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„Um anzurufen — horchen“

Aus der Oktober 1958-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der Bezirk, in dem ich wohne, hat sich noch nicht auf das Selbstwähler-System des Telefons umgestellt, und so muß man, um mit der gewünschten Nummer verbunden zu werden, das Amt in Anspruch nehmen. Eines Tages, als ich an meinem Schreibtisch saß und vergebens herauszufinden suchte, warum sich ein gewisses Problem durch meine metaphysische Behandlung nicht löste, fiel mein Blick auf folgende Vorschriften an meinem Tischapparat: „Um das Amt anzurufen, Hörer abnehmen und horchen.“ Einen Augenblick dachte ich, wie widerspruchsvoll eine solche Vorschrift erscheint: um anzurufen, muß man lauschen. Dann erkannte ich klar, wie genau dies mit dem Gebet oder der Behandlung in der Christlichen Wissenschaft übereinstimmt.

Um Gott anzurufen und Seine Stimme zu hören, und die Antwort auf ein Problem zu erhalten, muß das menschliche Bewußtsein erhoben werden. Wir müssen auf das „stille sanfte Sausen“ des Geistes lauschen. Als ich dies tat, als ich jedes menschliche Argument beiseite ließ, selbst wenn dieses Argument auf der Seite der Wahrheit zu sein schien, und auf die ruhige, sichere Überzeugung hörte, daß Gott gerade dort war, wo das Problem zu sein schien, trat die Lösung ganz natürlich und harmonisch in Erscheinung. Die göttliche Liebe hatte meinen lauschenden Ruf beantwortet.

Jesus gab in seiner gewaltigen Bergpredigt klare Anweisungen für die wirksame Methode des Gebets, und diese Lehre finden wir im 6. Kapitel des Matthäus-Evangeliums (Verse 5–13). Er wies darauf hin, daß wir in dem stillen Kämmerlein unseres eigenen Bewußtseins beten müssen, und er stellte diesem Gebet das irrtümliche Gebet derjenigen gegenüber, die „meinen, sie werden erhört, wenn sie viel Worte machen“ (Vers 7).

Das erste Kapitel des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mary Baker Eddy, ist betitelt „Gebet“, und allein das Lesen dieses Kapitels hat wunderbare Erfolge im Heilen von Disharmonie und Krankheit aller Art bewirkt. Darin schreibt Mrs. Eddy über das stille Kämmerlein folgende Worte (S. 15): „In dem stillen Heiligtum ernsten Sehnens müssen wir die Sünde leugnen und die Allheit Gottes geltend machen.“

Eine wesentliche Voraussetzung für dieses „Heiligtum ernsten Sehnens“, wie für jedes ‘Heiligtum, ist, daß Stille herrschen sollte. Der Lärm des sterblichen Sinnes muß ausgeschlossen werden, damit wir die Stimme Gottes hören können. In dem Heiligtum des geistigen Bewußtseins rufen wir Gott mit Erfolg an, wenn wir den „Hörer“ der geistigen Wahrnehmung abheben und auf Seine Stimme lauschen.

Mrs. Eddy hebt oft den Wert des Lauschens hervor. Auf Seite 323 in „Wissenschaft und Gesundheit“ schreibt sie über das „stille sanfte Sausen“ der Wahrheit und sagt: „Entweder wenden wir uns von dieser Verkündigung ab, oder wir hören auf sie und rücken hinauf.“ Die Bibel betont häufig die Segnungen, die durch einen Zustand der inneren Stille, des Vertrauens und des erwartungsvollen Lauschens gewonnen werden. Stillesein, d.h. das mentale Geschwätz des sterblichen Gemüts zum Schweigen bringen, ist das erste Erfordernis. Sind wir nicht zuweilen in Gefahr, die Wahrheit sogar so laut zu erklären, daß wir Gottes liebevolle Zusicherung, alles stehe wohl, überhören?

Im dritten Kapitel des Ersten Buches Samuel wird berichtet, daß der Knabe Samuel von Eli gelehrt wurde, auf Gottes Stimme zu lauschen und sie zu erkennen, wenn sie zu ihm sprach. Dreimal in der Nacht hörte sich Samuel bei seinem Namen gerufen und er lief gehorsam zu Eli, weil er den Ruf irrtümlich für eine menschliche Aufforderung hielt. Aber durch geistige Eingebung erkannte Eli, daß das, was der Knabe hörte, keine menschliche Stimme, sondern ein göttlicher Ruf war. Daher sagte er dem Knaben, wenn sich der Ruf wiederhole, solle er antworten: „Rede, Herr, denn dein Knecht hört.“

Samuel tat dies, und der große geistige Fortschritt, der folgte, ist im 19. Vers desselben Kapitels erwähnt: „Samuel aber nahm zu, und der Herr war mit ihm, und fiel keines unter allen seinen Worten auf die Erde.“ Mrs. Eddy hat in ihrem Buch „Rückblick und Einblick“ (S. 8, 9) berichtet, daß sie als Kind eine ähnliche Erfahrung hatte und daraus verstehen lernte, wie wichtig es ist, auf Gottes geistigen Ruf zu lauschen und ihn zu erkennen.

Vor vielen Jahren lernte ich eine wertvolle Lektion in geistigem Hören. Ich war damit beschäftigt, ein Geschäftsproblem zu lösen, und erlebte dabei das Wundersame und die Freude, die man empfindet, wenn man dem göttlichen Gemüt die natürliche Entfaltung eines jeden Schrittes überläßt. Eines Morgens, als die Dinge ins Stocken geraten zu sein schienen, saß ich an meinem Schreibtisch und betete, um zu wissen, was Gott von mir als Nächstes zu tun erwartete, und glanz klar kam der Gedanke, daß ich meinen Rechtsanwalt über einen Punkt des Gesetzes befragen müsse.

Ich wartete einige Augenblicke, um zu erkennen, ob es wirklich von der Weisheit diktiert war, und als ich diese Gewißheit hatte, streckte ich meine Hand nach dem Telefon aus. Sofort kam die klare Überzeugnug, daß ich den Hörer nicht abheben sollte. Ich hielt inne und überdachte die Angelegenheit noch einmal, und weil es offenbar richtig war, diesen nächsten Schritt zu tun, streckte ich meine Hand wiederum nach dem Telefon aus. Wieder kam ein fast hörbares Nein, und ich zog meine Hand zurück.

Ich sagte — so sicher war ich der Führung des Vaters — „Vater, wenn es richtig ist, daß ich ihn befrage, warum kann ich ihn nicht anrufen?“ Sofort kam die innere Weisung, so klar, als ob ein menschlicher Vater spräche: „Geh’ und suche ihn auf!“ Dies erforderte eine Hin- und Rückreise von etwa zwanzig Meilen. Aber ich hatte schon genug in der Christlichen Wissenschaft gelernt, um zu wissen, daß, selbst wenn das Vorgehen menschlich gesehen nicht vernünftig schien, ich nur durch Gehorsam Erfolg haben konnte.

Als ich mich in dem Büro des Rechtsanwalts vorstellte, sah mich der Sekretär zweifelnd an, aber ich bat ihn, mich anzumelden und meinem Freund, dem Anwalt, zu versichern, daß ich ihn nicht aufhalten würde. Ich wurde sofort in sein Zimmer geführt, wo ich ihn, zum Urlaub gerüstet, vorfand. Er erklärte mir, er sei dabei, für einen Monat auf Urlaub ins Ausland zu gehen, und sei gerade ein paar Minuten vor meiner Ankunft in sein Büro gekommen, um etwas zu holen. In Beantwortung meiner Frage sagte er, wenn ich ihn vorher angerufen hätte, wäre er nicht dagewesen, und man würde mir gesagt haben, er sei für einen Monat verreist. So kam es, daß mir mein wachsendes Verständnis von geistigem Hören und Gehorsam eine lange Verzögerung ersparte und den Weg freilegte für den Abschluß des Geschäfts.

Es liegt in der Natur Gottes, sich ständig auszudrücken. Sein göttlicher Ruf erhebt das Denken vom sündigen Sinn zu der Reinheit des Geistes, vom kummervollen Sinn zu dem Trost der Liebe, vom kranken Sinn zu der Gesundheit des Gemüts und von dem in Armut verstrickten Sinn zu der Überfülle der Wahrheit. Die Christliche Wissenschaft lehrt die Menschheit, wie sie auf diesen Ruf zu reagieren hat.

Die Christlichen Wissenschafter lernen, nicht nur auf Gott zu lauschen und Ihn anzuhören, sondern auch mit Gott zu lauschen, denn wahres Lauschen ist ein Wahrnehmungsvermögen des Geistes, und der Mensch ist eins mit Geist, Gott. Daher kann es dem Menschen nicht an der Fähigkeit zu hören fehlen. Das allwissende Gemüt unterliegt nicht der Veränderung und Begrenzung. Gemüt drückt sich in der beständigen geistigen Wahrnehmung seiner eigenen Ideen aus. So konnte Jesaja, der sich dieser göttlichen Tatsache bewußt wurde, von Gott sagen (65:24): „Und soll geschehen, ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören.“

Wir brauchen wirklich Gott nichts zu sagen; Er weiß alles. Aber wir müssen hingebungsvoller auf Seine göttliche Stimme in uns lauschen. Seine Stimme ist die einzige, die die Wahrheit äußert; die falsche Annahme hat keine Stimme, es hat nur den sterblichen Anschein, als ob sie sich äußere.

In der allegorischen Gerichtsverhandlung in „Wissenschaft und Gesundheit“ läßt Mrs. Eddy den Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofes seine Schlußansprache mit den Worten beginnen (S. 441): „Die Einrede der Falschen Annahme erachten wir für nicht des Anhörens wert. Was die Falsche Annahme jetzt und jemals äußern mag, lasse man der Vergessenheit anheim fallen; es sei ‚vergessen — ohne Klang — sarglos und grabeslos.‘ “

Mrs. Eddys Leben und Wirken waren ein leuchtendes Beispiel für die Ergebnisse gebetvollen Lauschens. Sie schrieb kein Wort, traf keine Entscheidung und tat keinen Schritt, ohne zuerst auf die göttliche Führung zu lauschen. Das ist es, was sie zu einer so weisen Führerin machte. Ihr Bewußtsein war immer in einem erhobenen Zustand. Wenn wir Gott ernstlich anrufen wollen, müssen wir auch den „Hörer“ des Bewußtseins aufheben und lauschen!

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