Harmonie, Sündlosigkeit und Freude der göttlichen Idee, des Menschen, bezeichnet. Es ist ein geistiger Zustand, die normale, unwandelbare Beschaffenheit Gottes, des göttlichen Gemüts — eine Beschaffenheit, die die göttliche Idee, der Mensch, widerspiegelt und natürlich zum Ausdruck bringt.
Da Gesundheit geistig ist, ist sie unabhängig von der Materie, und daher dauernd, unwandelbar und unveränderlich. Kein einziger ihrer Bestandteile ist von Gott getrennt; keiner ist der Beeinträchtigung, der Umkehrung oder dem Verlust ausgesetzt. Wahre Gesundheit mit allem was sie ausmacht — Heiligkeit, Schönheit, Glückseligkeit, Unversehrtheit und Rechtschaffenheit — ist die unwandelbare Tatsache des wahren Seins des Menschen. Sie bezieht sich auf die gesamte Individualität von Gottes Bild und Gleichnis. Sie ist die Gesamtsumme der Beschaffenheit des Menschen.
Wenn der Anfänger in der Christlichen Wissenschaft die geistige Bedeutung von Gesundheit zu verstehen beginnt, ihre Natürlichkeit, ununterbrochene Fortdauer und weite Allumfassendheit, so beansprucht er sie selbstverständlich auch für sich selber. Er begreift bald, daß die früher von ihm gehegte Vorstellung von Gesundheit nicht nur begrenzt, sondern auch grundsätzlich falsch war, da sie das Ergebnis der Suggestion des sterblichen Sinnes darstellt, daß die Materie objektive Wirklichkeit besitze, eine selbstgeschaffene Wesenheit, die Macht habe, Krankheit oder Gesundheit zu verursachen, und die Fähigkeit, sie zu erleben.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, was die Materie tatsächlich ist, indem sie zuerst einmal die wahre Natur dessen erklärt, was die Materie als Substanz oder Wirklichkeit darzustellen sucht, nämlich: die materiellen Sinne. Die Christliche Wissenschaft regt an zu der Frage: kann die Materie überhaupt Sinnesempfindung haben? Sinnesempfindung oder Wahrnehmung ist eine Funktion des Bewußtseins, die in Wirklichkeit geistig und nicht in der Materie zu finden ist. In Wirklichkeit kann die Materie daher nichts wahrnehmen, nicht einmal sich selbst, und die materiellen Sinne müssen eine Täuschung sein, und keineswegs wirkliche Wahrnehmung. Die materiellen Sinne sind lediglich ein anderer Name für das, was Mary Baker Eddy als sterbliches Gemüt bezeichnet; sie versteht unter diesem Ausdruck den falschen, materiellen, unharmonischen Begriff oder die Fälschung der Wirklichkeit.
Das sterbliche Gemüt sieht nichts über seine eigenen Täuschungen hinaus, die es als Wirklichkeiten ausgibt. Es projiziert seine eigenen Annahmen von Krankheit oder Gesundheit auf seine Vorstellung vom Menschen als einem körperlichen Sterblichen. In diesem illusorischen Bewußtseinszustand sind das scheinbar Bewiesene Materie, — Gesundheit, Krankheit — und das scheinbar Beweisende — die sogenannten materiellen Sinne — nichts weiter als Teile des Traumes; denn die Voraussetzung des sterblichen Gemüts schließt die Voraussetzung seiner Kundwerdung in sich.
Indem sie von dem Zusammenhang zwischen dem sterblichen Gemüt und dem materiellen Körper, der Kundwerdung dieses Gemüts, spricht, schreibt Mrs. Eddy (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 177): „Das sterbliche Gemüt und der sterbliche Körper sind eins. Keins besteht ohne das andre, und beide müssen durch das unsterbliche Gemüt zerstört werden. Die Materie oder der Körper ist nur ein falscher Begriff des sterblichen Gemüts. Dieses sogenannte Gemüt errichtet seinen eignen Aufbau, dessen gröberer Teil der materielle Körper ist; aber von Anfang bis zu Ende ist der Körper ein sinnlicher, menschlicher Begriff.“
Die Gesundheit des Menschen ist sein wahrer Zustand, und nicht eine sinnliche, wandelbare menschliche Vorstellung; sie geht weder vom materiellen Körper aus noch ist sie in ihm; denn der wahre Mensch ist nicht körperlich. Er ist der geistige Ausdruck Gottes und lebt in der all-erhaltenden Atmosphäre des göttlichen Gemüts, des Lebens. Während die menschliche Auffassung unter Gesundheit sehr oft nichts weiter als eine Abwesenheit von Schmerz oder Krankheit versteht, lehrt die Christliche Wissenschaft, daß „Gesundheit ... das Bewußtsein der Unwirklichkeit von Schmerz und Krankheit [ist] oder vielmehr das unbedingte Bewußtsein von Harmonie und von nichts anderem“ (Anfangsgründe der Göttlichen Wissenschaft von Mrs. Eddy, S. 11). Die Kundwerdung der Natur Gottes ist die Kundwerdung wahrer Gesundheit. Sie ist untrennbar von Heiligkeit, die geistige Vollständigkeit bedeutet.
Das Verständnis, daß der allmächtige Gott uns kennt und liebt, ist ein wesentlicher Faktor in der Erhaltung der Gesundheit. Ein weiterer Faktor ist die geistige Überzeugung von der reichen Vorsorge Gottes, des göttlichen Gemüts, für jedes Seiner Kinder, die Er als Zeugen Seiner allumfassenden Fürsorge erhält. Ein sterblicher Sinn von Wettbewerb, mit all seinem Kampf, seinem Groll und seinen Ängsten, ist unvereinbar mit wahrer Gesundheit und liegt stets im Streit mit ihr. Dasselbe ist der Fall hinsichtlich anderer Formen der Sinnesbefriedigung, gleichviel ob auf körperlichem, mentalem oder moralischem Gebiet.
Gesundheit wird von dem göttlichen Gesetz des Guten aufrechterhalten; wenn man diesem Gesetz gehorcht, so ist man wahrer Gesundheit sicher, mit allem, was sie in sich schließt. Laßt uns jedoch klar verstehen, daß das Gesetz Gottes, kurz zusammengefaßt in dem, was Christus Jesus das vornehmste aller Gebote nannte, die Einheit Gottes erklärt und unsere ganze Treue zu Ihm fordert. Es läßt keinen Raum für den Glauben an einen anderen Gott, Materie genannt, und keine Rechtfertigung für seine Anbetung aus geistiger Blindheit oder Furcht.
Der Verfasser der Sprüche Salomos erklärt deutlich den Zusammenhang zwischen dem Gehorsam gegen Gott und einem lebendigen Begriff von Gesundheit (3:7, 8): „Fürchte den Herrn und weiche vom Bösen. Das wird deinem Leibe gesund sein und deine Gebeine erquicken.“ Christus Jesus heilte oft jene, die unter den physischen Folgen ihres Ungehorsams gegen Gott litten. Seine heilende Erklärung (Matth. 9:2): „Deine Sünden sind dir vergeben“ war nicht an den kranken Körper, sondern an den sündigen falschen Sinn des Patienten gerichtet. In jedem einzelnen Fall stellte seine Heilung den geistigen Begriff von Gesundheit wieder her — der sich immer auch in moralischer Gesundung bekundet.
Unsere Führerin betont, daß die Erlösung selbst untrennbar von wahrer Gesundheit oder vollkommener Freiheit von Krankheit und Sünde ist, wenn sie in ihrem Werk „Vermischte Schriften“ (S. 241) sagt: „Bei der Erlösung des Menschen stehen Körper und Gemüt in Wechselbeziehung, denn der Mensch wird ebensowenig als Kranker wie als Sünder in den Himmel kommen; das Christentum des Christus treibt Krankheit sowohl als Sünde jeder Art aus.“
Das menschliche Bewußtsein hat wenigstens bis zu einem gewissen Grade erkannt, daß Gesundheit eine Bedingung der Erlösung ist. Es ist interessant zu wissen, daß eine der frühesten Bedeutungen des Wortes „Gesundheit“ „Erlösung“ war. Obgleich diese Bedeutung im Laufe der Zeit verlorengegangen ist, stimmt sie doch mit Mrs. Eddys Definition von Erlösung im Glossarium von „Wissenschaft und Gesundheit“ überein, wo sie Gesundheit als einen Zustand der Freiheit von Sünde, Krankheit und Tod erklärt.
Gesundheit ist nicht flüchtig oder unsicher, sie ist niemals außer Reichweite; Heiligkeit ist nicht jenseits unserer augenblicklichen Fähigkeit, das Gute zu bekunden. All dies sind geistige Wahrheiten unseres Seins, gegenwärtig und verfügbar.
Die göttliche Liebe, die des Menschen Schutz vor dem Bösen gewährleistet, verbürgt auch seine Gesundheit. Unser Weg zu völliger Gesundheit ist die Wissenschaft des Christus, die Christliche Wissenschaft. Es ist der Weg des Sieges über alles, was uns unseres gewissen, freudigen, lebendigen Bewußtseins der Gotteskindschaft berauben möchte.